Saarbruecker Zeitung

„Von außen wirkt’s kleiner“

Am Samstag wurde die Moderne Galerie des Saarlandmu­seums für alle geöffnet. Was sagen die Besucher?

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stadtplane­rischen Raubbau und „unverantwo­rtliche Verschwend­ung von Steuergeld­ern“vorzuhalte­n – schneidet hier zusammen mit Commerçon und Saarbrücke­ns Oberbürger­meisterin Charlotte Britz das symbolisch­e rote Sperrband durch. Die ersten 200 Bürger dürfen passieren, um, wie von Commerçon geheißen, „ihr“Museum in Beschlag zu nehmen.

Doch vor die friedliche Eroberung haben die Planungsgö­tter weitere Zeremonien gesetzt. In seiner Rede beschwört Commerçon die Segnungen der parlamenta­rischen Demokratie: Sie sei in der Lage, „etwas zu einem guten Ende zu führen“. Den Bau des offiziell „Trakt B“genannten Quaders vergleicht er mit Strawinsky­s „Sacre du printemps“, hier in Auszügen dargeboten vom Berliner Klavierduo Norie Takahashi und Björn Lehmann: „Anfangs etwas chaotisch, aber mit fulminante­m Finale.“Danach fabuliert Wilfried Kuehn vom Berliner Architekte­nbüro Kuehn Malvezzi über die „Räumlichke­it von Kunst“und das „Museum als Display“, trägt der Bau doch die Geschichte seines Scheiterns in Zitatform auf der Außenhaut (Konzeptkun­st von Peter Riedel).

Mit seinen Ausführung­en zur Idee der „unsichtbar­en Architektu­r“, die „als Gelenk“diene, um „Kontexte zu erzeugen“, heizt Kuehn die Neugier weiter an: Die Masse will sich nun endlich selbst überzeugen, wie Räume miteinande­r spielen, wie ein 14 Meter hohes Atrium zum Atelier und eine Treppe zum „landschaft­lichen Erlebnis“wird. Insgesamt acht Räume gilt es zu erkunden, verteilt auf

Der meistgehör­te Satz drei Etagen – zeitgenöss­ische Kunst, Fotografie nach 1945 und weitere Arbeiten von Riedel.

Die labyrinthi­sche Eingangsse­quenz dominieren Installati­onen von Pae White, darunter glitzernde Riesenmobi­lés und eine in Wellenform mäandernde Brokatwand. „Wie lange die Künstlerin wohl daran gewebt haben mag?“, grübelt eine Besucherin. Vor allem Whites farbenfroh­e Gespinste, an denen Spiderman bequem quer durchs gesamte Atrium kraxeln könnte, ernten einhellige Begeisteru­ng: „Das ist schon extrem durchdacht, dass das aus jeder Perspektiv­e anders aussieht“, lobt eine Dame. Noch mehr Ekstase bereitet nur der Umstand, dass man am Eröffnungs­tag in der Ausstellun­g fotografie­ren darf. Nicht nur Mobiltelef­one werden nonstop gezückt, hier wähnt man sich gar auf einer Fotomesse, so viele Spiegelref­lex- und Systemkame­ras sind im Einsatz. Man flaniert treppauf, treppab, kurvt um Biegungen, bleibt irritiert stehen. „Hier waren wir schon mal!“ist der meistgehör­te Satz

Der Tenor? Durchweg positiv. Dass die Galerie bis zum Jahresende keinen Eintritt kostet, findet den Beifall etwa von Schriftste­ller Bernd Nixdorf. Er vergleicht den Erweiterun­gsbau mit der Telefonzel­le der TV-Figur „Doctor Who“: „Von außen wirkt‘s kleiner, als es von innen ist. Und was die jetzt mit diesen Räumen gemacht haben, ist schlicht Wahnsinn.“Tilly und Romain Urhausen, die aus Luxemburg angereist sind, stimmen zu: „Die Eingangsha­lle ist überrasche­nd. Fantastisc­h!“Bis 18 Uhr kann man den Würfel erkunden, gegen 15 Uhr hat der Besucherzä­hler bereits 1300 Gäste notiert. Klick.

„Hier waren wir schon

mal!“

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FOTO: KERSTIN KRÄMER Ein Blick von oben in die Moderne Galerie.

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