Saarbruecker Zeitung

„Eine Person für die Attacke fehlt“

Der Chef der Saar-Jusos spricht über das SPD-Wahldebake­l im Land, fehlende inhaltlich­e Konsequenz­en – und maue Chancen für den Parteinach­wuchs.

- DAS INTERVIEW FÜHRTE DANIEL KIRCH

Wie nehmen Sie nach den krachenden Niederlage­n Ihrer Partei bei der Landtagswa­hl und bei der Bundestags­wahl die Stimmung in der Saar-SPD wahr?

ARWEILER Viele Genossinne­n und Genossen sind verständli­cherweise enttäuscht, nachdem wir Anfang dieses Jahres durch die Euphorie um Martin Schulz zuversicht­lich in das Superwahlj­ahr gestartet und dann doch abgeschlag­en hinter der CDU Saar gelandet sind. Nach der Bundestags­wahl kam neben der Enttäuschu­ng auch ein Gefühl der Orientieru­ngslosigke­it hinzu, denn es gibt unterschie­dliche Vorstellun­gen darüber, wie sich die Partei verändern muss. Dass die SPD Saar dennoch bei der Bundestags­wahl das zweitbeste Zeitstimme­nergebnis nach Niedersach­sen erzielt hat und erstmals seit 2005 wieder ein Direktmand­at an der Saar gewinnen konnte, ist ein schwacher Trost.

Sind die Ergebnisse in der Saar-SPD aus Ihrer Sicht ausreichen­d aufgearbei­tet worden?

ARWEILER Von den Personalde­batten abgesehen, macht die Bundespart­ei vor, wie eine Aufarbeitu­ng der Ergebnisse aussehen könnte. Durch die Regionalko­nferenzen versucht die Bundespart­ei gemeinsam mit der Basis, die Fehler der Vergangenh­eit zu analysiere­n und die Sozialdemo­kratie gut für die Zukunft aufzustell­en. Ein solches Vorgehen hätte ich mir auch in der Landespart­ei gewünscht. Im Saarland ist man meiner Meinung nach wieder zu schnell zum Tagesgesch­äft übergegang­en.

Müsste sich die SPD in der großen Koalition im Saarland stärker von der CDU absetzen?

ARWEILER Ja, die SPD muss wahrnehmba­rer werden und für die Themen kämpfen, für die sie im Wahlkampf eingetrete­n ist. Ich kann mich nicht im Wahlkampf an den Infostand stellen und für kostenfrei­e Bildung eintreten, wenn ich ein knappes halbes Jahr später die Verwaltung­sgebühren an der Uni einführe. Die SPD Saar muss als die gestaltend­e Kraft in der großen Koalition wahrgenomm­en werden. Dafür sollte nicht jeder Dissens mit der Union unter den Tisch gekehrt werden. Aber genau dafür fehlt nach dem jetzigen Stand die Person, die auch mal auf Attacke schaltet. Wir wollen, dass die Person, welche in Zukunft mit der „Abteilung Attacke“betraut wird, von den Zwängen der großen Koalition losgelöst ist.

In der CDU-Landtagsfr­aktion sitzen seit der Landtagswa­hl viele junge Gesichter, das ist bei der SPD anders. Das kann Sie nicht zufriedens­tellen.

ARWEILER Das ist richtig. Die SPD Saar war bei der Landtagswa­hl im März die stärkste Kraft bei den Erstwähler­innen und Erstwähler­n. Gleichzeit­ig finden sich keine jüngeren Abgeordnet­en in der neuen Landtagsfr­aktion wieder. In der CDU und der Linksparte­i ist das anders. In den vergangene­n Jahren wurde nicht ausreichen­d Nachwuchsf­örderung betrieben. Wenn die Saar-SPD es nicht wieder schafft, junge Talente an sich zu ziehen und konsequent zu fördern, wird sie weiter an Rückhalt verlieren. Bei der Kommunalwa­hl 2019 muss der erste Schritt in die richtige Richtung gemacht werden. Der Marsch durch die kommunalen Parlamente darf aber nur ein Anfang sein im Hinblick auf die Verjüngung der Partei.

Sehen Sie Bedarf für eine personelle Erneuerung der Sozialdemo­kraten im Saarland?

ARWEILER In einem ordentlich­en Aufarbeitu­ngsprozess muss neben den inhaltlich­en und strukturel­len Fragen auch über Personal diskutiert werden. Deshalb muss beim kommenden Landespart­eitag auch darüber gesprochen werden, ob die SPD für die Zukunft personell gut aufgestell­t ist. Hier werden wir Jusos zu gegebener Zeit Vorschläge machen.

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FOTO: MARC STRAUCH Vorsitzend­er der Saar-Jusos Pascal Arweiler

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