Jamaika-Gespräche gehen in die heiße Phase
Seit drei Wochen suchen CDU, CSU, FDP und Grüne mühsam nach Gemeinsamkeiten. Viel Zeit bleibt den Sondierern nicht mehr. Denn nächste Woche geht es für Jamaika in die heiße Phase.
„Zuversichtlich“: Das scheint das Lieblingswort der Jamaika-Sondierer zu sein. Doch schöne Worte hin oder her: Nächste Woche entscheidet sich, ob aus Sondierungen Koalitionsgespräche werden.
(dpa) Es sind ungewohnt umgängliche Töne, die Alexander Dobrindt vor der Parlamentarischen Gesellschaft anschlägt. In den ersten Jamaika-Schnupperwochen hat sich der CSU-Landesgruppenchef mit Poltereien gegen den kleinsten möglichen Partner als Grünen-Fresser einen Namen gemacht. Und nun dies: „Es sind alle aufgefordert, dafür zu arbeiten, dass man näher zusammenkommt“, flötet der Mann am Freitag in die Mikrofone.
Auch FDP-Chef Christian Lindner ist „zuversichtlich“, dass es vor Ende nächster Woche eine klare Einschätzung geben könne, ob es zu den ersten schwarz-gelb-grünen Koalitionsverhandlungen im Bund kommen könne – oder nicht.
Am Donnerstag, 16. November, soll das gemeinsame Jamaika-Sondierungspapier fertig sein, mit dem sich alle Seiten grünes Licht für offizielle Koalitionsgespräche geben sollen. Von einer quälend langen Nachtsitzung ist schon die Rede.
Passend zu den Worten der Zuversicht hat Lindner gleich noch ein handfestes Signal für die Verhandlungspartner parat. Im „Spiegel“bringt er ein Zweistufen-Modell der FDP zur Soli-Abschaffung wieder in die Diskussion, sozialer Faktor inklusive: Untere und mittlere Einkommen sollen zuerst entlastet werden. „Wir erinnern an unser Modell von 2015, den Soli im ersten Jahr für Einkommen bis 50 000 Euro entfallen zu lassen, im zweiten Jahr und noch vor der nächsten Wahl dann komplett.“Das könnte der Union entgegenkommen. Und auch die Grünen hatten ein Stufen-Modell mit Vorteilen für kleine und mittlere Einkommen ins Gespräch gebracht. Unklar ist, ob sie den von der FDP verlangten kompletten Abbau des Soliaritätszuschlags in dieser Legislaturperiode mittragen würden.
„Die nächste Woche wird dann die Woche der Entscheidung“, resümiert CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer. FDP-Generalsekretärin
„Die nächste Woche wird die Woche der
Entscheidung.“
Michael Grosse-Brömer
CDU/CSU-Geschäftsführer
Nicola Beer spricht von einem „guten Rhythmus von Pendelbewegungen“zwischen Unterhändlern und Partei. Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner bemüht mal wieder ein Sprachbild: „Die Segel sind gesetzt, wir kommen ein Stück voran, und ich würde mir insgesamt von allen Seiten noch mehr Rückenwind wünschen.“Dass es nicht gleich zu harmonisch zwischen den ungleichen Partnern in spe wird, dafür sorgen dann die Themen des Nachmittags. Hinter verschlossenen Türen ringen die Unterhändler um Fortschritte beim Thema innere Sicherheit. Sehr strittig gehe es zu, heißt es. CDU und CSU wollen mehr Sicherheit und die dazu passenden Werkzeuge für die Behörden, wie etwa die Vorratsdatenspeicherung. Das ist natürlich den anderen ein Graus. CSU-Chef Horst Seehofer zeigt sich dann am Abend zwar „sehr zufrieden“. Aber in der dritten Sondierungsphase kommende Woche stehe man noch vor einem „Berg von Problemen“.
Am Sonntag befassen sich die Parteispitzen bei einem Treffen in kleiner Runde mit den strittigsten Themen: Finanzen, Klima und Migration. Gerade an diesen drei Knackpunkten könnten, so glauben manche, die Jamaika-Verhandlungen am Ende noch scheitern.