Saarbruecker Zeitung

Militär beendet Mugabes Herrschaft in Simbabwe

Nach fast 40 Jahren hat Simbabwes Militär Präsident Mugabe kaltgestel­lt.

- VON SILVIA VOGT UND JÜRGEN BÄTZ

In Simbabwe ist der Kampf um die Nachfolge von Langzeitpr­äsident Robert Mugabe voll entbrannt. Das Militär hat den 93-Jährigen Staatschef nach einem Putsch unter Hausarrest gestellt.

HARARE (epd/dpa) Nur Gott könne ihn abwählen, betonte Simbabwes Langzeithe­rrscher Robert Mugabe gerne. Er habe den Auftrag, seinem Land zu dienen bis zum Ende. Aller Kritik an seiner skrupellos­en Amtsführun­g trotzte er, lange auch allen internen Machtkämpf­en. Zuletzt schien Simbabwe den greisen Autokraten, der bei Auftritten nur noch schlecht zu verstehen war und schon mal die falsche Rede hielt, einfach auszusitze­n – doch dann verkalkuli­erte sich der 93-Jährige ausgerechn­et im Poker um seine Nachfolge.

Über Nacht wurde ihm vom Militär das Heft des Handelns aus der Hand gerissen. Der Versuch, seine um mehr als 40 Jahre jüngere und wegen ihrer Shopping-Allüren im Volk verhasste Ehefrau Grace als Nachfolger­in zu installier­en, kostet ihn wohl sein Amt. Nun muss er hoffen, sich und seiner Familie zumindest noch einen Abtritt mit der Zusicherun­g von Straffreih­eit oder einen Weggang ins Exil zu sichern.

Die allermeist­en Simbabwer haben nie einen anderen Präsidente­n als Mugabe erlebt. Doch die Erklärung der Putschiste­n um vier Uhr morgens beendete die Ära mit einem Handstreic­h. Mugabe wurde unter Hausarrest gestellt, es gibt kein Zurück. „Das Militär hat die Machtstruk­turen in Harare jetzt fest im Griff“, meint der Analyst Charles Laurie von der Risikobera­tung Verisk Maplecroft. Nun steht das krisenge- schüttelte Land im südlichen Afrika wohl vor der größten Zäsur seit der Unabhängig­keit von Großbritan­nien im Jahr 1980. Die Frage ist: Was kommt nach Mugabe?

Am Dienstagab­end waren die Soldaten noch diskret in die Hauptstadt Harare vorgedrung­en, am Mittwoch hatten sie bereits Parlament, Präsidiala­mt und andere wichtige Regierungs­gebäude umstellt. Soldaten kontrollie­rten auch wichtige Verkehrskn­otenpunkte. Doch die Putsch-Generäle beteuern, sie wollten die Macht nur zeitweise behalten, um„Verbrecher“in Mugabes Umfeld auszusorti­eren, die dem Land schadeten. Experten vermuten, dass damit vor allem jene gemeint sind, die sich für die impulsive First Lady mit einer Vorliebe für Designerkl­amotten als nächste Präsidenti­n einsetzten.

Relativ klar scheint auch, wen die Streitkräf­te unterstütz­en: Den vergangene Woche geschasste­n Vizepräsid­enten Emmerson Mnangagwa, der lange als Nachfolger Mugabes gehandelt wurde. Der 75-Jährige, der nur unter dem Spitznamen„das Krokodil“bekannt ist, ist eine Figur des Establishm­ents, er gilt als Hardliner. Sein Hintergrun­d als früherer Geheimdien­stchef und seine fragwürdig­e Menschenre­chtsbilanz „bedeuten, dass Simbabwes Zukunft in einer gefährlich­en Situation ist“, so Laurie. Eine lange Herrschaft des Militärs gilt als weniger wahrschein­lich, zumal die Streitkräf­te in Simbabwe sehr nahe an der Regierungs­partei Zanu-PF angegliede­rt sind. Das Militär könnte seine neue Machtposit­ion aber nutzen, um Mugabe zu zwingen, Mnangagwa wieder als Vizepräsid­enten einzusetze­n und selbst zurückzutr­eten.

Doch was wird dann aus dem Mugabe-Clan? Selbst die Generäle, die ihn abgesetzt haben, verehren ihn immer noch als den Kämpfer, der Simbabwe 1980 vom Joch der weißen Minderheit­sregierung befreit hat. Daher gilt es als wahrschein­lich, dass sie ihn schonend behandeln werden – solange er den Weg für eine Erneuerung freimacht.

Zuletzt machte Mugabe vor allem mit seinem Hang zum Größenwahn in dem verarmten Land Schlagzeil­en, in dem die Arbeitslos­igkeit bei über 90 Prozent liegt. Zu seinem 93. Geburtstag mit tausenden Gästen gab es ein verschwend­erisches Festessen, was angesichts der Nahrungsmi­ttelknapph­eit für heftige Kritik sorgte. Die Kosten für die tagelangen Feierlichk­eiten wurden auf eine Million Dollar geschätzt.

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FOTO: AFP/NJIKIZANA Mugabe vor einer Woche während einer Rede in Harare.

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