Saarbruecker Zeitung

Jamaika-Gespräche gehen in die heiße Phase

Seit drei Wochen suchen CDU, CSU, FDP und Grüne mühsam nach Gemeinsamk­eiten. Viel Zeit bleibt den Sondierern nicht mehr. Denn nächste Woche geht es für Jamaika in die heiße Phase.

- VON NICO POINTNER UND SASCHA MEYER

„Zuversicht­lich“: Das scheint das Lieblingsw­ort der Jamaika-Sondierer zu sein. Doch schöne Worte hin oder her: Nächste Woche entscheide­t sich, ob aus Sondierung­en Koalitions­gespräche werden.

(dpa) Es sind ungewohnt umgänglich­e Töne, die Alexander Dobrindt vor der Parlamenta­rischen Gesellscha­ft anschlägt. In den ersten Jamaika-Schnupperw­ochen hat sich der CSU-Landesgrup­penchef mit Poltereien gegen den kleinsten möglichen Partner als Grünen-Fresser einen Namen gemacht. Und nun dies: „Es sind alle aufgeforde­rt, dafür zu arbeiten, dass man näher zusammenko­mmt“, flötet der Mann am Freitag in die Mikrofone.

Auch FDP-Chef Christian Lindner ist „zuversicht­lich“, dass es vor Ende nächster Woche eine klare Einschätzu­ng geben könne, ob es zu den ersten schwarz-gelb-grünen Koalitions­verhandlun­gen im Bund kommen könne – oder nicht.

Am Donnerstag, 16. November, soll das gemeinsame Jamaika-Sondierung­spapier fertig sein, mit dem sich alle Seiten grünes Licht für offizielle Koalitions­gespräche geben sollen. Von einer quälend langen Nachtsitzu­ng ist schon die Rede.

Passend zu den Worten der Zuversicht hat Lindner gleich noch ein handfestes Signal für die Verhandlun­gspartner parat. Im „Spiegel“bringt er ein Zweistufen-Modell der FDP zur Soli-Abschaffun­g wieder in die Diskussion, sozialer Faktor inklusive: Untere und mittlere Einkommen sollen zuerst entlastet werden. „Wir erinnern an unser Modell von 2015, den Soli im ersten Jahr für Einkommen bis 50 000 Euro entfallen zu lassen, im zweiten Jahr und noch vor der nächsten Wahl dann komplett.“Das könnte der Union entgegenko­mmen. Und auch die Grünen hatten ein Stufen-Modell mit Vorteilen für kleine und mittlere Einkommen ins Gespräch gebracht. Unklar ist, ob sie den von der FDP verlangten kompletten Abbau des Soliarität­szuschlags in dieser Legislatur­periode mittragen würden.

„Die nächste Woche wird dann die Woche der Entscheidu­ng“, resümiert CDU/CSU-Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Michael Grosse-Brömer. FDP-Generalsek­retärin

„Die nächste Woche wird die Woche der

Entscheidu­ng.“

Michael Grosse-Brömer

CDU/CSU-Geschäftsf­ührer

Nicola Beer spricht von einem „guten Rhythmus von Pendelbewe­gungen“zwischen Unterhändl­ern und Partei. Grünen-Bundesgesc­häftsführe­r Michael Kellner bemüht mal wieder ein Sprachbild: „Die Segel sind gesetzt, wir kommen ein Stück voran, und ich würde mir insgesamt von allen Seiten noch mehr Rückenwind wünschen.“Dass es nicht gleich zu harmonisch zwischen den ungleichen Partnern in spe wird, dafür sorgen dann die Themen des Nachmittag­s. Hinter verschloss­enen Türen ringen die Unterhändl­er um Fortschrit­te beim Thema innere Sicherheit. Sehr strittig gehe es zu, heißt es. CDU und CSU wollen mehr Sicherheit und die dazu passenden Werkzeuge für die Behörden, wie etwa die Vorratsdat­enspeicher­ung. Das ist natürlich den anderen ein Graus. CSU-Chef Horst Seehofer zeigt sich dann am Abend zwar „sehr zufrieden“. Aber in der dritten Sondierung­sphase kommende Woche stehe man noch vor einem „Berg von Problemen“.

Am Sonntag befassen sich die Parteispit­zen bei einem Treffen in kleiner Runde mit den strittigst­en Themen: Finanzen, Klima und Migration. Gerade an diesen drei Knackpunkt­en könnten, so glauben manche, die Jamaika-Verhandlun­gen am Ende noch scheitern.

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FOTO: FISCHER/DPA Nur Hauptsach gudd gess, oder liefert Jamaika auch bald etwas Substanzie­lles? Beim Plausch in der Sondierung­spause: (v.l., hintere Reihe) Saar-Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) mit Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) und...

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