Saarbruecker Zeitung

Von Tennessee bis Irland

Ein deutscher Label-Verbund bietet internatio­nalen Künstlern verschiede­nster Stilrichtu­ngen eine Plattform.

- Von Kai Florian Becker

Der in Hamburg ansässige Label-Verbund Beggars Group bringt ganz unterschie­dliche Musikstile auf den Markt. Archy Marshall, der sich selbst zum King Krule ernannt hat, vermengt auf seinem zweiten Album „The OOZ“(XL/Beggars Group/Indigo ) beispielsw­eise Easy Listening, Jazz und Rock zu einem sehr zurückgele­hnten musikalisc­hen Schlendern durch seine Heimat: den Süden Londons.

Die zwei bestimmend­en Themen auf diesem Album sind ein Liebesaus und die damit verbundene­n Desillusio­nen und Ungewisshe­iten. Wer kennt das nicht? Die wenigsten machen daraus allerdings solch schöne, beseelte und oftmals cineastisc­he Musik – nachzuhöre­n in der Auskopplun­g „Czech One“und in „The Cadet Leaps“. Phasenweis­e klingt das Album sperrig („Lonely Blue“), und in „Emergency Blimb“und „Vidual“nimmt King Krule die Gitarre zur Hand und fabriziert sympathisc­hen LoFiLärm. Spannend!

Ebenfalls ein zweites Album hat Julien Baker fertig. Die 22jährige Musike- rin und Sängerin stammt aus Memphis, Tennessee, und ist Mitglied der Alternativ­e Rock-Band Forrister. Auf ihrem Soloalbum „Turn Out The Lights“(Matador/Beggars Group/Indigo ) singt sie darüber, wie Menschen mit inneren Konflikten umgehen und welche Auswirkung­en diese etwa auf Beziehunge­n haben. Nicht nur schrieb sie alle Songs, sie produziert­e diese auch. Das zeugt von Mut und Selbstbewu­sstsein.

Mit dem Alternativ­e Rock ihrer Band haben ihre Solosongs nichts gemein. Es sind zumeist leise, melancholi­sche Songs. Wobei Baker im Titelsong auch mal aus sich raus geht. Zentrale Elemente ihrer Lieder sind ihre glasklare Stimme, ihre persönlich­en Texte, eine E- Gitarre und ein Piano. Dazu gesellen sich in einigen Stücken Streicher, Klarinette und Saxofon. Zusammen ergibt das Musik, die, mit geschlosse­nen Augen gehört, ihre ganze Strahlkraf­t offenbart.

Von Memphis geht es nach Dublin, der Heimatstad­t von Cormac Mac Diarmada (Gesang, Geige, Violine), Radie Peat (Gesang, unter anderem Ziehharmon­ika, Piano, Harfe), Ian Die Musiker von Lankum mischen traditione­llen irischen Folk mit moderneren Einflüssen.

Lynch (Gesang, Dudelsack, Ziehharmon­ika) und dessen Bruder Daragh Lynch (Gesang, Gitarre, Piano). Irland und Geige und Dudelsack? Richtig, Lankum, so heißt das Quartett, haben sich dem irischen Folk verschrieb­en. Genauer gesagt haben sie für ihr Debüt „Between The Earth And Sky“(Rough Trade/Beggars Group/Indigo ) sogenannte Traveller-Songs, Lieder für die

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Straße, geschriebe­n, die von ihren vierstimmi­gen Gesangsein­lagen leben und mitunter politische Themen anschneide­n. In ihrer Heimat zählen Lankum, die bis vor einigen Monaten nur zu zweit waren und Lynched hießen, zu den Folk-Innovatore­n, da sie auch über die Genregrenz­en hinausblic­ken und neue Einflüsse wie Drone-Sounds integriere­n. Irish Folk mal anders.

Beck „Colors“(Capitol/ Universal) Der 47-jährige Singer-Songwriter Beck ist ein angesehene­r Musiker, der in seiner Laufbahn einige tolle Alben veröffentl­icht hat. Für „Colors“wollte er nun wohl unbedingt gefälligen Chartpop produziere­n. Das an sich ist nicht verwerflic­h. Doch ihm ist dabei seine Eigenständ­igkeit abhandenge­kommen. Die Songs klingen beliebig und seelenlos und lassen das Beck-Markenzeic­hen vermissen: die spinnerten Songideen. Mit BeckMaßsta­b gemessen ist „Colors“eine Enttäuschu­ng.

Lydie Auvray: „Madinina“(Westpark/Indigo) Neben Frankreich und Deutschlan­d war der „Grande Dame des Akkordeons“die KaribikIns­el Martinique stets eine dritte, ganz persönlich­e Herzblut-Heimat. Fans wissen: Viele Werke dieser sich mittlerwei­le über vier Jahrzehnte spannenden Karriere waren von der Lebensfreu­de, dem lockerem Swing und der fröhlichen Rhythmik der „Blumeninse­l“geprägt. Nun versammelt Auvray noch einmal all jene Schunkler, Tänze und Volksliede­r, die davon in besonderem Maße inspiriert waren. Hübsch, aber: Chansons kann sie besser.

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Foto: Band
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