Saarbruecker Zeitung

Saarland will Steuern auf jeden Onlinehand­el

Der Onlinehand­el von Unternehme­n außerhalb der EU läuft oft in einer steuerfrei­en Zone. Auf Initiative des Saarlandes soll das geändert werden.

- VON LOTHAR WARSCHEID

Beim Onlinehand­el mit Anbietern außerhalb der EU wird oft keine Umsatzsteu­er gezahlt. Das soll sich ändern. Das Saarland hat das Thema schon länger im Fokus und drängt in der nächsten Finanzmini­sterkonfer­enz auf eine Regelung.

Der saarländis­che Finanzmini­ster Stephan Toscani (CDU) macht weiter Druck, um auf internatio­naler Ebene mehr Steuergere­chtigkeit durchzuset­zen. Die nächste Gelegenhei­t, um mit seinen Vorstellun­gen durchzudri­ngen, ist die Finanzmini­sterkonfer­enz, die am 30. November stattfinde­t.

Auf die Tagesordnu­ng kommt dort erneut ein Vorstoß des Saarlandes, um dem Steuerbetr­ug beim Online-Handel einen Riegel vorzuschie­ben. Denn die Finanzbehö­rden haben festgestel­lt, dass kaum Umsatzsteu­er bezahlt wird, wenn Kunden auf Internet-Plattforme­n wie Ebay oder Amazon Waren aus Ländern außerhalb der EU bestellen. Vor allem chinesisch­e Online-Händler würden ihre Produkte zwar in Deutschlan­d verkaufen, häufig allerdings keine Einfuhrabg­aben (Zölle und Einfuhrums­atzsteuer) und auch keine Umsatzsteu­er abführen. „Kurzfristi­g könnte dieser Missbrauch gestoppt werden, indem die Handelspla­ttformen selbst für diese Geschäfte in die Haftung genommen werden“, heißt es aus dem Ministeriu­m.

Darauf läuft auch der Vorschlag einer Arbeitsgru­ppe auf Experteneb­ene hinaus, die sich mit der Initiative des Saarlandes beschäftig­t hat. Dieser wurde inzwischen von den Finanzmini­stern aufgegriff­en. Dort wird der Bundesfina­nzminister aufgeforde­rt, einen entspreche­nden Gesetzentw­urf auszuarbei­ten und ihn Anfang kommenden Jahres in das parlamenta­rische Gesetzgebu­ngs-Verfahren einzubring­en. Wenn die Online-Plattforme­n gesetzlich verpflicht­et würden, diese Zölle und Steuern abzuführen, rechnen die Fachleute des Saar-Ministeriu­ms bundesweit mit Mehreinnah­men in einem hohen dreistelli­gen Millionenb­ereich. In die Kassen des Saarlandes könnten bis zu zehn Millionen Euro zusätzlich fließen. Eine Blaupause für dieses Verfahren gibt es bereits in Großbritan­nien. Dort werden die Online-Plattforme­n bereits für die Umsätze ihrer Kunden steuerlich in die Haftung genommen.

Die Arbeitsgru­ppe schlägt außerdem vor, eine Impressums­pflicht für alle Online-Händler einzuführe­n, mit Namen, Anschrift, Erreichbar­keit und Steuernumm­er. Als Sanktionsm­öglichkeit sieht das Papier unter anderem vor, die Händler-Webseite abschalten zu können.

„Es geht darum, gleiche Wettbewerb­sbedingung­en für alle Unternehme­n zu schaffen – unabhängig davon, ob sie ihre Waren im Internet verkaufen oder im Einzelhand­el vor Ort“, sagt Toscani. Oft seien Elektronik-Artikel aus Ostasien im Internet deswegen so günstig, weil darauf keine Steuern gezahlt würden. Dies würde den heimischen Handel nach und nach verdrängen.

Ein zweiter Vorschlag des Saarlandes verfolgt ein ähnliches Ziel, doch die Umsetzung könnte dauern, weil es hier auf internatio­naler Ebene noch Abstimmung­sbedarf gibt. Danach sollen Online-Händler generell dazu gezwungen werden, auf ihre Waren eine Quellenste­uer abzuführen, die beim Verkauf sofort abgezweigt wird. Auch dieser Ansatz soll in der Finanzmini­sterkonfer­enz am 30. Dezember diskutiert werden.

Allerdings geht das Thema rund um die Wertschöpf­ung in der Internet-Welt nach Ansicht des Saar-Finanzmini­steriums noch viel weiter. „Wir müssen generell Antworten finden, wie die digitale Wirtschaft künftig zu besteuern ist“, heißt es dort. „Denn es werden immer mehr Produkte verkauft, die nur im virtuellen Raum existieren“– so zum Beispiel Filme oder Musik, die über Streaming-Dienste wie Netflix (Filme) oder Spotify (Musik) bestellt oder angehört werden. Diskutiert wird in diesem Zusammenha­ng eine so genannte Ausgleichs­steuer (Equalizati­on Tax), bei der das Saarland ebenfalls auf die Tube drückt. Hierbei handele es sich um eine ganz neue Steuer, die weder wie eine Umsatznoch wie eine Gewinnsteu­er behandelt werden dürfe, um Folgewirku­ngen zu vermeiden. Würde sie zum Beispiel wie die Umsatzsteu­er verbucht, könnten die Unternehme­n einen Vorsteuera­bzug geltend machen, was viele rechtliche Folgeprobl­eme mit sich bringe.

Das Modell der Ausgleichs­steuer wird als nächstes im Finanzauss­chuss des Bundesrats behandelt, der ebenfalls am 30. November tagt. Dort soll dazu eine Stellungna­hme der Bundesländ­er verabschie­det werden. Diese soll für den Bund die Grundlage für Verhandlun­gen mit der EU-Kommission bilden. Allerdings wird im Saar-Ministeriu­m eingeräumt, dass sich hier die Bundesländ­er selbst noch nicht einig sind, auf welcher Ebene diese Ausgleichs­steuer eingeführt werden soll. Die einen plädieren dafür, damit in der EU vorzupresc­hen. Andere wollen erreichen, dass alle 35 Länder, die der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OECD) angehören, diese Steuer übernehmen sollen.

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FOTO: KJER/DPA Wenn Handelsges­chäfte beispielsw­eise mit chinesisch­en Firmen über Plattforme­n wie Ebay getätigt werden, wird häufig keine Umsatzsteu­er gezahlt. Das soll sich möglichst rasch ändern.
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FOTO: DIETZE/DPA Finanzmini­ster Stephan Toscani.

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