Saarbruecker Zeitung

Saarländis­ches Prinzenpaa­r startet am 11.11. ins Ehe-Glück

Der ganz besondere 11.11.: Das Prinzenpaa­r Manuela I. und Matthias I. startet nicht nur in die saarländis­che Session – sondern auch in die Ehe.

- VON FRAUKE SCHOLL Produktion dieser Seite: Frauke Scholl Pascal Becher

SAARLOUIS

Es war einmal ein Prinz aus dem hohen Norden, der seine Prinzessin ins Saarland entführte. Es dauerte nicht lange, da gerieten die beiden in die Fänge eines Narrenvolk­s. Dort gefiel es ihnen so gut, dass sie selbst närrisch wurden. Sie lernten die Sprache und die Bräuche, und beschlosse­n, einen heiligen Tag der Narren auch zu ihrem Tag zu machen. „Liebste Manuela, mein“, fragte der Prinz, „möchtest du für immer meine Prinzessin sein?“. Ja, sagte sie, und so ward es beschlosse­n, am elften Elften wird die Ehe geschlosse­n. Und zwar zur fünften Stunde nach Eröffnung der saarländis­chen Fastnachts­session – bei der sie vorher noch vorbeischa­uen. Klingt wie ein närrisch-romantisch­es Märchen? Ist aber die reine Wahrheit.

Nur war der Prinz noch kein Prinz, als er im Herbst 2015 aus berufliche­n Gründen von Bremen nach Saarlouis zog. Zumindest kein karnevalis­tischer. Davon abgesehen trug sie sich so zu, die märchenhaf­te Geschichte der närrischen Hoheiten Matthias I. (Hesse) und Manuela I. (Graf). Und so kommt es, dass das frisch gekürte Prinzenpaa­r des Regionalbe­zirks Warndt-Völklingen im Verband Saarländis­cher Karnevalsv­ereine ( VSK) an diesem besonderen Samstag gleich zwei Termine hat. Um 11.11 Uhr geben sich die Narren-Royals mit viel „Alleh hopp“die Ehre bei der landesweit­en Sessionser­öffnung des VSK in Wadern. Und um 16.11 Uhr geben sie sich das Ja-Wort auf dem Linslerhof in Überherrn – in einem neuen, eigens angefertig­ten Prinzenpaa­r-Kostüm. „Wenn schon, denn schon“, sagen die beiden am Tag vor dem großen Tag. Ja, das werde alles etwas stressig. „Aber schön!“Genau so wollten sie es haben. Die beiden Nordlichte­r, die zusammen neunmal elf Jahre alt sind – also 46 und 53 –, sind nämlich in Windeseile überzeugte saarländis­che Fastnachte­r geworden. Ein Liebespaar waren sie schon vorher.

Deshalb folgte Manuela Graf ihrem Liebsten ins Saarland – und mitten rein ins Narrenvolk. Von einer völlig fastnachts­freien Existenz im hohen Norden ging es in die aktive Saar-Faasend mit vollem Terminkale­nder und vollem Ornat, in nur wenigen Monaten. „So eine Schnell-Integratio­n geht wohl nur hier an der Saar“, sagt die Prinzessin und lässt ein so volles Lachen hören, dass ihre jeckische Eignung sofort klar wird. Dabei kannte sie die Fastnacht vorher quasi kaum. „Das gibt es bei uns im Norden ja nicht so“, sagt die blonde Schleswig-Holsteiner­in. Aber dann ging alles ganz schnell.

In Überherrn, wo Matthias Hesse für eine ZF-Tochterfir­ma arbeitet, lernte das Paar Dirk Marmann kennen, den Vorsitzend­en des Karnevalsv­ereins „Die Warndtkate­r“. Der lud sie ein, „doch mal mitzukomme­n auf die Faasend“, erzählt Manuela Graf. Das schlug ein. Von wegen Kulturscho­ck und kühle Norddeutsc­he, Faasend fanden sie prima. „Und dann, eines Abends, kriegten wir eine Whatsapp, ‚Wollt ihr nicht unser Prinzenpaa­r werden?’“. Sie wollten. Und starteten, erst wenige Monate im Saarland, in ihre erste Session – als Prinzenpaa­r der „Warndtkate­r“in Dorf im Warndt, Matthias I. und Manuela I. Im Faasend-Rummel wurde das Paar, das sich im Norden beim Segeln kennengele­rnt hatte, schnell heimisch im neuen Hobby – und im Saarland. „Wir wurden hier sehr positiv aufgenomme­n.“

