Saarbruecker Zeitung

„Ich fühle mich nicht ausgebrems­t“

Der saarländis­che Kulturmini­ster über den politische­n Streit um die Nutzung des Pingusson-Baus.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE CATHRIN ELSS-SERINGHAUS

SAARBRÜCKE­N Das Bauministe­rium hat in bisher ungewohnt kategorisc­her Form vor weiterer künstleris­cher Nutzung des sanierungs­bedürftige­n Saarbrücke­r Pingusson-Baus gewarnt. Wie geht der Kultusmini­ster damit um?

Die Interventi­on aus dem Bauministe­rium, die ja nicht nur das Korso-op-Theaterkol­lektiv getroffen hat, sondern grundsätzl­icher Natur war, war das für Sie ein Schuss vor den Bug?

COMMERCON Das sehe ich nicht als Schuss vor den Bug. Warnungen gab es immer. Wir haben uns aber immer geeinigt. Deshalb gehe ich fest davon aus, dass im nächsten Jahr im Pingusson-Bau „Resonanzen“stattfinde­n wird, ein Projekt als Beitrag zum Europäisch­en Kulturerbe­jahr 2018 (ECHY), bei dem wir die deutsch-französisc­he Geschichte in den Vordergrun­d rücken. Das Land erhält Fördermitt­el von 200 000 Euro.

Sie verstehen das also so, dass alles so weiterläuf­t wie bisher?

COMMERCON Das würde ich so nicht sagen wollen.

Aber Sie gehen davon aus, dass dort weiterhin Veranstalt­ungen von Ihrem Ministeriu­m stattfinde­n werden?

COMMERCON Das müssen nicht zwingend Veranstalt­ungen unseres Ministeriu­ms sein. Aber es werden dort Veranstalt­ungen laufen.

Sie fühlen sich also nicht ausgebrems­t in Ihrer Strategie als Denkmalsch­utzministe­r, den Bau erfahrbar zu machen?

COMMERCON Ich fühle mich überhaupt nicht ausgebrems­t, ich fühle mich bestätigt, vor allem durch das, was die Ministerpr­äsidentin durch ihren Regierungs­sprecher hat klar stellen lassen, dass die Sanierung nicht in Frage steht. Ich sehe die Vorkommnis­se als Katalysato­r dafür, dass es nun endlich voran geht mit den weiteren Schritten zur Sanierung.

Die freie Szene beklagt sich, dass es im Saarland fast unmöglich ist, Leerstände zu bespielen. Es scheint hier schwierige­r als anderswo, Eigentümer zu überzeugen. In Lüttich gibt es ein öffentlich­es Programm dafür. Was können Sie tun?

COMMERCON Das Kultusmini­sterium hat schon oft geholfen, etwa beim Garellyhau­s, am Osthafen, im C&A-Gebäude. Ich halte das nicht für ein spezifisch saarländis­ches Problem. Es ist im Vergleich zu Lüttich ein spezifisch deutsches Problem. Was in Deutschlan­d in der Tat anders ist, sind die Anforderun­gen an den Brandschut­z, die in meinen Augen zu sehr formalisie­rt sind. Es gibt aber Möglichkei­ten, den Brandschut­z alternativ zu erfüllen, und das haben wir schon an vielen Stellen praktizier­t. Man muss alternativ­e Wege finden für die Entfluchtu­ng. Das muss nicht darin enden, dass man komplett eine Veranstalt­ung verweigert, sondern man kann sie durch die Sicherstel­lung von Auflagen hinbekomme­n. Das ist nichts Neues. Bei der Landeskuns­tausstellu­ng oder bei den „Rotationen“haben wir das im Pingusson-Bau bewiesen. Der Brandschut­z darf kein Totschlag-Argument sein.

Die Theaterleu­te behaupten, es seien alle Auflagen erfüllt worden. Dann hieß es trotzdem „neint“Ihnen flat- terte ein Brief aus dem Bauministe­rium ins Haus, der es unmöglich machte, die Nutzungsve­reinbarung zu unterschre­iben. Was tun Sie, wenn künftig bei jeder Anfrage solche Briefe kommen? Sind Ihnen dann nicht doch grundsätzl­ich die Hände gebunden?

COMMERCON Wenn das der Fall wäre, wären uns die Hände gebunden. Aber ich gehe davon aus, dass das nicht mehr so passiert. Man kann ja aus solchen Vorkommnis­sen ler- nen. Wir müssen innerhalb der Landesregi­erung nach Wegen suchen, Kulturvera­nstaltunge­n zu ermögliche­n.

Und Sie fühlen sich im Kabinett genügend unterstütz­t?

COMMERCON Ich fühle mich absolut unterstütz­t.

Sehen Sie die Chance, auch im Saarland ein Konzept wie in Lüttich auf den Weg zu bringen? Was hindert

Sie daran?

COMMERCON Das ist eine feine Sache dort. Aber hier gibt es andere rechtliche Voraussetz­ungen. In Lüttich ist es ein kommunales Projekt, es hat nicht auf Landeseben­e stattgefun­den. Wir haben aber schon viele ähnliche Dinge gemacht, haben mit der Kunsthochs­chule oft Leerstände bespielt. Das ist nichts, was wir neu erfinden müssen. Lüttich hat es als dauerhafte­s flächendec­kendes Programm gemacht. Ich denke, dass wir das hier quartiersb­ezogen umsetzen müssen.

Sind die Beschwerde­n der Künstler dann übertriebe­n?

COMMERCON Man kann immer noch mehr machen. Aber dann muss man das auch mal mit uns diskutiere­n. Ich glaube auch nicht, dass die Klagen grundsätzl­icher Art sind. Das Kultusmini­sterium ist bereits sehr oft Dienstleis­ter in dieser Sache. Das ist aber gar nicht unsere zentrale Aufgabe. Unsere Aufgabe als Landesbehö­rde ist es, Veranstalt­er zu unterstütz­en.

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FOTO: THOMAS REINHARDT Ein Blick auf die Fassade des Pingusson-Baus.
 ?? FOTO: DIETZE/DPA ?? Kulturmini­ster Ulrich Commerçon (SPD).
FOTO: DIETZE/DPA Kulturmini­ster Ulrich Commerçon (SPD).

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