Saarbruecker Zeitung

Für Seehofer bleibt nur ein Platz im Berliner Kabinett

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Wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch. Diese Redensart lässt sich derzeit gut auf die CSU anwenden. Denn sie beschreibt treffend den Zustand der Partei und damit das Problem des Noch-Vorsitzend­en Horst Seehofer.

Während er die vergangene­n Wochen in Berlin verbringen musste, um mit CDU, Grünen und FDP zu sondieren, sind in München die Stellungsk­ämpfe potenziell­er Nachfolger eskaliert. Seehofers Appell, wegen der Sondierung­en Personalun­d Verfahrens­fragen hintanzust­ellen, hat niemand befolgt. Es scheint auch keinen mehr großartig zu interessie­ren, was der Vorsitzend­e einfordert. Zumindest nicht die, die nun um seine Nachfolge balgen. Die CSU befindet sich dadurch in einem desolaten Zustand. Für eine bürgerlich­e Partei mit dem „C“im Namen, die im kommenden Jahr bei den Landtagswa­hlen die absolute Mehrheit verteidige­n will, ist das fatal.

Seehofers Macht und seine Autorität sind nach dem miserablen Bundestags­wahlergebn­is so schnell geschmolze­n wie Butter in der Mittagsson­ne. Wie schon viele Politiker vor ihm hat auch er den Zeitpunkt eines soliden und ehrenvolle­n Abgangs verpasst. Oder besser: Er hat seinen Rückzug zwar erst angekündig­t, um dann von seinen Plänen wieder abzuweiche­n. Einzig, um den Rivalen Markus Söder zu verhindern. Das hat verstört und seine Gegner motiviert. Jetzt muss sich der einst so gewiefte Taktiker Seehofer eingestehe­n, sich mehrfach verzockt zu haben.

Erstens hat sein Schlingerk­urs in der Flüchtling­spolitik und im Verhältnis zur CDU-Chefin Angela Merkel die CSU nicht gestärkt, sondern sie bei der Wahl im September abstürzen lassen. Zweitens dürfte Söder von der Staatskanz­lei in München nicht mehr fernzuhalt­en sein. Auch wenn andere Anwärter im Nachfolger­ennen nicht aufgeben wollen, wie Ilse Aigner, was ihr Vorstoß einer Urwahl des künftigen Spitzenkan­didaten belegt; auch wenn in Berlin mit Alexander Dobrindt plötzlich ein CSU-Mann alter Schule erstarkt ist, der sich nicht auf eine Nebenrolle fernab Bayerns reduzieren lassen will, Söder hat in der Landtagsfr­aktion seine Machtbasis. Sie bestimmt am Ende darüber, wer Ministerpr­äsident wird – oder wer es bleiben darf. Seehofers Bilanz wird dort jedenfalls extrem kritisch gesehen.

Womit sich die Frage stellt, ob es für ihn noch eine Möglichkei­t gäbe, sich politisch zu retten. Die Antwort lautet: Ja. Seehofer müsste in der nächsten Bundesregi­erung Minister werden. Dann könnte er CSU-Chef bleiben und sein Credo umsetzen, dass der Parteichef am Kabinettst­isch zu sitzen hat, um vor allem neue Fehler in der Flüchtling­spolitik zu verhindern. Damit wäre auch der Weg für Söder frei.

Ob es so kommt, ist angesichts der unübersich­tlichen Gefechtsla­ge in der CSU offen. Zumal es auch noch andere Möglichkei­ten einer Doppelspit­ze gibt – und gerade in Bayern regionale Aspekte berücksich­tigt werden müssen. Strategisc­h wäre dies aber die beste Lösung – und auch kein Dilemma.

Die CSU hatte nie ein Problem damit, in Berlin mitzuregie­ren und von München aus gegen die Bundespoli­tik zu wettern.

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