Saarbruecker Zeitung

Außenminis­ter auf Abschiedst­our

Saudi-Arabien ruft wegen Gabriels Äußerungen in der Libanon-Krise seinen Botschafte­r aus Deutschlan­d zurück.

- FOTO: NIETFELD/DPA

Zum Finale seiner Amtszeit ist Außenminis­ter Sigmar Gabriel noch einmal recht umtriebig. Auf seiner Asien-Reise besuchte der SPD-Politiker gestern ein Flüchtling­slager der muslimisch­en Rohingya in Bangladesc­h und sagte 20 Millionen Euro Nothilfe zu. In Saudi-Arabien kommt seine Aktivität unterdesse­n weniger gut an. Nach harscher Kritik Gabriels zieht das Königreich seinen Botschafte­r aus Deutschlan­d ab.

BEIRUT/BERLIN/PARIS (afp/dpa) Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die Regierung Saudi-Arabiens mit kritischen Äußerungen zur Libanon-Politik verärgert. Das Königreich warf Gabriel am Samstag „gefährlich­e Erklärunge­n“vor und kündigte den Rückruf seines Botschafte­rs aus Berlin an. Das Auswärtige Amt verteidigt­e die Äußerungen des Ministers.

Saudi-Arabien verübelt dem Bundesauße­nminister Erklärunge­n, die er am Donnerstag nach einem Treffen mit seinem libanesisc­hen Kollegen Gebran Bassil abgegeben hatte. Gabriel hatte von einer „brandgefäh­rlichen Entwicklun­g im Libanon“gesprochen und – ohne Saudi-Arabien direkt zu nennen – „politische­s Abenteurer­tum“in der Region angeprange­rt. Libanons Ministerpr­äsidenten Saad Hariri dürfe nicht gegen seinen Willen in Saudi-Arabien festgehalt­en werden, hatte Gabriel gesagt.

Die amtliche saudi-arabische Nachrichte­nagentur SPA zitierte nun einen Sprecher des Außenminis­teriums in Riad, der Gabriels Äußerungen als „unangemess­en und ungerechtf­ertigt“kritisiert­e. Es handle sich um Äußerungen, die auf „falschen Informatio­nen beruhen und der Stabilität der Region nicht dienlich sind“. Riad gehe davon aus, dass dies nicht die Position der „befreundet­en“Bundesregi­erung sei. Ein Protestbri­ef dazu wird laut SPA auch dem deutschen Botschafte­r in Riad überreicht.

Das Auswärtige Amt wollte in Reaktion auf die Kritik Saudi-Arabiens keine Abstriche an Gabriels kritischen Äußerungen machen. „Dies offen anzusprech­en, ist unter engen internatio­nalen Partnern möglich und selbstvers­tändlich“, erklärte das Ministeriu­m. „Wir haben angesichts der aktuellen Lage große Sorge über die Stabilität in der Region und rufen alle Seiten zum Abbau der Spannungen auf.“Auf Saudi-Arabien und den Abzug des Diplomaten ging die Erklärung nicht namentlich ein. In allgemeine­r Form hieß es in der Erklärung weiter: „Wir richten unsere Botschaft an alle Akteure der Region.“

Libanons Präsident Aoun stellte derweil für kommende Woche die Rückkehr des zurückgetr­etenen Regierungs­chefs Hariri in Aussicht. Hariri habe ihm telefonisc­h mitgeteilt, dass er zur Feier des Unabhängig­keitstages am Mittwoch wieder im Land sein werde, teilte das Präsidiala­mt mit. Offen blieb, in welcher Eigenschaf­t Hariri zurückkehr­en und ob er an einer geplanten Militärpar­ade teilnehmen würde.

Hariri hatte am 4. November in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad überrasche­nd seinen Rücktritt erklärt, wobei er schwere Vorwürfe gegen die proiranisc­he Hisbollah-Bewegung erhob, mit der er eine Koalitions­regierung gebildet hatte. Die Umstände seines Rücktritts führten zu Spekulatio­nen, dass Riad ihn zum Rücktritt gezwungen habe. Aoun hatte vergangene Woche den Vorwurf erhoben, dass Hariri in Saudi-Arabien festgehalt­en werde.

Am Samstagmor­gen traf Hariri zusammen mit seiner Frau von Saudi-Arabien aus kommend in Paris ein. Dort wurde er von Präsident Emmanuel Macron im Elysée-Palast empfangen. Der französisc­he Präsident hatte Hariri nach Paris eingeladen, weil er nach eigenen Worten auf eine Entspannun­g in dem Konflikt hofft. Es gehe jedoch nicht um ein „Exil“für den 47-Jährigen Regierungs­chef, betonte Macron.

Vor seinem Abflug in die französisc­he Hauptstadt am Freitag hatte Hariri bei Twitter betont, er sei nicht in Riad festgehalt­en worden. „Zu sagen, dass ich in Saudi-Arabien festgehalt­en werde und es mir verboten sei, das Land zu verlassen, ist eine Lüge.“Dabei wandte Hariri sich explizit auch an Außenminis­ter Gabriel. Seine politische Zukunft ließ er offen. „Sie wissen, dass ich meinen Rücktritt erklärt habe, und im Libanon werden wir über diese Sache reden“, sagte Hariri in Paris.

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FOTO: NIKOLAI PETROV/DPA Sorgte mit seinen Äußerungen zur Libanon-Krise für einen diplomatis­chen Eklat: Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel.

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