„Ich fühle mich nicht ausgebremst“
Der saarländische Kulturminister über den politischen Streit um die Nutzung des Pingusson-Baus.
SAARBRÜCKEN Das Bauministerium hat in bisher ungewohnt kategorischer Form vor weiterer künstlerischer Nutzung des sanierungsbedürftigen Saarbrücker Pingusson-Baus gewarnt. Wie geht der Kultusminister damit um?
Die Intervention aus dem Bauministerium, die ja nicht nur das Korso-op-Theaterkollektiv getroffen hat, sondern grundsätzlicher Natur war, war das für Sie ein Schuss vor den Bug?
COMMERCON Das sehe ich nicht als Schuss vor den Bug. Warnungen gab es immer. Wir haben uns aber immer geeinigt. Deshalb gehe ich fest davon aus, dass im nächsten Jahr im Pingusson-Bau „Resonanzen“stattfinden wird, ein Projekt als Beitrag zum Europäischen Kulturerbejahr 2018 (ECHY), bei dem wir die deutsch-französische Geschichte in den Vordergrund rücken. Das Land erhält Fördermittel von 200 000 Euro.
Sie verstehen das also so, dass alles so weiterläuft wie bisher?
COMMERCON Das würde ich so nicht sagen wollen.
Aber Sie gehen davon aus, dass dort weiterhin Veranstaltungen von Ihrem Ministerium stattfinden werden?
COMMERCON Das müssen nicht zwingend Veranstaltungen unseres Ministeriums sein. Aber es werden dort Veranstaltungen laufen.
Sie fühlen sich also nicht ausgebremst in Ihrer Strategie als Denkmalschutzminister, den Bau erfahrbar zu machen?
COMMERCON Ich fühle mich überhaupt nicht ausgebremst, ich fühle mich bestätigt, vor allem durch das, was die Ministerpräsidentin durch ihren Regierungssprecher hat klar stellen lassen, dass die Sanierung nicht in Frage steht. Ich sehe die Vorkommnisse als Katalysator dafür, dass es nun endlich voran geht mit den weiteren Schritten zur Sanierung.
Die freie Szene beklagt sich, dass es im Saarland fast unmöglich ist, Leerstände zu bespielen. Es scheint hier schwieriger als anderswo, Eigentümer zu überzeugen. In Lüttich gibt es ein öffentliches Programm dafür. Was können Sie tun?
COMMERCON Das Kultusministerium hat schon oft geholfen, etwa beim Garellyhaus, am Osthafen, im C&A-Gebäude. Ich halte das nicht für ein spezifisch saarländisches Problem. Es ist im Vergleich zu Lüttich ein spezifisch deutsches Problem. Was in Deutschland in der Tat anders ist, sind die Anforderungen an den Brandschutz, die in meinen Augen zu sehr formalisiert sind. Es gibt aber Möglichkeiten, den Brandschutz alternativ zu erfüllen, und das haben wir schon an vielen Stellen praktiziert. Man muss alternative Wege finden für die Entfluchtung. Das muss nicht darin enden, dass man komplett eine Veranstaltung verweigert, sondern man kann sie durch die Sicherstellung von Auflagen hinbekommen. Das ist nichts Neues. Bei der Landeskunstausstellung oder bei den „Rotationen“haben wir das im Pingusson-Bau bewiesen. Der Brandschutz darf kein Totschlag-Argument sein.
Die Theaterleute behaupten, es seien alle Auflagen erfüllt worden. Dann hieß es trotzdem „neint“Ihnen flat- terte ein Brief aus dem Bauministerium ins Haus, der es unmöglich machte, die Nutzungsvereinbarung zu unterschreiben. Was tun Sie, wenn künftig bei jeder Anfrage solche Briefe kommen? Sind Ihnen dann nicht doch grundsätzlich die Hände gebunden?
COMMERCON Wenn das der Fall wäre, wären uns die Hände gebunden. Aber ich gehe davon aus, dass das nicht mehr so passiert. Man kann ja aus solchen Vorkommnissen ler- nen. Wir müssen innerhalb der Landesregierung nach Wegen suchen, Kulturveranstaltungen zu ermöglichen.
Und Sie fühlen sich im Kabinett genügend unterstützt?
COMMERCON Ich fühle mich absolut unterstützt.
Sehen Sie die Chance, auch im Saarland ein Konzept wie in Lüttich auf den Weg zu bringen? Was hindert
Sie daran?
COMMERCON Das ist eine feine Sache dort. Aber hier gibt es andere rechtliche Voraussetzungen. In Lüttich ist es ein kommunales Projekt, es hat nicht auf Landesebene stattgefunden. Wir haben aber schon viele ähnliche Dinge gemacht, haben mit der Kunsthochschule oft Leerstände bespielt. Das ist nichts, was wir neu erfinden müssen. Lüttich hat es als dauerhaftes flächendeckendes Programm gemacht. Ich denke, dass wir das hier quartiersbezogen umsetzen müssen.
Sind die Beschwerden der Künstler dann übertrieben?
COMMERCON Man kann immer noch mehr machen. Aber dann muss man das auch mal mit uns diskutieren. Ich glaube auch nicht, dass die Klagen grundsätzlicher Art sind. Das Kultusministerium ist bereits sehr oft Dienstleister in dieser Sache. Das ist aber gar nicht unsere zentrale Aufgabe. Unsere Aufgabe als Landesbehörde ist es, Veranstalter zu unterstützen.