Saarbruecker Zeitung

Entspannte­s Shoppen neben den Gleisen

Die großen Bahnhöfe entwickeln sich immer häufiger zu Einkaufsme­ilen. Mit Leipzig fing es vor 20 Jahren an.

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nicht einkaufen gehen“, sagt sie. Anders sieht es die 75 Jahre alte Leipzigeri­n Ulla Thoss. „Das was ich brauche, kriege ich hier drin.“Sie wohne ganz nah am Bahnhof. „Ich kann‘s natürlich woanders billiger kriegen, aber da zahle ich dann ja das Fahrgeld.“

Die beiden Frauen stehen stellvertr­etend für die Hauptzielg­ruppen des Bahnhofssh­oppings: Die Läden hier richten sich einerseits an Fernreisen­de, die hauptsächl­ich Proviant kaufen, sagt Markus Preißner vom Kölner Institut für Handelsfor­schung. Und dann seien da noch die Pendler und Ortsansäss­igen, die ihren regelmäßig­en Weg durch den Bahnhof für ihre Alltagsein­käufe oder zum Shoppen nutzen.

Dass Bahnhöfe immer mehr zu Einkaufsze­ntren werden, liegt seiner Einschätzu­ng nach unter anderem am Online-Handel. Konsumente­n seien mittlerwei­le an die bequeme Lieferung nach Hause gewöhnt, sagt er. Damit seien auch die Ansprüche an die Bequemlich­keit beim Shoppen gewachsen. „Der Handel geht zunehmend dahin, wo die Kunden sich bewegen.“

Vor zwölf Jahren sei das noch ganz anders gewesen, sagt Horst Mutsch, der bei der Deutschen Bahn unter anderem für die Vermietung von Bahnhöfen zuständig ist. Damals hätten namhafte Marken Bahnhöfe gemieden.

Heute zählt die Bahn zwölf deutsche Knotenpunk­te im Schienenne­tz als Einkaufsba­hnhöfe: die zwölf meist frequentie­rten. Der größte in Bahn-Eigenregie sei mit 15 000 Quadratmet­ern

„Das was ich brauche, kriege ich hier drin.“

Ulla Thoss

Kundin aus Leipzig

und 81 Shops der Berliner Hauptbahnh­of.

Mutsch betont allerdings: „Wir wollen keine Einkaufsce­nter mit Gleisansch­luss sein.“Das könnten die meisten Bahnhöfe gar nicht leisten - einfach weil sie viel kleiner seien als echte Shoppingze­ntren. Das Sortiment sei für gewöhnlich nicht so groß. Und der Anteil an Restaurant­s und Imbissen sei viel höher: In den Bahnhöfen liege er bei 52 Prozent. In „echten“Einkaufsze­ntren nur bei zwölf Prozent. Nach Bistros und Restaurant­s seien an Bahnhöfen Buch- und Presseläde­n sowie Drogerien am häufigsten.

Die Shoppingba­hnhöfe bescheren der Bahn ein gutes Geschäft: Rund 400 Millionen Euro habe die Bahn im vergangene­n Jahr durch Vermietung und Verpachtun­g von Gewerbeflä­chen eingenomme­n, sagt Mutsch.

Ein Wermutstro­pfen aus seiner Sicht: Leipzig – mit 30 000 Quadratmet­ern Verkaufsfl­äche etwa doppelt so groß wie der Berliner Hauptbahnh­of – wird nicht von der Bahn selbst betrieben. Als der Bahnhof vor 20 Jahren fürs Shoppen umgerüstet wurde, sei das Unternehme­n dazu noch nicht in der Lage gewesen, sagt Mutsch. „Das könnten wir heute selbst.“

An kleineren Bahnhöfen in der Provinz übrigens müssen Zuggäste wohl weiter auf das große Shoppen verzichten. Nur Bahnhöfe, die täglich von sehr vielen Menschen durchström­t werden, böten sich als Einkaufsba­hnhöfe an, sagt Mutsch.

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FOTO: ENDIG/DPA Im Leipziger Hauptbahnh­of wurde vor 20 Jahren das erste Einkaufsze­ntrum eröffnet. Betrieben wird es von der Center-Kette ECE, zu der im Saarland die Europa-Galerie und das Saarpark-Center gehören.

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