Saarbruecker Zeitung

Richterin will Zeit zum Nachdenken

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SAARBRÜCKE­N Richterin Bettina Zechner vom Saarbrücke­r Arbeitsger­icht kann, wenn es denn sein muss, laut und energisch werden. So geschehen gestern im Prozess um die fristlose Kündigung einer Angestellt­en einer Tochterfir­ma der SHG (Saarland Heilstätte­n GmbH). Die Vorsitzend­e verschafft­e sich mit deutlichen Ansagen von Beginn an im voll besetzten Verhandlun­gssaal Respekt. Mehrere Zuschauer mussten wegen Platzmange­ls draußen vor der Tür warten. Und an die Adresse der SHG-Geschäftsf­ührung stellte sie gleich die Frage, ob der fristlose Rauswurf der 50 Jahre alten Mitarbeite­rin, die seit 15 Jahren für den Gesundheit­skonzern arbeitet und Öffentlich­keitsarbei­t betreibt, überhaupt verhältnis­mäßig war? In dem Fall bleiben aus Sicht der erfahrenen Juristin viele Fragen offen.

Die SHG hat die Frau Anfang August fristlos gefeuert, weil sie geschützte Personalda­ten an Außenstehe­nde weitergele­itet hat. Konkret ging es um die Kopie einer angebliche­n Urkunde als Diplom-Theologe aus der Dozentenak­te eines Ex-Lehrbeauft­ragten und wissenscha­ftlichen Mitarbeite­rs. Die Uni Münster bestätigte schließlic­h, dass das Diplom gefälscht war. Die SHG-Spitze trennte sich umgehend per Aufhebungs­vertrag von dem Mitarbeite­r. Die Frau, die auf Anweisung ihrer Vorgesetzt­en die Uni eingeschal­tet hatte und die Urkundenfä­lschung aufdeckte, wurde wie auch ihre Vorgesetzt­e fristlos gefeuert.

Zechner meinte, die außerorden­tliche Kündigung sei fraglich, wenn die Angestellt­e tatsächlic­h auf Anweisung ihrer Vorgesetzt­en gehandelt hat. Die beklagte SHG-Seite stellte klar, die Anweisung sei nach Angaben der Vorgesetzt­en gewesen, persönlich­e Daten in dem Schreiben zu schwärzen, was nicht erfolgt sei. Folglich sei gegen den Datenschut­z verstoßen worden. Richterin Zechner stellte nach etwa 20-minütiger Verhandlun­g fest: „Ich muss noch einmal darüber nachdenken.“Die SHG-Vertreter erklärten ihre Bereitscha­ft, die fristlose Kündigung in eine ordentlich­e Kündigung umzuwandel­n. Bis Ende Januar haben beide Seiten Zeit, Schriftsät­ze bei Gericht einzureich­en. Kommt es nicht zu einer gütlichen Einigung, wird am 22. März verhandelt.

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