Saarbruecker Zeitung

Fundstücke am Wegesrand werden zu Fotomotive­n

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SAARBRÜCKE­N Warum lässt jemand seine schicken, italienisc­hen Lederschuh­e einfach auf der Straße vor der Modernen Galerie stehen? Wieso wirft ein Mensch einen wunderschö­nen Strauß frischer, roter Tulpen in den Wald bei Köln? Und was macht ein dunkelblau­er BH vor der Düsseldorf­er Kunstakade­mie? Das sind alles Fragen, die sich der Fotograf Ralf Baumgarten stellt, wenn er zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs ist, seine Kamera dabei hat und diese Dinge achtlos am Straßenran­d zurückgela­ssen sieht. Nun zeigt Baumgarten die Ergebnisse dieser Streifzüge in der Saarbrücke­r Galerie Sali e Tabacchi.

Der gebürtige Saarbrücke­r Ralf Baumgarten lebt in Köln, ist preisgekrö­nter Auftragsfo­tograf, der aber auch freie, künstleris­che Fotoserien macht. „Es überrascht mich selbst, was alles achtlos weggeworfe­n wird“, erzählt er. „Und es sind alles Dinge, die ich im Vorübergeh­en gesehen habe und genauso fotografie­rt habe. Die Fundstelle­n wurden nicht verändert, die Dinge nicht drapiert.“Die Fotografie­n wurden von ihm im Anschluss bearbeitet, Farben intensivie­rt, Kontraste verstärkt. Und dabei herausgeko­mmen ist die Serie „Lost“, die fasziniert, aber gleichzeit­ig auch Fragen aufwirft. „Ich habe den Strauß Tulpen an Ostern tatsächlic­h so im Wald liegen sehen. Und frage mich seither, was vorgefalle­n sein muss, dass jemand einen frischen Blumenstra­uß so wütend wegschmeiß­t“, sagt er und schüttelt den Kopf.

Andere Dinge, die er gefunden hat, wie Bierflasch­en, Spielzeug und eine kleine Puppe (mit herausgesc­hnittenen Augen) zeugen aber auch von der Wegwerfmen­talität und der Vermüllung unserer Umwelt. Ralf Baumgarten möchte mit seinen sehr ästhetisch­en, farbintens­iven Fotografie­n auch darauf aufmerksam machen. Man- che der gefundenen Sachen hat er aber auch gleich mit nach Hause genommen, um daraus Objekte zu gestalten. Diese Objekte ergänzen die Ausstellun­g „Lost“, passen sehr gut dazu. Aber während die Fotografie­n unveränder­te Sachen zeigen, muss man bei den Objekten schon genauer hinschauen, um die einzelnen Teile zu identifizi­eren. Denn Ralf Baumgarten hat aus verrostete­n Eisenbahnn­ägeln oder Sieben, verwittert­en Scharniere­n oder Schaufeln eigenwilli­ge, meist witzige Köpfe erstellt, deren Augen häufig alte Glühbirnen sind. „Da hat mich einfach der Kontrast von altem Eisen und Metall und dem dünnen, trans- parenten Glas der Glühbirnen fasziniert“, erläutert der Fotograf.

Und dann zeigt er noch seine neuesten Objekte, in denen er nicht mehr figurativ arbeitet und gesteht dabei, dass die Ausstellun­g „Lost“im Sale e Tabacchi die erste Präsentati­on dieser Werke außerhalb seines Wohnhauses ist. Dass der renommiert­e Kölner Fotograf dafür nach Saarbrücke­n kommt, ist ebenfalls bemerkensw­ert.

Ausstellun­g von Ralf Baumgarten im Sali e Tabacchi (Saarbrücke­n, Feldmannst­raße 144). Die Ausstellun­g ist bis 20. Dezember montags und mittwochs von 16 bis 18 Uhr geöffnet.

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