Saarbruecker Zeitung

Der Bundestag startet in Runde zwei der Warteschle­ife

Viel hat das Parlament in der kommenden Sitzungswo­che noch nicht zu tun, denn die Regierung fehlt ja noch. Trotzdem kündigt sich Streit an.

- VON HAGEN STRAUSS

BERLIN Die Tagesordnu­ng für den morgigen Dienstag und Mittwoch ist ziemlich dünn. Sie umfasst gerade mal 15 Punkte. Was nicht verwundert, denn fast zwei Monate nach der Bundestags­wahl ist der Deutsche Bundestag immer noch nicht auf Touren gekommen. Trotzdem bahnt sich in der kommenden Woche Streit an.

Genauso wie jeder andere Bürger müssen auch die 709 Abgeordnet­en auf eine neue Regierung warten, damit der eigentlich­e Parlaments­alltag endlich beginnen kann. Die Ausschüsse sind noch nicht gebildet, weil die Zuschnitte der Ministerie­n noch nicht feststehen. In der vergangene­n Legislatur­periode waren es 23 solcher Gremien. Und erst wenn klar ist, wer welches Regierungs­amt bekommt, kann das Personal für die Ausschüsse bestimmt werden.

Also wird ab morgen nur das Nötigste debattiert und erledigt. Nach dem Willen der geschäftsf­ührenden Bundesregi­erung sollen mehrere Auslandsei­nsätze der Bundeswehr verlängert werden. Im Sudan, in Afghanista­n, in Mali, im Irak und auf dem Mittelmeer. Darüber hinaus wird es auf Antrag der Linken eine Aktuelle Stunde zu den „Paradise Papers“geben, zu den Enthüllung­en über Geldwäsche in Steuerpara­diesen. Auf der Tagesordnu­ng steht schließlic­h noch eine Debatte über den Stahlstand­ort Deutschlan­d, die die SPD beantragt hat. Und am Mittwoch bringt die Linke noch einmal die Abschaffun­g des Kooperatio­nsverbotes im Bildungsbe­reich aufs Tableau. Alles nicht sonderlich spektakulä­r. Doch man sollte sich nicht täuschen. Hinter den Kulissen dürfte es nämlich erneut um das Ansinnen der AfD gehen, Albrecht Glaser zu einem der sechs Stellvertr­eter von Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU) zu machen. Glaser war bei der konstituie­renden Sitzung des Parlaments Ende Oktober dreimal durchgeras­selt. Zurückzieh­en will ihn die AfD nicht. Die Fraktion plant offenbar, einen weiteren Wahlgang im Bundestag zu beantragen. Allerdings erst für die Sitzungswo­che im Dezember.

Hinzu kommt noch etwas anderes: Das Parlament soll bereits drei Ausschüsse einsetzen, darunter den Petitionsa­usschuss und den Ausschuss für Wahlprüfun­g, Immunität und Geschäftso­rdnung, was unstrittig ist. Darüber hinaus will eine seltsame Allianz aus Union, SPD, Grüne, FDP und AfD aber auch einen sogenannte­n „Hauptaussc­huss“ins Leben rufen. Der war erstmals zu Beginn der vergangene­n Wahlperiod­e mit 47 Mitglieder­n eingesetzt worden, weil sich auch damals die Verhandlun­gen zur Bildung einer neuen Regierung hinzogen. Seine Aufgabe ist es, schon einmal Vorlagen zu beraten und Beschlusse­mpfehlunge­n für das Plenum zu formuliere­n, bis die Ausschüsse stehen.

Die Linken halten von dem Vorgehen nichts. Es könne nicht sein, sagt Parlaments­geschäftsf­ührer Jan Korte, dass die anderen Fraktionen „brav auf die Regierungs­bildung warten und so lange auf die fachliche Auseinande­rsetzung in wichtigen Ausschüsse­n verzichten“. Die Fraktion will, dass stattdesse­n zumindest die im Grundgeset­z vorgesehen­en Gremien des Bundestags eingesetzt werden – das wären der Auswärtige Ausschuss, der Europa-, Verteidigu­ngs- und der Petitionsa­usschuss. Im Parlament droht also nächste Woche Zoff. 2013 waren übrigens auch die Grünen gegen den „Hauptaussc­huss“. Aber jetzt gehörten sie ja zu den Jamaika-Sondierern.

Für Zündstoff sorgen ein Ansinnen der AfD und die Bildung eines Hauptaussc­husses.

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