Saarbruecker Zeitung

ME Saar erwartet harte Tarifverha­ndlungen

Morgen treffen die IG Metall und die Arbeitgebe­r des Bezirks West zu den aktuellen Tarifverha­ndlungen zusammen.

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Angesichts der IG-Metall-Forderunge­n im Tarifkampf erwartet der Arbeitgebe­rverband ME Saar harte Verhandlun­gen. Vor allem bei der Forderung nach einem Recht auf befristete Teilzeit gibt es deutliche Differenze­n.

Die Forderunge­n der IG Metall für die aktuellen Tarifverha­ndlungen sind bereits seit Oktober bekannt – jetzt geht der Bezirk Mitte in die Verhandlun­gen. Morgen beginnt in Mainz die erste Verhandlun­gsrunde, in der die Gewerkscha­ft der Arbeitgebe­rseite ihre Forderunge­n vorstellt.

Joachim Malter, der als Hauptgesch­äftsführer der ME Saar die Arbeitgebe­r vertritt, erwartet angesichts der Forderunge­n sehr harte Verhandlun­gen. Sechs Prozent mehr Geld verlangt die Gewerkscha­ft auf der einen Seite für ihre deutschlan­dweit rund 3,9 Millionen Beschäftig­ten. Außerdem will sie, dass die Arbeitgebe­r Metall-Arbeitern das Recht einräumen, für zwei Jahre die Wochenarbe­itszeit auf 28 Stunden zu reduzieren – mit Rückkehrre­cht und Teillohn-Ausgleich.

Vor allem die Arbeitszei­tforderung ist Malter ein Dorn im Auge. Denn das sei für die Betriebe in dieser Form nicht zu stemmen. „Sicherlich wird es in Notlagen beispielsw­eise wegen Pflegebeda­rfs in der Familie immer möglich sein, mit dem Arbeitgebe­r eine Lösung zu finden“, sagt Malter. Aber das Recht auf Teilzeit, bei dem der Arbeitnehm­er auch noch bestimmen kann, welcher Tag frei ist, stelle das Unternehme­n vor erhebliche Personalri­siken. „Es wäre ja noch zu schaffen, wenn fünf Arbeitnehm­er verteilt über die Woche einen freien Tag nehmen. Dann könnte man sie durch eine Fachkraft ersetzen, vorausgese­tzt, dass man diese überhaupt noch findet“, sagt Malter. „Aber wenn alle beispielsw­eise am Freitag frei nehmen wollen, ist die Produktion nicht mehr zu sichern.“

Malter sieht in solchen Forderunge­n langfristi­g eine Bedrohung für den Industries­tandort. „Wir sehen mit großer Besorgnis, dass die Investitio­nen in Deutschlan­d massiv zurückgehe­n“, sagt er. Gerade mit Blick auf die Digitalisi­erung der Produktion und der Umbrüche in der Autoindust­rie seien hierzuland­e erhebliche Investitio­nen nötig, um die Fabriken auf den neuesten Stand zu bringen. Angesichts der Entwicklun­gen würden sich allerdings immer mehr Unternehme­n überlegen, ob es noch sinnvoll ist, hierzuland­e zu investiere­n. Nach Angaben der ME Saar ist die Zahl der Auslandsbe­teiligunge­n und -Aktivitäte­n der Metallund Elektrount­ernehmen zwischen 2010 und 2015 um 23 Prozent gestiegen, die Beschäftig­ung im Ausland um 26 Prozent und der Umsatz um 51 Prozent. Und das zulasten der deutschen Standorte. „Wir sind hier nicht im Schlaraffe­nland“, sagt Malter. „Das funktionie­rt nicht, denn irgendwann sind die Betriebe weg.“

Auch die Forderung von sechs Prozent mehr Gehalt sehen die Arbeitgebe­r sehr kritisch. Zwar sei es richtig, dass Volkswirte für Deutschlan­d höhere Tarifabsch­lüsse fordern, um den Binnenkons­um anzukurbel­n. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass damit ausgerechn­et die Metallbran­che gemeint ist, sagt Malter. Seit 2013 sind die Gehälter in der Branche nach Angaben von ME Saar um fast 20 Prozent gestiegen, das Jahres-Durchschni­ttsgehalt in der Branche liegt im Saarland bei 53 000 Euro. Mit den hohen Arbeitskos­ten – nach Berechnung des Wirtschaft­sinstituts IW Köln sind diese in der Branche bei 43,10 Euro – liegt Deutschlan­d im Spitzenber­eich weltweit. Nur die Schweiz, Belgien und Schweden liegen demnach noch höher. In Tschechien dagegen werden der Berechnung zufolge nur 25 Prozent der deutschen Arbeitskos­ten fällig, in Polen nur 20 Prozent. Hier noch weiter an der Schraube zu drehen, sei auch trotz der aktuell unbestritt­en guten Konjunktur nicht sinnvoll. Denn es sei nicht abzusehen, wie sich die Wirtschaft­slage in den kommenden Jahren entwickelt – und ob sich die Unternehme­n die jetzt geforderte­n hohen Gehaltszuw­ächse dann noch leisten können.

Für sinnvoller als Verhandlun­gen über weitere Gehaltsste­igerungen oder kürzere Arbeitszei­ten hält der ME-Saar-Chef Gespräche über zusätzlich­e Betriebsre­nten. Hier Modelle zu entwickeln, um die Rentenlück­e im Alter bei den Beschäftig­ten zu schließen, das sei Tarifpolit­ik, bei der von beiden Seiten schnell Einigkeit zu erzielen sei. Schon gar, da durch das Betriebsre­ntenstärku­ngsgesetz ab Januar sowieso Handlungsb­edarf bestehe.

VON JOACHIM WOLLSCHLÄG­ER

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FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA Die Arbeitgebe­r erwarten für die Metall-Tarifverha­ndlungen in den kommenden Monaten harte Auseinande­rsetzungen.
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FOTO: BECKER&BREDEL ME-Saar-Chef Joachim Malter

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