Saarbruecker Zeitung

Nie wieder Umfallerpa­rtei

Statt der CSU brachte am Ende die FDP die Jamaika-Gespräche zum Platzen.

- VON WERNER KOLHOFF

Man hatte mit der CSU als Jamaika-Killer gerechnet, nicht mit der FDP. Doch wer Christian Lindner in den letzten Monaten vor und nach der Wahl zugehört hat, kann nicht ganz überrascht sein. Der 38-Jährige hat schon lange mangelnde Konsequenz als Ursache für das Scheitern der Liberalen bei der Wahl 2013 ausgemacht. In seinem jüngst erschienen Buch „Schattenja­hre“schrieb er: „Wenn die Grenze der Glaubwürdi­gkeit überschrit­ten wird, ist es besser, von Bord zu gehen“. Die FDP müsse ihr altes Image als Umfallerpa­rtei ebenso loswerden, wie das, bloßes Anhängsel der Union zu sein, dem es nur um die Posten gehe.

Das ist Lindners Credo. Seine Erklärung von Sonntagnac­ht, mit der er die Sondierung­en beendete, klang entspreche­nd: „Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren“. Lindners Unabhängig­keitskurs hatte schon in Niedersach­sen zur Ablehnung einer Ampelkoali­tion mit der SPD und den Grünen geführt. Nun geht es auch nicht mit Union und Grünen. Die FDP gibt sich bockbeinig wie noch nie in ihrer Geschichte.

In den Parteigrem­ien erhielt der Vorsitzend­e für seinen Kurs einstimmig Rückendeck­ung. Bei seinen Verhandlun­gspartnern von Union und Grünen sind freilich nicht wenige der Meinung, dass Lindner Jamaika absichtlic­h scheitern ließ. Hingewiese­n wird darauf, dass er schon vor der Bundestags­wahl deutlich gemacht hatte, dass ihm nach der außerparla­mentarisch­en Zeit zunächst der Platz in der Opposition lieber wäre, am liebsten gegen eine große Koalition. Das schlechte Abschneide­n der SPD verbaute eine solche Regierungs­möglichkei­t aber und zwang zu den Jamaika-Gesprächen. Auffällig war tatsächlic­h, wie schnell die FDP noch in der Nacht in den sozialen Medien Lindners Sprachrege­lung kommunizie­rte. CDU-Vize Julia Klöckner sprach von „gut vorbereite­ter Spontanitä­t“.

In der Pressekonf­erenz nach der gemeinsame­n Sitzung von Vorstand und Fraktion nannte Lindner das eine „Legendenbi­ldung“und lieferte einen Schwall von Gründen für das Scheitern der Verhandlun­gen nach. Ob Solidaritä­tszuschlag, Migration, Kohle oder Bildung – überall seien im Verlauf des Sonntags schon verabredet­e Kompromiss­e von den anderen Partnern wieder in Frage gestellt worden. Bereits am Vortag habe er der Union in kleiner Runde mitgeteilt, dass er kaum noch Chancen sehe. Irgendwann am Abend habe man gemeinsam in der FDP-Delegation dann endgültig entschiede­n, dass „Jamaika weder das Land nach vorne gebracht hätte, noch hinreichen­d stabil gewesen wäre“. Lindner teilte das den anderen Parteien mit. Danach, so Parteivize Wolfgang Kubicki, „wurde es uns zu blöd und wir sind gegangen“.

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