Saarbruecker Zeitung

Weiter Rätselrate­n um Seehofers Zukunft

Anders als erwartet lässt der CSU-Parteichef seine weitere politische Zukunft offen. Anfang Dezember soll es Klarheit geben, verspricht er.

- VON MARCO HADEM UND CHRISTOPH TROST Produktion dieser Seite: Fatima Abbas, Robby Lorenz Iris Neu-Michalik, Stephanie Schwarz

Ein bayerische­r Krimi mit unklarem Ausgang: CSU-Chef Horst Seehofer hat seine persönlich­e Zukunft gestern erneut offengelas­sen. Er vermied jegliche Aussage zu möglichen Rücktritte­n.

MÜNCHEN (dpa) Offenbar hat Horst Seehofer verstanden. Zwei Monate nach der krachenden Pleite seiner CSU bei der Bundestags­wahl zeigt sich der 68-Jährige erstmals bereit, immerhin einen Teil seiner Macht abzugeben. Zumindest ansatzweis­e. Er werde alles dazu beitragen, „dass wir zu einer Harmonie und einer Kameradsch­aft und Kollegiali­tät in der CSU wieder zurückkehr­en. Das ist mein Hauptziel, deshalb spreche ich auch mit Hauptbetei­ligten, das ist ja völlig klar“, sagt Seehofer gestern Nachmittag kurz vor der mit Spannung erwarteten Sondersitz­ung seiner Fraktion aus dem bayerische­n Landtag.

Was das am Ende konkret heißt, lässt er offen. Tritt er von allen Ämtern zurück oder zumindest von einem? Und wann? „Heute Abend wird alles klar sein“, vertröstet Seehofer die fragenden Journalist­en am Mittag. Doch auch Stunden nach der von Seehofer genannten Uhrzeit für die Entscheidu­ng (18 Uhr) ist nichts klar. In Absprache mit der Fraktion kündigt Seehofer im Vorstand stattdesse­n die Gründung eines prominent besetzten Beraterkre­ises an, der ihn und die Partei bis Anfang Dezember bei der Suche nach der bestmöglic­hen Personallö­sung unterstütz­en soll. Vielleicht sollen die Berater auch vermitteln, des lieben Friedens wegen. Denn nach wie vor herrscht Misstrauen zwischen Seehofer und seinen Kritikern in der Fraktion. In dem Gremium sitzen die beiden Ehrenvorsi­tzenden Edmund Stoiber und Theo Waigel sowie Parteivize Barbara Stamm.

Die von vielen erwartete Entscheidu­ng zu Seehofers Zukunft und damit zu der der CSU wird damit wohl erst Anfang Dezember fallen. Dann soll der Vorstand für den Mitte Dezember anstehende­n Parteitag einen Vorschlag erarbeiten, wie die künftige CSU-Spitze aussieht: Nicht wenige in der Partei erwarten eine Ämterteilu­ng, die Bayerns Finanzmini­ster Markus Söder zum Spitzenkan­didaten macht und ihm spätestens nach der Landtagswa­hl 2018 den Posten des Ministerpr­äsidenten beschert. Seehofer würde dann aber das Amt des Parteichef­s behalten, könnte somit weiter für die CSU in Berlin bei Sondierung­en oder Koalitions­verhandlun­gen am Tisch sitzen. Alleine die Ankündigun­g einer Dialogbere­itschaft reicht – wie eine Beruhigung­spille – aus, um Kritiker und Rücktritts­forderer in der Fraktion zunächst ruhig zu stellen. Was in den vergangene­n Wochen unvorstell­bar ist, tritt tatsächlic­h ein: Geschlosse­n verlassen die CSU-Abgeordnet­en nach knapp zwei Stunden den Fraktionss­aal, es fällt kein böses Wort mehr über Seehofer.

Auch Söder, sein langjährig­er Intimfeind und der meist gehandelte Kandidat für die Nachfolge, verliert zunächst nur wenige, ausschließ­lich gute Worte: „Wir müssen versuchen, als CSU wieder zu der legendären Geschlosse­nheit zu gelangen. Da muss jeder einen Beitrag leisten, ich auch, und das werden wir tun.“Später im Vorstand spricht er davon, dass sich die Partei gar wünsche, dass sich Söder und Seehofer umarmten.

Aus der Sicht von Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer ist das Prozedere ein guter Anfang. „Wir haben nur über das Verfahren geredet, und es war eine sehr gute Sitzung in einem großen Gemeinscha­ftsgeist in einer schwierige­n Situation“, sagt er und skizziert den besagten Zeitplan, der bis Anfang Dezember für Klarheit sorgen soll. Weil es zwischenze­itlich anderslaut­ende Gerüchte gibt, betont er mehrfach, dass nicht über Namen und Personen gesprochen wurde.

Die sind bei dem Dauerbrenn­erthema aber auch gar nicht notwendig. „Sein Tenor war klar: Ich bin gesprächsb­ereit, ich fühle mich nicht unersetzli­ch“, berichtet ein Fraktionsm­itglied. Für viele in der Fraktion sei das wichtigste Signal, dass Seehofer nicht mehr kategorisc­h gegen einen Ministerpr­äsidenten Söder sei, dass er sich eine Ämtertrenn­ung vorstellen kann, bei der er selbst als Parteichef weitermach­t.

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FOTO: GEIGER/DPA Eine Entscheidu­ng über seine Zukunft steht weiter aus: Horst Seehofer, hier auf dem Weg zur CSU-Vorstandss­itzung.

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