Vom rechten Weg abgekommen
Ein junger Mann lässt sich in dem Zweiteiler „Brüder“von einem Salafisten manipulieren.
SAARBRÜCKEN (ry) Informatikstudent Jan Welke (Edin Hasanovic) lebt sein Studentendasein zwischen Hörsaal und Klub ohne nennenswerte innere Beteiligung. Eine große innere Leere hat ihn erfasst, unbewusst sehnt er sich nach einer neuen Wahrheit, die ihm Sinn und Ziel geben kann. Jans Mitbewohner Tariq al-Jabari (Erol Afsin), ein Arzt im Praktikum, hat ganz unmittelbare Probleme: Seine Eltern und sein jüngerer Bruder sind in Syrien eingeschlossen. Nur die Schwester Samia (Zainab Alsawah) schafft es nach Deutschland und hofft jetzt auf einen Aufenthaltstitel. Jan setzt sich für sie ein und scheitert – die traumatisierte junge Frau soll zurück nach Bulgarien, wo sie bereits von den Behörden erfasst wurde.
Als Jan den bosnischen Salafisten Abadin Hasanovic (Tamer Yigit) kennenlernt, ist er fasziniert von der Selbstverständlichkeit, mit der dieser die Fragen mit ihm bespricht, die Jan umtreiben. Zwar will Jan vom Islam zunächst nichts wissen, aber bei Hasanovic und seinen Glaubensbrüdern findet er Gemeinschaft, Ruhe und Orientierung. Die Männer sind stolz darauf, sich als die „al-Ghurabaa“, die Fremden in der Welt, zu sehen. Das Gefühl von Fremdheit, das auch Jan spürt, ist für Hasanovic und seine Brüder kein Makel, sondern eine Auszeichnung – ein Zeichen des Erwachens zur Wahrheit.
Jan fängt an, sich intensiv mit den Predigten von Hasanovic zu beschäftigen und konvertiert. Gegen die Feinde der Gemeinschaft will er sich jetzt einsetzen, gegen jene, die ein nutzloses, egoistisches Leben führen und gegen Assad, dessen Soldaten das Leben von Tariqs Familie bedroht haben. Er überredet Tariq, sich von Abadin Hanasovic helfen zu lassen, um den Rest seiner Familie aus Syrien zu holen. Dank dessen Verbindungen können die beiden über Anatolien nach Syrien reisen. An einem Checkpoint des IS wird Jan vor Tariqs Augen von den Kämpfern festgenommen und weggebracht.
„Brüder“von Regisseur Züli Aladag („Wut“) beruht auf der Buchvorlage von Kristin Derfler und zeichnet mit genauem Blick und nahe an seinem Protagonisten die allmähliche Radikalisierung eines von der westlichen Lebensweise desillusionierten jungen Mannes nach und kontrastiert dessen Überzeugungen mit der liberalen Haltung seines syrischen Freundes. Der Zweiteiler beruht auf intensiven Recherchen, unterstützt von Islamwissenschaftlern, Nahostund Militärexperten. Nach den Tagesthemen läuft mit „Sebastian wird Salafist“um 23.45 Uhr noch eine Doku, die sich näher mit dem Thema beschäftigt.
Brüder (1+2/2), 20.15 Uhr, ARD