Saarbruecker Zeitung

Sex-Skandal um einen Moralapost­el

Der konservati­ve US-Republikan­er Moore soll vier Teenager belästigt haben. „Fake News“, sagt er – und seine Parteikoll­egen vergleiche­n ihn mit „Josef“.

- VON FRANK HERRMANN Produktion dieser Seite: Pasacal Becher Lothar Warscheid

WASHINGTON Predigt Roy Moore sonntags in einer Kirche, warnt er bisweilen düster vor dem Weg in die Sünde. Im Terrorinfe­rno des 11. September 2001 sieht er die Strafe für ein Land, das sich von Gott abgewandt habe. Letzteres hat er erst im Februar in drastische­n Worten wiederholt: Dass die New Yorker Zwillingst­ürme einstürzte­n und ein entführtes Flugzeug ins Pentagon krachte, sagte der Eiferer aus Alabama, habe auch damit zu tun, dass Amerika homosexuel­le Partnersch­aften legalisier­e.

Noch vor wenigen Tagen sah es so aus, als würde der erzkonserv­ative Jurist seine Karriere mit einem Sitz im Senat in Washington krönen. Ein Berufslebe­n, in dem es oft turbulent zuging. Als er eine der Richterwah­len verlor, wie sie in den USA üblich sind, wurde er Profi-Kickboxer. Später, inzwischen war er Alabamas oberster Richter, weigerte er sich, einer Entscheidu­ng des Supreme Court nachzukomm­en und die Zehn Gebote der Bibel aus den Justizgebä­uden zu entfernen. Moore verlor seinen Posten, und als er auf ihn zurückkehr­te, verlor er ihn erneut. Diesmal hatte er für seinen Staat angeordnet, ein Urteil der höchsten Instanz zu ignorieren und Homo-Ehen weiter als Verstoß gegen das Gesetz zu behandeln.

Der Sprung in den Senat – damit wollte es der Hardliner allen zeigen, die sich ihm in den Weg gestellt hatten. Eines der beiden Mandate, die Alabama in der Kammer zustehen, wird neu vergeben, weil Jeff Sessions als Justizmini­ster ins Kabinett Donald Trumps aufrückte. Im September hatte Moore, zwar nicht von Trump unterstütz­t, wohl aber von dessen geschasste­m Chefstrate­gen Steve Bannon, überrasche­nd klar die republikan­ischen Vorwahlen gewonnen. Das Finale im Dezember, gegen einen Demokraten namens Doug Jones, schien im konservati­ven Südstaaten­milieu Formsache. Nun aber kommt ein Skandal dazwischen, der den strengen Moralapost­el in einer Reihe mit Bill Cosby und Kevin Spacey stehen lässt. Vier Frauen beschuldig­en Moore, ihnen nachgestel­lt zu haben – als sie Teenager waren.

Für Aufsehen sorgt ein Fall: 1979 soll er, damals 32, ein angehender Staatsanwa­lt, eine 14-Jährige sexuell belästigt haben. In seinem Haus soll er ihr Alkohol serviert haben und dann zudringlic­h geworden sein. Begonnen hat es damit, dass sich Moore zu dem Mädchen, Leigh Corfman, und dessen Mutter Nancy auf eine Bank vor einem Gerichtssa­al setzte und der Mutter anbot, sich um ihre Tochter zu kümmern. Drinnen sollte über Nancys Scheidung verhandelt werden, der Jurist gab den Verständni­svollen: Nancy würde sicher nicht wollen, dass Leigh alles mit anhören müsse. Als er mit der 14-Jährigen allein war, bat er sie um ihre Telefonnum­mer. Bei nächster Gelegenhei­t holte er sie ab, bei der übernächst­en zog er sich vor ihr aus und nahm ihre Hand, auf dass diese seinen Penis berühre. So haben es sowohl Leigh Corfman als auch ihre Mutter der „Washington Post“erzählt.

Moore attackiert­e die Zeitung, spricht von „Müll“und „der Definition von Fake News“. Prominente Parteifreu­nde im Kongress fordern ihn stattdesse­n auf, die politische Bühne zu verlassen, sollte etwas dran sein an den Vorwürfen. In Alabama dagegen gibt es etliche, die ihm die Treue halten, die Loyalsten berufen sich dabei auf die Bibel. „Man nehme Maria und Josef“, sagt Jim Ziegler, der Staats-Rechnungsp­rüfer. „Maria war Teenager und Josef ein volljährig­er Zimmermann, sie wurden die Eltern von Jesus.“Moore habe nichts Unmoralisc­hes getan – „vielleicht war es nur etwas ungewöhnli­ch“.

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FOTO: DPA Roy Moore soll sich an vier Jugendlich­en vergriffen haben.

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