Frauen setzen ein Zeichen gegen Gewalt
Am 25. November ist Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen. Das FrauenForum macht mit einer Lichterkette auf das Thema aufmerksam.
SAARBRÜCKEN #metoo, Ich auch – Mit diesen Worten zeigen seit Oktober immer mehr Frauen im Netz sexuelle Belästigung, Nötigung und Vergewaltigung an. Der Skandal um den Filmproduzenten Harvey Weinstein, dem genau diese Taten vorgeworfen werden, hat ein Thema ins Licht der Öffentlichkeit gerückt, das noch immer tabuisiert ist: Gewalt an Frauen. Seit 1999 ist der 25. November der offizielle Gedenktag dazu. Wie bereits im vergangenen Jahr lädt das FrauenForum Saar alle Frauen aber auch Männer dazu ein, an diesem Tag, um 17 Uhr, auf dem Tblisser Platz und der Alten Brücke eine Lichterkette zu bilden.
„Viele sagen: ‚Das gibt es doch gar nicht mehr. Da weiß doch mittlerweile jeder Bescheid.’ Aber das stimmt nicht“, sagt Mascha Nunold Bereichsleiterin der Frauenhäuser im Saarland. „Es ist nach wie vor ein großes Problem. Solche Aktionen, wie #metoo oder die Menschenkette, sind super, um zu zeigen, dass solche Übergriffe, wie in Köln, keine Ausnahmesituationen sind, sondern uns Frauen täglich passieren“, sagt Nunold. In den drei Frauenhäusern, die sie betreut, geht es überwiegend um Beziehungsgewalt. „Das muss nicht immer der Partner sein, das sind auch die Kollegen oder der Nachbar“, erläutert die 41-Jährige. 2016 haben nach ihren Angaben 187 Frauen mit 236 Kindern Zuflucht in saarländischen Frauenhäusern gesucht. Insgesamt 55 Plätze gibt es im Saarland. In diesem Jahr sind sie vollständig belegt. „Wir haben einen starken Zulauf an syrischen Frauen.“Es ist Nunold wichtig zu betonen: „Egal welche Frau vor unserer Tür steht, wir nehmen sie auf.“
Auch die Beratungs- und Interventionsstelle für Opfer häuslicher Gewalt des Sozialdienstes katholischer Frauen steht Betroffenen beratend zur Seite. „Das sind auch Männer, aber Frauen machen 94 Prozent aus“, stellt Leiterin Christine Theisen klar. Die Beratungsstelle kooperiert eng mit der Polizei. „Geht dort eine Anzeige ein, oder kommt es zu einem Einsatz wegen häuslicher Gewalt, ist die Polizei dazu verpflichtet, auf unser Hilfsangebot hinzuweisen“, sagt Theisen. Betroffene müssen sich also nicht selbst bei der Beratungsstelle melden. Dadurch werden auch Opfer erreicht, die sonst keine Hilfe in Anspruch nehmen. Dass Frauen heutzutage unabhängiger sind als noch vor 20 Jahren, die meisten eine Berufsausbildung oder ein Studium abgeschlossen haben, ändere nichts an dem Problem. Rund 2800 Einsätze wegen häuslicher Gewalt verzeichne die Polizei jährlich, gibt Theisen an. „Gerade bei Frauen höherer Bildungsschichten ist das Thema noch sehr tabuisiert.“Es sei schwer an sie heranzukommen. „Es steht ja was auf dem Spiel“, begründet Theisen.
Dennoch habe sich das Thema Gewalt gegen Frauen in den vergangenen Jahren verändert, sagt Antonia Schneider-Kerlen, Mitarbeiterin beim Frauennotruf Saarland. Dort melden sich Frauen überwiegend wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung, sexueller Ausbeutung in der Kindheit, Stalking und Psychoterror. Längst nicht alle Fälle werden angezeigt. Es gilt: „Je näher der Täter im sozialen Umfeld verankert ist, desto geringer ist die Anzeigebereitschaft der Frauen“, sagt Schneider-Kerlen. Und: „Wirkliche Fremdtaten sind nur maximal 10 bis 15 Prozent.“Oft liegen die Vorfälle, mit denen sich Frauen an den Notruf wenden, aber auch außerhalb des strafrechtlichen Rahmens. „Die Gewalt fängt viel früher an: wenn Männer Frauen sozial isolieren, das Geld kontrollieren oder es subtil schaffen, das Selbstwertgefühl der Frauen zu zerstören.“Solche Fälle seien klassische Formen von Psychoterror. Strafrechtlich jedoch nicht relevant. Vor fast
genau einem Jahr wurde das Sexualstrafrecht verschärft. Seither gilt „Nein heißt Nein!“. Die Auswirkungen lassen sich noch nicht in Zahlen fassen, aber: „Solche Debatten haben das Bewusstsein der Frauen verändert“, sagt Schneider-Kerlen. „Frauen fühlen sich ernster genommen, lassen sich nicht mehr so viel gefallen. Das hat auch gesellschaftliche Auswirkungen. Sonst“, so sagt Schneider-Kerlen: „Sonst würden Kampagnen wie #metoo nicht so funktionieren, wie sie es tun.“Auch Schneider-Kerlen ist der Überzeugung: „Man muss zeigen: Es gibt Gewalt gegen Frauen. Und es gibt auch Bündnisse, die dagegen arbeiten.“
Menschenkette gegen Gewalt an Frauen und Mädchen, am Samstag, 25. November, um 17 Uhr, auf dem Tblisser Platz. Die Lichter werden gestellt.