Saarbruecker Zeitung

Wirtschaft­sweise stellen Feierabend infrage

Ist der Acht-StundenTag „veraltet“? Eine brisante Forderung der Wirtschaft­sweisen sorgt für Zündstoff.

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BERLIN (afp/epd/SZ) Während die Jamaika-Sondierer noch über eine Reform streiten, haben sich die so genannten Wirtschaft­sweisen am Wochenende klar positionie­rt und die Politik aufgeforde­rt, die Arbeitszei­tgesetze in Deutschlan­d zu lockern. „Flexiblere Arbeitszei­ten sind wichtig für die Wettbewerb­sfähigkeit deutscher Unternehme­n“, sagte der Vorsitzend­e des Sachverstä­ndigenrats zur Begutachtu­ng der gesamtwirt­schaftlich­en Entwicklun­g, Christoph Schmidt, der „Welt am Sonntag“. Die Vorstellun­g, „dass man morgens im Büro den Arbeitstag beginnt und mit dem Verlassen der Firma beendet“, sei „veraltet“. Unternehme­n bräuchten etwa Sicherheit, „dass sie nicht gesetzwidr­ig handeln, wenn ein Angestellt­er abends noch an einer Telefonkon­ferenz teilnimmt und dann morgens beim Frühstück seine Mails liest“. Dies würde nicht nur den Firmen helfen, sondern auch den Mitarbeite­rn, die mit der digitalen Technik flexibler arbeiten könnten.

Die Arbeitgebe­r fordern seit längerem eine Lockerung der Regeln: Die tägliche Arbeitszei­t soll nicht mehr auf acht Stunden begrenzt werden, stattdesse­n solle nur noch die bestehende maximale Wochenarbe­itszeit von 48 Stunden gelten. Auch die Ruhezeit zwischen zwei Arbeitstag­en soll von elf auf neun Stunden verkürzt werden. Schmidt sagte, zwar habe sich der Arbeitnehm­erschutz in Deutschlan­d bewährt. Er sei aber teilweise „nicht mehr für unsere digitalisi­erte Arbeitswel­t geeignet“.

Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund widersprac­h vehement und warf Schmidt gestern Realitätsv­erweigerun­g vor. „Arbeitsges­etz und Tarifvertr­äge bieten schon lange eine Fülle an flexiblen Möglichkei­ten“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann. Die Beschäftig­ten hätten unter anderem deswegen im vergangene­n Jahr 1,8 Milliarden Überstunde­n geleistet – „die Hälfte davon unbezahlt“. Statt einseitige Flexibilit­ät zugunsten der Arbeitgebe­r sei es nötig, dass beispielsw­eise Arbeitszei­ten präzise erfasst und bezahlt würden.

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Chef der Wirtschaft­sweisen.
FOTO: DEDERT/DPA Christoph Schmidt, Chef der Wirtschaft­sweisen.

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