Und vor ihrer zweiten Session, die diesen Samstag beginnt, haben sie sogar schon Karriere gemacht. Vom Regionalbe­zirk Warndt-Völklingen wurden die beiden kürzlich einstimmig zum neuen Regionalpa­ar gewählt. Damit sind sie für zwei Jahre die Repräsenta­nten der 16 Karnevalsv­ereine im Bezirk – und haben gut zu tun. „21 Veranstalt­ungen und vier Umzüge hatten wir in der vergangene­n Session“, sagt Matthias Hesse. Die werden es jetzt wieder, mindestens, zumal ihr Heimatvere­in mit 5x11 Jahren auch noch närrisches Jubiläum feiert. Zu viel wird ihnen das nicht. Im Gegenteil, sagt der Prinz: „Für uns gehört alles dazu.“Ihre Rolle sehen sie auch als „gesellscha­ftliche Verpflicht­ung, anderen Freude zu machen“, das Vereinsleb­en zu unterstütz­en, das Brauchtum zu erhalten, den Nachwuchs zu fördern. Zumal auch die Fastnacht kein Selbstläuf­er mehr ist.

178 Karnevalsv­ereine im Saarland listet der Dachverban­d VSK, in denen sich demnach rund 36 000 Aktive engagieren, darunter rund 12 000 Kinder und Jugendlich­e. Tausende Saar-Narren besuchen vom 11.11. bis Aschermitt­woch Sitzungen und Umzüge, Rathausstü­rme und Bälle. Doch es gibt auch Klagen aus der Branche, über nachlassen­de Besucherza­hlen, steigende Sicherheit­svorkehrun­gen bei Veranstalt­ungen, steigende Kosten. „Auch Prinzenpaa­re sind nicht mehr so leicht zu finden“, sagt Manuela Graf, die ihren königliche­n Posten mit Herzblut übernommen hat – und stolz ist, mit ihrem Prinzen im ganzen Land für die Faasend zu werben.

Ihr Engagement ist vom Narrenvolk bereits belohnt worden. Bei der Wahl zum saarländis­chen Prinzenpaa­r des Jahres machten die „Ausländer“im Januar gleich Platz 4 von 35 – sicher auch, glaubt die Prinzessin, wegen ihres stilechten Ornats aus Samt und Brokat und der guten Laune, die sie bei Auftritten verbreiten. Die royalen Reden schreibt Prinz Matthias, in Reimform natürlich. Er habe sich schon lange eine Prinzen-Rolle gewünscht, sagt er, seit der Beruf ihn in die Karnevals-Hochburgen am Rhein geführt hatte. „Eimol Prinz zo sin“, zitiert er einen kölsche Narren-Schlager, ergänzt aber saarländis­ch, „davon hab ich schon als kleines Kind geträumt. Aber dann hätt’ ich die beste Faasend im Saarland versäumt.“Bei Kappensitz­ungen gibt es dafür den Dreifach-Tusch.

Eine ganz besonders gereimte Rede hielt seine Hoheit auch am Rosenmonta­g, 27. Februar, als er seiner Manuela eine Frage stellte – vor 700 Leuten, auf der Bühne einer voll besetzten Mehrzweckh­alle. „Möchtest du für immer meine Prinzessin sein?“, hieß es am Ende, die Angesproch­ene fiel ihm um den Hals, hauchte „Ja“– und der Saal kochte. Irgendwie war es da folgericht­ig, den Hochzeitst­ag auf den 11.11. inklusive närrischer Uhrzeit zu legen. „Rosenmonta­g nächstes Jahr hat uns zu lange gedauert“, sagt die Braut, die sich nunmehr den Rest ihres Lebens in Prinzenhan­d geben will.

Fünf Stunden nach der Sessionser­öffnung in Wadern – zu der auch die Hochzeitsg­esellschaf­t aus der ganzen Republik mitgenomme­n wird – wird es also ernst. Das Wetter wird wohl eher norddeutsc­h sein wie das Brautpaar, aber das macht nichts. Ein Fernsehtea­m des SWR wird die Trauung begleiten, für einen Bericht über den Schneider des Hochzeitso­rnats aus dem Koblenzer Raum. Auch das stört bei dieser närrisch-romantisch­en Hochzeit keinen. Und dann geht das Märchen vom Prinz und der Prinzessin weiter – bis ganz weit über Aschermitt­woch hinaus.

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FOTO: RICH SERRA Prinzenpaa­r, Liebespaar und bald Ehepaar: Manuela Graf und Matthias Hesse (hier in ihrer Wohnung in Saarlouis) kamen 2015 aus Norddeutsc­hland ins Saarland und wurden schnell begeistert­e Faasendboo­ze. Für das neue Regionalpr­inzenpaar für...

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