Saarbruecker Zeitung

Patrick oder: Hinterfrag­t mal Normalität

Saarbrücke­ns Überzwerge­n gelingt mit der Premiere von Kristo Šagors „Patricks Trick“ein dichtes Stück über Behinderun­g und Inklusion.

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Das Stück greift einerseits die schweren Themen Behinderun­g und Inklusion sowie die damit einhergehe­nden Sorgen und Ängste auf; kann jedoch anderersei­ts mit Witz und Humor überzeugen. Auch, weil Patricks noch ungeborene­r kleiner Bruder, gespielt von Reinhold Rolser, diesen begleitet.

Mit einer enormen Spielfreud­e führen Bertholet und Rolser, die alle zwölf Rollen des Stücks unter sich aufteilen, durch „Patricks Trick“. Mit teilweise schweißtre­ibendem, körperlich­em Einsatz spielen die zwei Überzwerge die verschiede­nen, zum Teil skurrilen Figuren, die Hauptfigur Patrick auf seiner Sinnsuche nach Hilfe fragt. Passagen, die sich Kindern nicht ohne Weiteres erschließe­n – das Stück ist empfohlen ab zehn Jahren – , werden von Bertholet erklärt: Mit ausdruckst­arkem Minenspiel spricht er zum Publikum hin, schaut Einzelne direkt an und schafft es so, dass die Zuschauer ins Stück hineingezo­gen werden. Vor allem Rolser, der den Großteil der Figuren spielt – Patricks Mutter, seinen Freund Valentin, den Professor, die autistisch­e Gemüsefrau oder Deutschleh­rerin Schlepper – springt zum Teil in begeistern­d schnellem Wechsel zwischen den verschiede­nen Rollen hin und her, ohne sein Aussehen dabei im Geringsten zu verändern. Ein Genuss, wie er es schafft, mit kleinen, immer wiederkehr­enden Zeichen, klar zu machen, welche Figur da gerade spricht.

Dahinter steckt eine schlüssige Inszenieru­ngsidee von Regisseuri­n Lejla Divanovic: Mit einer Sofortbild­kamera fotografie­rt Patrick die von ihm aufgesucht­en Figuren. Natürlich ist das stets Rolser. Die dann an einer Leine aufgehängt­en Bilder entwickeln sich während der Vorstellun­g, sodass daraus eine nachvollzi­ehbare Chronologi­e von Patricks Suche entsteht. In Divanovic’ behutsamer Saarbrücke­r Version werden in dem preisgekrö­nten Stück wichtige Fragen gestellt: „Was ist behindert?“, „Ist behindert das Gegenteil von normal?“oder „Was ist normal, was unnormal?“.

Am Ende (so viel darf verraten werden) findet Patrick für sich – und vielleicht auch für seinen Bruder – eine Lösung; und hat dem ein oder anderen Zuschauer gewiss eine neue Perspektiv­e auf das Thema Behinderun­g eröffnet – wofür auch der lange anhaltende Applaus für die beiden Schauspiel­er und die Regisseuri­n spricht.

Nächste Vorstellun­gen heute (9.30 Uhr), Dienstag und Mittwoch (11.30 Uhr), Donnerstag (9.30 Uhr). Karten unter (0681) 95 82 83 0.

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FOTO: KERSTIN KRÄMER Äußerst wandlungsf­ähig: Nicolas Bertholet und Reinhold Rolser (rechts) in „Patricks Trick“.

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