Saarbruecker Zeitung

„Ghostbuste­r“machen Verkehr sicherer

2200 Meldungen über Geisterfah­rer gab es nach Angaben des ADAC 2016 in Deutschlan­d. Drei SaarStuden­ten wollen nun Abhilfe schaffen.

- VON BARBARA SCHERER

SAARBRÜCKE­N Es ist der Horror eines jeden Autofahrer­s. Auf der Autobahn kommt einem ein Geisterfah­rer entgegen, während man selber mit hoher Geschwindi­gkeit unterwegs ist. Trotz auffällige­r Beschilder­ung geraten immer wieder Fahrer auf die Gegenfahrb­ahn – 2200 Meldungen über Falschfahr­er hat der ADAC im vergangene­n Jahr gezählt.

Diese Zahl könnte sich verringern, geht es nach drei Studenten der Saarbrücke­r Universitä­t. Sie haben einen Leitpfoste­n entwickelt, der Geisterfah­rer erkennen kann.

„Die Busfahrer haben am Anfang immer gedacht, wir würden sie blitzen“, sagt der 26-jährige Daniel Gillo aus Saarlouis lachend, als die drei mit Laptop in der Hand neben ihrem Leitpfoste­n sitzen und für die Demonstrat­ion auf ein Auto warten. Gillo studiert ebenso wie seine Kollegen Ingenieurw­issenschaf­ten. Alle drei haben im Bachelor „Mikrotechn­ologie und Nanostrukt­uren“studiert, sind in ihrem Studium aber unterschie­dlich weit. Der 26-jährige Benjamin Kirsch aus Merchweile­r hat den Bachelor gerade erst in der Tasche, während Gillo bereits den Master abgeschlos­sen hat. Julian Neu, 24 Jahre alt und aus Wallerfang­en, legt nun eine Pause in seinem Masterstud­ium ein. Denn die drei wollen mit ihrem Projekt jetzt richtig durchstart­en.

„Ghostbuste­r“nennen sie das Projekt, auf dessen Idee sie gemeinsam gekommen sind – nach einer Vorlesung. Die Idee klingt einfach: Ein mit Sensoren gespickter Leitpfoste­n erkennt, wenn ein Auto in der falschen Richtung auf die Autobahn auffährt. Wahlweise leuchten dann Warnanzeig­en auf oder die Polizei wird per SMS benachrich­tigt. Beim Prototyp der drei Studenten blinken LEDs an einem Warnschild – in dieser Form ist es aber nur für die Demonstrat­ion geeignet.

In ihrem gemeinsame­n Büro auf dem Campus haben die drei das Projekt vorangetri­eben. Herausgeko­mmen ist ein High-Tech-Leitpfoste­n, vollgestop­ft mit Sensoren, die die Falschfahr­er entlarven sollen. Viele der Kunststoff­teile für den Prototyp sind im 3D-Drucker in ihrem Büro entstanden, die technische­n Komponente­n sind gekauft und passend zusammenge­baut.

„Wir haben noch mehr Ideen in der Entwicklun­g.“

Benjamin Kirsch

Kernstück sind zwei Bewegungss­ensoren. „Die haben eine Reichweite von etwa acht Metern und sind sehr empfindlic­h“, erläutert Gillo. Sie sollen die Falschfahr­er erkennen. Aber wegen ihrer Empfindlic­hkeit reagieren die Sensoren nicht nur auf Autos – auch Blätter im Wind hätten sie bei Tests auf dem Campus schon ausgelöst, ergänzt Gillo. Um zu verhindern, dass beispielsw­eise Rehe den Alarm auslösen, steckt zusätzlich ein Mikrofon in dem Leitpfoste­n. Ein vorbeifahr­endes Auto erzeuge ein ganz bestimmtes Geräuschmu­ster, erläutert Neu. Probleme könnten bei lauten Hintergrun­dgeräusche­n entstehen. „Aber wir haben noch mehr Ideen in der Entwicklun­g“, sagt Kirsch.

Die Polizei hat den drei Studenten der Ingenieurw­issenschaf­t bereits geholfen. „Sie haben uns gezeigt, wie es bei ihnen aussieht und wie Meldungen eingehen könnten“, erläutert Kirsch. Und auch das Verkehrsmi­nisterium habe sich „sehr begeistert“gezeigt. Doch bevor das System flächendec­kend zum Einsatz kommt, gibt es noch viel zu tun. Das Ziel: „Es soll preisgünst­ig sein und die Leitpfoste­n sollen einfach ausgetausc­ht werden können“, erklärt Gillo. Außerdem arbeiten die drei noch an der Zuverlässi­gkeit – und daran, das Modell wetterfest zu machen. Ein Problem haben sie bereits gelöst: Das System versorgt sich über eine Solarzelle sowie einen Akku mit dem benötigten Strom.

Ein Jahr haben die drei jungen Männer nun Zeit, ihr System zu perfektion­ieren. Denn sie haben sich erfolgreic­h um ein Exist-Gründersti­pendium beworben. Damit können sie eine Startup-Firma auf den Weg bringen. Das Stipendium finanziert neben Gehältern und Geld für Coaching auch noch Sachmittel in Höhe von 30 000 Euro. Neben der technische­n Weiterentw­icklung entsteht auch ein Business-Plan: Was soll der Pfosten später in der Produktion kosten? Wer sind die Abnehmer? Wie lassen sich Vertrieb und Produktion organisier­en? Und welche Normen muss er erfüllen, um überhaupt für den Einsatz zugelassen zu werden. Alles Fragen, die die drei Studenten künftig beschäftig­en werden. Doch bevor es richtig an die Arbeit geht, steht noch ein Aufenthalt in Peking auf dem Programm. Dort präsentier­en Gillo, Kirsch und Neu ihren Leitpfoste­n beim internatio­nalen Studentenw­ettbewerb „iCan“. Bei Wettbewerb­en sind sie längst alte Hasen – mit dem Leitpfoste­n haben sie schon mehrere Preise eingeheims­t.

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FOTO: RICH SERRA Die Studenten Benjamin Kirsch, Daniel Gillo und Julian Neu (von links) haben ein System entwickelt, mit dem sie über Sensoren in Leitpfoste­n Falschfahr­er erkennen können.

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