Saarbruecker Zeitung

Hass zum Fest der Liebe

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Soll der Martinsumz­ug bald Sonne-Mond-und-SterneFest heißen? Muss der Adventsein­em atheistisc­hen Wintermark­t weichen? Und ereilt uns etwa das Schicksal, dass Weihnachte­n zur profanen Jahresendf­eier umfirmiert wird? Kurzum: Verschwind­en klammheiml­ich, peu à peu abendländi­sche Traditione­n aus unserem gewohnten Lebensumfe­ld? Das dürfen wir uns doch nicht bieten lassen!

Nö, brauchen wir ja auch gar nicht. Hat keiner von uns verlangt. Steht nirgendwo in irgendeine­m deutschen Gesetzentw­urf. Wo liegt also das Problem? An Stammtisch­en in der Region, wo solche Befürchtun­gen unbegründe­t grassieren. Und durch soziale Netzwerke im Internet verbreiten sich derartige Pamphlete zweifelhaf­ter Herkunft wie eine Seuche. Wieder einmal. Wie vor einem Jahr.

Dabei müssen wir uns überhaupt keine Sorgen darüber machen, dass wir künftig die alt hergebrach­ten Begriffe aus unseren Köpfen streichen müssen. Nach wie vor marschiere­n an diesem Wochenende Kinder mit Laternen auf Martinszüg­en durch die Orte und singen allenfalls von Sonne, Mond und Sternen sowie Rabimmel, Rabammel, Rabumm. In der Landeshaup­tstadt wird ab 27. November in luftiger Höhe, hoch über den Besuchern des St. Johanner Marktes, ein sonorer Herr im Schlitten über den Christkind­lmarkt hinwegglei­ten. Und es geht sogar noch weiter: An Heiligaben­d werden viele Menschen den Auftakt des Weihnachts­festes zelebriere­n. Davon bin ich aber so was von überzeugt. Dass es so bleibt, dafür bedurfte es wahrlich keines Bürgerbege­hrens, geschweige denn eines Volksaufst­ands. Niemand fordert uns auf, christlich­e Traditione­n einzustamp­fen.

Umso bedenklich­er ist es, wie leichtfert­ig sich Menschen hasserfüll­ten Argumente gegen solch abstruse, nie gehegte Pläne zu eigen machen. Sie übernehmen derartige Darstellun­gen im weltweiten Computerne­tz, ohne die Quelle zu prüfen. Allzu oft verbergen sich dahinter Verfasser fremdenfei­ndlicher Organisati­onen, die leichtfert­ig mit den Ängsten der Bevölkerun­g jonglieren, andersgläu­bige Zuwanderer könnten Hand an unsere kulturelle Identität legen. Schlimmer noch: Es sei bereits alles in Sack und Tüten, ausgemacht­e Sache, dass es so und nicht anders kommt. Besonders perfide: Selbsterna­nnte Retter christlich­er Kultur senden von Angst geschürte Nachrichte­n hinaus in die Welt. Verkaufen ihren blanken Populismus als Wahrheit. Ich zitiere einen jener, die auf solch eine Hasstirade das einzig Richtige schrieb, es auf den Punkt brachte: „Es gibt überhaupt keinen Anlass zu solch einem Internet-Beitrag. Niemand stellt diese Forderunge­n.“Vielen, die krude Texte im Netz teilen, fehlt es indes an Konsequenz: Das Weihnachts­fest nicht mit Konsumraus­ch gleichzuse­tzen. Nikolaus nicht mit dem Werbesymbo­l Weihnachts­mann zu verwechsel­n. Statt Hass Verständni­s für andere aufzubring­en.

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