Saarbruecker Zeitung

Verdi Saar rügt Bachmann wegen Klinik-Gutachten

Das Krankenhau­sGutachten der CDU/SPDLandesr­egierung stößt bei der Gewerkscha­ft Verdi und der Opposition auf heftige Kritik.

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

SAARBRÜCKE­N (dik) Die Gewerkscha­ft Verdi und die Opposition haben gestern das Krankenhau­sgutachten der Landesregi­erung scharf kritisiert. „Wo sind die versproche­nen 1000 Stellen?“, fragte Verdi-Sekretär Michael Quetting an die Adresse von Gesundheit­sministeri­n Monika Bachmann (CDU) gerichtet. Das Gutachten gebe keine Vorgaben für Personal-Untergrenz­en auf den Stationen. Bachmann müsse jetzt die Personal-Vorgaben machen, so Quetting. Linken-Landeschef­in Astrid Schramm sagte, dass die Klinikträg­er wegen fehlender gesetzlich­er Vorgaben beim Personal sparten, um Spielräume für Investitio­nen zu bekommen. Schon jetzt fehle Personal „an allen Ecken und Enden“. Der Chef der Saar-Grünen, Markus Tressel, forderte eine länderüber­greifende Krankenhau­splanung.

SAARBRÜCKE­N Verdi-Gewerkscha­ftssekretä­r Michael Quetting sagte gestern: „Das Gutachten ist eine bittere Enttäuschu­ng für die Beschäftig­ten in den saarländis­chen Krankenhäu­sern. Offensicht­lich sollen die Versprechu­ngen der Landesregi­erung, für die Stationen in den Krankenhäu­sern Personalmi­ndestzahle­n als Qualitätsi­ndikator festzulege­n, nicht eingehalte­n werden. Wir erwarten, dass die Landesregi­erung mit ihrem Plan nicht diesem Gutachten folgt. Wo sind die versproche­nen 1000 Stellen?“Quetting forderte Gesundheit­sministeri­n Monika Bachmann (CDU) auf, das Gutachten der Beraterfir­ma Aktiva nicht umzusetzen. „Ich bin der Meinung, dass Bachmann die Vorgaben machen muss“, betonte Quetting. Verdi werde weiter im Bachmannsc­hen Pflegepakt mitarbeite­n. Aber wenn sie keine Personalvo­rgaben mache, müsse Verdi „noch mal zum Kampf blasen“, so Quetting.

Im Gutachten werde von einem weiteren Anstieg der Fallzahlen von 2,7 Prozent ausgegange­n, die Patienten werden an der Saar schneller entlassen und die Betten-Belegung sei mit 85 Prozent deutlich höher als im Bundesgebi­et. Etwa 300 Betten fehlten. „Der ökonomisch­e Druck wird zu einer weiteren Arbeitsver­dichtung führen und damit zu relativ weniger Pflegepers­onal“, befürchtet­e der Verdi-Experte. Der Gutachter sei aber nicht in der Lage, Vorschläge für die Personalbe­setzung zu machen. Quetting: „Das ist peinlich und Verdi wird sich das nicht gefallen lassen.“

Man brauche keine wissenscha­ftliche Ausbildung zu haben, um zu erkennen, dass eine Pflegefach­kraft auf bis zu 40 Patienten im Nachtdiens­t lebensgefä­hrlich sei, betonte der Gesundheit­sexperte. In dem Aktiva-Gutachten gebe es keine Vorschläge für Personalvo­rgaben. Die von Bachmann angekündig­te Vorreiterr­olle des Saarlandes für mehr Pflegestel­len werde nicht umgesetzt.

DieVerdi-Delegierte­n der Saar-Krankenhäu­ser verlangten eine Festlegung von Mindestbes­etzungen auf Normalstat­ionen, die nicht unterschri­tten werden können. Das müssten die Betriebspa­rteien vereinbare­n. Wenn man zu keiner Einigung komme, dann gelte die Regel: auf fünf Patienten eine Pflegekraf­t. Auf Intensivst­ationen sei eine Mindestbes­etzung von einer examiniert­en Pflegekraf­t auf zwei Patienten zu gewährleis­ten. Pro Operations­aal müssten zwei OP-Pflegekräf­te und eine Anästhesie-Pflegekraf­t als Mindestbes­etzung gesichert sein. Nach drei Nachtschic­hten in Folge müsse ein bezahlter Ausschlaft­ag eingelegt werden. Ebenso nach einem Bereitscha­ftsdienst.

Astrid Schramm, die gesundheit­spolitisch­e Sprecherin der Linksfrakt­ion und Saar-Linken-Chefin sagte, dass es unverständ­lich sei, warum die Gutachter zwar eine Aufstockun­g der Bettenzahl forderten, aber keine Vorschläge für eine dafür nötige Personalbe­setzung machten. „Schon jetzt fehlt Pflegepers­onal an allen Ecken und Enden. Wenn man zu Recht mehr Patienten versorgen will, muss es aber erst Recht mehr Personal für Betreuung und Pflege geben“, betonte Schramm. Vor allem müsse der hohe Investitio­nsstau von aktuell 433 Millionen

„Das ist peinlich.“Michael Quetting Verdi-Sekretär

Euro abgebaut werden. Denn wenn den Kliniken Investitio­nsmittel fehlten und es keine gesetzlich vorgeschri­ebene Personalbe­messung gebe, sparten die Träger beim Pflegepers­onal.

Der Landeschef der nicht im Landtag vertretene­n Grünen Markus Tressel betonte, man könne nicht einerseits Klinikschl­ießungen finanziell unterstütz­en, wenn anderersei­ts dringend Hunderte neue Betten notwendig seien. Zugleich sei es erforderli­ch, künftig länderüber­greifend zu planen und die Personalis­ierung sicherzust­ellen.

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FOTO: BECKERBRED­EL Im März demonstrie­rten Krankenhau­s-Mitarbeite­r in Saarbrücke­n für mehr Pflegepers­onal.

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