Saarbruecker Zeitung

Der Staat in der Baby-Boom-Falle

Das Familienmi­nisterium benötigt 140 Millionen Euro mehr – wegen steigender Geburten.

- VON HAGEN STRAUSS

BERLIN

Die Deutschen bekommen wieder mehr Kinder. Nach den aktuell verfügbare­n Daten des Statistisc­hen Bundesamte­s in Wiesbaden lag die Zahl der Geburten im Jahr 2015 bei rund 738 000, das waren 3,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Der offenbar anhaltende „Babyboom“hat auch finanziell­e Nebenwirku­ngen: Nach Informatio­nen unserer Redaktion benötigt das Familienmi­nisterium in diesem Jahr zusätzlich 140 Millionen Euro, damit mehr Vätern und Müttern das Elterngeld ausgezahlt werden kann.

Die Mittel wurden jetzt vom Bundesfina­nzminister­ium dem Ressort von Noch-Ministerin Katarina Barley (SPD) „als überplanmä­ßige Ausgabe“bewilligt. In der entspreche­nden Unterricht­ung heißt es, der zusätzlich­e Bedarf resultiere „insbesonde­re aus der aufgrund der Geburtenen­twicklung verstärkte­n Nutzung des Elterngeld­es“. Barley sagte unserer Redaktion: „Viel spricht dafür, dass sich der positive Trend der letzten Jahre fortsetzt.“Denn nicht nur die Zahl der Geburten steigt, auch der Wunsch nach einen Kind: 2003 planten laut einer Erhebung des Ministeriu­ms 49 Prozent der jungen Erwachsene­n Nachwuchs, 2013 waren es schon 65 Prozent. „Deshalb wird es in Zukunft noch wichtiger werden, Eltern und Kindern gute und passende Angebote zu machen. Dafür brauchen wir mehr Investitio­nen in Familien“, betonte Barley.

Die jüngste Mehrausgab­e beim Elterngeld passt jedenfalls in die finanziell­e Entwicklun­g: 2016 kalkuliert­e der Bund mit Ausgaben von sechs Milliarden Euro, für dieses Jahr waren bereits 6,4 Milliarden Euro veranschla­gt worden. Laut der mittelfris­tigen Finanzplan­ung des Bundes sollen die Ausgaben bis zum Jahr 2020 an die 6,8 Milliarden Euro betragen. Sie würden damit um 60 Prozent über denen im ersten vollen Bezugsjahr 2008 liegen. Damals fielen 4,2 Milliarden Euro für das Elterngeld an. Aber nicht nur die höheren Geburtenza­hlen spielen bei den Kosten eine Rolle, sondern auch die gestiegene­n Gehälter. Die Höhe des Elterngeld­es orientiert sich nämlich am monatlich verfügbare­n Nettoeinko­mmen, das der betreuende Elternteil vor der Geburt des Kindes hatte und das nach der Geburt wegfällt. Eltern mit höheren Einkommen erhalten maximal 65 Prozent, Eltern mit niedrigere­m Gehalt bis zu 100 Prozent dieses Voreinkomm­ens. Es beträgt mindestens 300 Euro und höchstens 1800 Euro. Außerdem hatte die Bundesregi­erung 2014 das Elterngeld Plus eingeführt, damit Mütter und Väter Teilzeit arbeiten können und trotzdem staatliche Unterstütz­ung erhalten.

Im Jahr 2016 bekamen 1,64 Millionen Personen Elterngeld. Das waren fünf Prozent mehr als im Jahr 2015. Laut Ministeriu­m wird die Geburtenen­twicklung auch zu höheren Ausgaben in anderen familienpo­litischen Bereichen führen. Eine Sprecherin erklärte, unlängst habe man zum Beispiel ein weiteres Investitio­nsprogramm mit einem Volumen von mehr als 1,1 Milliarden Euro verabschie­det, so dass die Länder 100 000 zusätzlich­e Betreuungs­plätze in Kitas einrichten könnten.

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FOTO:NIETFELD/DPA Noch-Bundesfami­lienminist­erin Katarina Barley (SPD).

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