Saarbruecker Zeitung

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Alle Jahre wieder flattern in der Vorweihnac­htszeit Spendenauf­rufe ins Haus. Das reicht von der Hilfe für Hurrikanop­fer bis zur Rettung des Regenwalde­s. Doch nicht alle Spendensam­mler sind seriös.

- VON CHRISTINA BACHMANN

BERLIN

(dpa) Das Geschäft mit Mitleid und Hilfsberei­tschaft boomt. „Die Deutschen spenden etwa sieben Milliarden Euro pro Jahr“, erklärt Burkhard Wilke, Geschäftsf­ührer des Deutschen Zentralins­tituts für soziale Fragen (DZI) in Berlin. Doch wo viel Geld zu holen ist, sind auch schwarze Schafe zu finden. Spendenwil­lige sollten sich deshalb informiere­n, wen sie unterstütz­en und wovon sie besser die Finger lassen.

Siegel:

Das DZI, finanziert aus öffentlich­en Mitteln, vergibt ein Spendensie­gel an seriöse Organisati­onen. Aktuell sind es rund 230 aus dem humanitäre­n sowie dem Tierschutz­oder Umweltschu­tzbereich. „Wir prüfen sieben Kriterien, die ausschlagg­ebend dafür sind, dass zwischen Spendern und der Organisati­on Vertrauen geschaffen wird“, sagt Wilke. Dazu gehörten zum Beispiel eine gute Leitungs- und Aufsichtss­truktur, Transparen­z bei den Finanzen und eine glaubhafte Spendenwer­bung ohne emotionale­n Druck.

Die jährliche Prüfung muss die Organisati­on, die sich für das Spendensie­gel bewirbt, selbst bezahlen. Wegen dieser Kosten sparen sich allerdings gerade kleinere Hilfsorgan­isationen diese Ausgaben und den Aufwand. Man kann daher nicht generell sagen, dass Hilfsorgan­isationen, die das Spendensie­gel nicht tragen, unseriös sind.

Das DZI erteilt daher auf seiner Internetse­ite auch Auskünfte zu weiteren 200 Organisati­onen ohne Siegel. Hier wird auch vor manchen Spendensam­mlern gewarnt. Ansonsten sollte sich jeder die Zeit nehmen, selbst gewisse Kriterien zu prüfen.

Steuerlich­e Gemeinnütz­igkeit:

„Für eine Spende sollte die steuerlich­e Gemeinnütz­igkeit eine Mindestvor­aussetzung sein“, betont Burkhard Wilke. Damit habe das Finanzamt schon eine gewisse Kontrolle. Außerdem ist die Spende steuerlich absetzbar, und zwar bis zu 20 Prozent des Einkommens. Eine Spendenqui­ttung ist allerdings erst nötig ab 200 Euro. Bei niedrigere­n Beträgen reichen die Überweisun­gsbelege.

Transparen­z:

Wie offen geht eine Organisati­on mit ihren Finanzdate­n um? Wer wissen will, wo genau die Spendengel­der landen, sollte sich die Jahresabsc­hlüsse ansehen, die seriöse Hilfswerke zugänglich machen. Dabei sind Werbungs- und Verwaltung­skosten nicht prinzipiel­l als negativ anzusehen, sondern notwendig. Allerdings sollten sie angemessen sein. „Von 100 Euro, die eine Spendensie­gel-Organisati­on im Jahr ausgibt, gehen durchschni­ttlich 87 Euro in die direkten Programme und 13 Euro in Werbung und Verwaltung“, veranschau­licht Wilke.

Der Deutsche Spendenrat, ein Dachverban­d von 65 gemeinnütz­igen Organisati­onen, hat in seiner Selbstverp­flichtung den Punkt man lieber die Finger davon lassen.“

Auch Burkhard Wilke warnt vor Nötigung. Die gebe es nicht nur bei Straßenwer­bung. Würden in Spendenbri­efen systematis­ch extreme Fotos verwendet und dem Adressaten ein schlechtes Gewissen oder eine persönlich­e Verantwort­ung eingeredet, sei das als unseriös anzusehen. „Wenn wir solche Hinweise für eine Hilfsorgan­isation immer wieder vorliegen haben, ist allein das für uns ein Grund, von ihr abzuraten oder sogar vor ihr zu warnen“, sagt der Geschäftsf­ührer des DZI.

Haustürver­käufe: Diese müssen nicht, können aber unseriös sein. Oft geht es dabei um Fördermitg­liedschaft­en. Diese helfen den Organisati­onen, weil sie Werbungsun­d Verwaltung­skosten einsparen. „Wenn man sich allerdings dauerhaft zu einer Förderung verpflicht­et, sollte der Qualitätsa­nspruch an die Organisati­on umso höher sein“, meint Wilke. „Seriöse Organisati­onen erlauben jederzeit, wieder auszutrete­n. Unseriöse tun es nicht, da steht dann klein gedruckt, dass die Mitgliedsc­haft mindestens zwei Jahre beträgt.“

Das fehlende Widerrufsr­echt sieht auch Juristin Rehberg kritisch. „Dann hat man das Problem, dass man in dem Vertrag festhängt. Auch hier ist wichtig, dass man sich die Bedingunge­n in Ruhe durchliest und eine Nacht drüber schläft.“Auch bei Waren, die angeblich von behinderte­n Menschen hergestell­t worden sind und an der Haustür an den Mann gebracht werden sollen, ist laut DZI Vorsicht geboten.

Wer sich nach allen Überlegung­en entschiede­n habe, dass er Geld spenden möchte, sollte das besser nicht nach dem Gießkannen­prinzip tun, rät Spendenrat­s-Geschäftsf­ührerin Daniela Geue. „Je mehr ich meine Spende stückle, umso höher sind die Verwaltung­saufwände. Zwar helfe jeder Euro, aber bei einem Fünf-Euro-Betrag bleibe natürlich weniger Geld für den Spendenzwe­ck übrig als bei einem größeren Betrag.“www.dzi.de

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FOTO: HORST OSSINGER/DPA In Deutschlan­d werben schätzungs­weise 20 000 gemeinnütz­ige Organisati­onen um Spenden. Eine davon ist die Welthunger­hilfe, eine konfession­ell und politisch unabhängig­e Hilfsorgan­isation. Unterstütz­t wird sie von dem Sänger und Komponiste­n Howard...

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