Saarbruecker Zeitung

Zwischen Religion und Korruption

Neu im Kino: „Teheran Tabu“von Ali Soozandeh – Animations­film mit echten Schauspiel­ern über das schwierige Leben in Irans Hauptstadt

- Von Thomas Reinhardt

Pari, Sara, Babak und Donya leben in der iranischen Hauptstadt Teheran. Pari arbeitet als Prostituie­rte, um den Lebensunte­rhalt für sich und ihren fünfjährig­en Sohn Elias zu verdienen. Von einem besseren Leben träumt auch ihre Nachbarin Sara, die sich unter ihrem Mann als Hausfrau begnügen muss, aber lieber arbeiten gehen würde. Der jungen Donya steht ein ähnliches Schicksal bevor: Bald wird sie heiraten. Trotzdem lässt sie sich auf eine Nacht mit dem jungen Musiker Babak ein. Dann verlangt sie von ihm, für eine Operation zu zahlen, die ihre Jungfräuli­chkeit wiederhers­tellt.

In seinem Debütfilm „Teheran Tabu“verknüpft Regisseur Ali Soozandeh die Schicksale von vier jungen Menschen, die alle unter den restriktiv­en Gesetzen des Gottesstaa­ts zu leiden haben. Das Werk des gebürtigen Iraners, der in Deutschlan­d lebt und auch das Drehbuch schrieb, feierte seine Weltpremie­re bei den Internatio­nalen Filmfestsp­ielen von Cannes. Die deutsch-ös- terreichis­che Koprodukti­on wurde im Rotoskopie-Verfahren gedreht: Es handelt sich um einen Animations­film mit echten Schauspiel­ern. Die Bilder wurden nachträgli­ch bearbeitet.

Die Idee sei vor ein paar Jahren entstanden, so Soozandeh, als er in der U-Bahn ein Gespräch von zwei jungen Iranern mitgehört habe, die über ihre Erfahrunge­n mit Mädchen gesprochen haben. Sie erwähnten eine Prostituie­rte, die ihr Kind mit zur Arbeit gebracht hat. „Das stimmte mich nachdenkli­ch in Bezug auf das Thema Sexualität im Iran.“

Soozandeh schwebte ein realistisc­hes Drama um vier junge Menschen in Teheran vor, deren Schicksale bei ihrer verzweifel­ten Suche nach Freiheit und Glück aufeinande­rprallen. „Teheran Tabu“ist für ihn ein Einblick „in den schizophre­nen Alltag des heutigen Iran“, der Film liefert „Innenansic­hten eines Lebens zwischen streng religiösen Gesetzen und Unterdrück­ung einerseits, und Sex, Drogen und Korruption anderersei­ts.“

Die Fachzeitsc­hrift „filmdienst“schreibt von einem „düsteren Sittenbild des zeitgenöss­ischen Irans“. Dabei gehe es um die Doppelmora­l einer Gesellscha­ft, „in der libertäre Ausschweif­ungen durchaus stattfinde­n, aber tabuisiert und verborgen gehalten werden.“Daraus entstünden keine differenzi­erten Charakters­tudien, sondern das ästhetisch wie inhaltlich flächige, auf starke Kontraste setzende Gemälde eines Landes, in dem Flucht oder Resignatio­n als einzige Handlungso­ptionen erscheinen. (D/Öst. 2017; 96 Min.; Regie: Ali Soozandeh; Filmhaus Sb)

Neu im Kino: „Happy Deathday“von Christophe­r Landon – Und täglich grüßt der Meuchelmör­der Pari verdient ihren Lebensunte­rhalt als Prostituie­rte in Teheran. Sie verkauft ihren Körper einem einflussre­ichen Richter und erhofft sich so ein besseres Leben.

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