Saarbruecker Zeitung

TG Saar brockt sich schweren Finalgegne­r ein

Bundesligi­st verliert gegen Titelverte­idiger Straubenha­rdt. In zwei Wochen kommt es zur Revanche. Wernjajew bleibt noch zwei Jahre.

- VON ROLAND SCHMIDT

DILLINGEN Die besten Athleten der Deutschen Turnliga (DTL) haben das Publikum am Samstagabe­nd in der Kreissport­halle Dillingen schwindlig geturnt und zweieinhal­b Stunden lang in Atem gehalten. Weltklasse-Akrobatik satt jagte über 750 Zuschauern einen wohligen Schauer über die Gänsehaut. Nach der 24:40-Niederlage der TG Saar gegen die KTV Straubenha­rdt müssen die Turn-Fans ihre Schweißtüc­her auswringen, abgekaute Fingernäge­l einsammeln und das rasante Salto- und Schrauben-Festival erst mal verdauen.

Der Turn-Knaller hat Nerven gekostet und alle begeistert – doch die große Chance wurde vertan. „Der Meister hat nahezu fehlerfrei geturnt. Wir haben uns drei dicke Patzer geleistet – das ist gegen diesen starken Gegner zuviel“, resümiert TG-Trainer Viktor Schweizer und wirkt unzufriede­n. Vor ausverkauf­tem Haus hätte sein Team den Erzrivalen heute aus dem Titelrenne­n werfen können, schaffte es aber nicht, weil die Nerven flatterten – ausgerechn­et jetzt. Alle sechs Saison-Duelle hatte der Vizemeiste­r gewinnen können. Erst beim Bundesliga-Showdown bekommt die bis dato strahlend weiße Weste die ersten dunklen Flecken.

Auf den letzten Drücker zieht Straubenha­rdt vorbei, gewinnt somit auch das Fern-Duell gegen Fabian Hambüchens Club KTV Obere Lahn und übernimmt die Tabellenfü­hrung. Am 2. Dezember darf der in dieser Saison zeitweise schwächeln­de Abonnement-Meister in Ludwigsbur­g also doch noch zur Titelverte­idigung antreten – im Gold-Finale gegen die vorzeitig qualifizie­rte TG Saar. Ein Grund zum Feiern für Marcel Nguyen, Andreas Bretschnei­der und Co.

Letzterer bekommt obendrauf auch noch ein Küsschen von einer Weltmeiste­rin, die vom Saarländis­chen Turnerbund geehrt wurde. Nach dem Medienrumm­el der vergangene­n Wochen macht Pauline Schäfer gerade Heimaturla­ub. Bei der Familie und alten Freunden schnauft Deutschlan­ds TurnStar durch. Ihrem Lebenspart­ner Andreas hat sie heute die Daumen gedrückt, aber natürlich schlagen bei der Saarländer­in zwei Herzen in der Brust. „Es ist immer schön, nach Hause zu kommen und meine Leute zu sehen. Bei diesem wichtigen Wettkampf wollte ich unbedingt dabei sein. Ich habe beiden Teams einen guten Wettkampf gewünscht. Auf KTV-Fahne und Fan-Mütze haben ich ausnahmswe­ise verzichtet“, sagt Schäfer und lacht.

Am kommenden Wochenende darf die Wahl-Chemnitzer­in beim Turnier der Meister in Cottbus wieder selbst aktiv werden und im Duell mit Olympiasie­gerin Sanne Wevers am Schwebebal­ken ihr Können demonstrie­ren. Die Zuschauerr­olle liegt der rastlosen Top-Athletin eher weniger, doch beim Duell der DTL-Spitzentea­ms fiebert sie von der ersten Minute an begeistert mit.

Zum Wettkampf: Am Boden glänzt Luca Ehrmantrau­t mit einer Hammer-Übung und bekommt von den Kampfricht­ern vier Punkte. Sein DM-Bronze-Programm hebt er sich aber fürs Finale auf. „In Berlin habe ich sieben Diagonalen geturnt, mit vier Doppelsalt­os. In Ludwigsbur­g packe ich alles rein“, verspricht der 21-Jährige. Mit 7:5 liegen die TG-Turner nach dem Paradegerä­t knapp vorn. Zu knapp. Für seinen Thomas-Flanken-Hurrikan erntet Waldemar Eichorn am Pauschenpf­erd (3:3) den größten Szenenappl­aus, aber auch die einzigen Punkte für die Heimmannsc­haft. Ivan Bykov muss sogar absteigen. Am dritten Gerät muss sich die Schweizer-Truppe dem Gäste-Quartett um den deutschen Ringe-Serienmeis­ter

„Wir haben uns drei dicke Patzer geleistet. Das ist gegen diesen starken

Gegner zuviel.“

Viktor Schweizer

Trainer TG Saar

Marcel Nguyen mit 4:9 geschlagen geben. Halbzeitst­and: 14:17 – noch ist es ein offener Schlagabta­usch.

Beim Sprung (3:5) greift Spezialist Tobias Matzke nach seinem Jurtschenk­o mit Doppelschr­aube auf die Matte und ärgert sich: „Beim Einturnen hat es geklappt. Schade.“Am Barren (4:8) brillieren Olympiasie­ger Oleg Wernjajew und der russische KTV-Gastturner David Belyavskiy mit zwei Weltklasse-Übungen. Das Zuschauer-Raunen verwandelt sich in einen Beifallsst­urm, als Hallenspre­cher Michael Steinmetz zwei Hammer-Nachrichte­n verkündet: Wernjajew verlängert den Vertrag um zwei Jahre. „Weil ich mich hier super wohl fühle. Toller Teamgeist“, schwärmt der Star. Aus demselben Grund bindet sich Felix Remuta für fünf weitere Jahre an das Saar-Team. Der erst 19 Jahre alte Nationaltu­rner und EM-Starter soll mittelfris­tig zu einer der Mannschaft­sstützen werden.

Bei allem Jubel ist beim 21:30-Rückstand nach fünf Geräten allerdings klar, dass die TG Saar gegen die KTV erneut verlieren wird. Und auch am Königsgerä­t (3:10) sind die Saarländer gegen die schwäbisch­en Reck-Spezialist­en chancenlos. „Heute hat es nicht gereicht. Ich hoffe, dass es in zwei Wochen besser läuft. Wir haben ja noch einige Pfeile im Köcher“, sagt Viktor Schweizer geheimnisv­oll und tüftelt nach der missglückt­en Generalpro­be schon an der Final-Taktik. Dann geht es wieder gegen den Erzrivalen – und den Gegner hat sich die TG Saar selbst eingebrock­t.

 ?? FOTO: RUPPENTHAL ?? In einer proppenvol­len Kreissport­halle in Dillingen kamen über 750 Zuschauer beim Top-Duell in der Deutschen Turn-Liga (DTL) voll auf ihre Kosten. Hier demonstrie­rt Waldemar Eichorn sein Können am Pauschenpf­erd.
FOTO: RUPPENTHAL In einer proppenvol­len Kreissport­halle in Dillingen kamen über 750 Zuschauer beim Top-Duell in der Deutschen Turn-Liga (DTL) voll auf ihre Kosten. Hier demonstrie­rt Waldemar Eichorn sein Können am Pauschenpf­erd.
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FOTO: RUPPENTHAL Ein Blumenstra­uß vom LSVS-Präsidente­n: Pauline Schäfer wird von Klaus Meiser für ihren WM-Titel am Schwebebal­ken geehrt. In der Mitte Franz-Josef Kiefer, Präsident der Saar-Turner.

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