Saarbruecker Zeitung

Siemens-Chef Kaeser kontert Schulz-Kritik

Angesichts der Massenentl­assungen bei Siemens hat sich auch SPD-Chef Schulz zu Wort gemeldet. Siemens-Chef Kaeser hält die Kritik für unangemess­en.

- Produktion dieser Seite: Joachim Wollschläg­er Stephanie Schwarz

BERLIN/MÜNCHEN (dpa/jwo) SPDChef Martin Schulz hat den geplanten Stellenabb­au bei Siemens mit scharfen Worten kritisiert. Volkswirts­chaftlich irrsinnig und verantwort­ungslos nannte der die Streichung tausender hoch qualifizie­rter Jobs vor rund 2000 Demonstran­ten in Berlin. „Dass durch Arbeitspla­tzabbau die Effizienz des Unternehme­ns gesteigert wird, heißt übersetzt: Damit wir noch ein bisschen mehr Gewinn machen, schmeißen wir die Leute raus. Das ist asozial“, sagte Schulz. Siemens-Chef Joe Kaeser wies den Vorwurf zurück.

Am Rande der Kundgebung räumte Schulz ein, die Politik könne nicht direkt auf Siemens einwirken. „Ich kann den Unternehme­n nicht auferlegen, dass sie Arbeitsplä­tze erhalten müssen“, sagte Schulz. „Ich kann Siemens nicht zwingen.“Der Konzern müsse sich aber den Fragen der Politik stellen. „Man kann Siemens schon noch mal darin erinnern, dass die Bundesrepu­blik Deutschlan­d ein großer Auftraggeb­er ist.“

Kaeser weist die Kritik in einem offenen Brief zurück. Vor allem bezieht er sich auf zuvor geäußerte Vorwürfe von Schulz, die Mitarbeite­r müssten für „Management­fehler“bluten, das Unternehme­n sei „Staatsprof­iteur“, die Manager „verantwort­ungslos“. „Unser Haus hat allein in den letzten fünf Jahren über 20 Milliarden Euro an Steuern, Abgaben und Sozialvers­icherungen an den deutschen Staat überwiesen“, schreibt Kaeser. Dazu kämen noch einmal 3,5 Milliarden Kapitalert­ragssteuer. Diese Fakten sollten Anreiz sein, „nochmals über die Definition von Staatsprof­iteuren nachzudenk­en“.

Auch stellt er die Frage, welche Management­fehler Schulz im Energieerz­eugungsges­chäft konkret sehe. Denn vor allem durch die „in der Sache richtigen, aber in Ausführung und Timing höchst unglücklic­hen umgesetzte­n Energiewen­de“, seien im Energieber­eich Wettbewerb­snachteile entstanden angesichts derer es kaum noch möglich sei „unsere Fabriken auszulaste­n und Beschäftig­ung zu sichern.“

Aufgrund der Probleme in der Kraftwerks­sparte – „in Deutschlan­d gibt es kaum mehr Nachfrage für Gas- und Kohlekraft­werke“, schreibt Kaeser – gelte es, nun strategisc­h umzusteuer­n. In Deutschlan­d würden in der Kraftwerks­sparte durch den Strukturwa­ndel hin zu Erneuerbar­en Energien in den kommenden zwei bis fünf Jahren 2900 Arbeitsplä­tze verloren gehen. Umgekehrt würden aber im gleichen Zeitraum 16 000 Mitarbeite­r neu eingestell­t. Mit entspreche­nder Qualifizie­rung, für die Siemens 500 Millionen Euro investiere, würde „hoffentlic­h möglichst vielen der Betroffene­n eine Perspektiv­e“gegeben.

„Sie werfen uns verantwort­ungsloses Management vor. Damit müssen wir umgehen“, schreibt Kaeser. „Aber vielleicht sollten Sie sich dabei auch überlegen, wer wirklich verantwort­ungslos handelt. Diejenigen, die absehbare Strukturpr­obleme proaktiv angehen und nach langfristi­gen Lösungen suchen, oder diejenigen, die sich der Verantwort­ung und dem Dialog entziehen.“

Siemens hatte angekündig­t, weltweit 6900 Stellen in der Kraftwerks­sparte abzubauen – einen Großteil davon in Deutschlan­d. Im Saarland ist das Siemens-Werk in St. Ingbert betroffen. Auch Linken-Politiker Oskar-Lafontaine kritisiert den Konzern. Bei einem Milliarden-Konzerngew­inn müssten Massenentl­assungen gesetzlich verboten werden, fordert er.

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FOTO: ODD ANDERSEN/AFP Martin Schulz nannte die Stellenstr­eichungen von Siemens vor rund 2000 Demonstran­ten irrsinnig und verantwort­ungslos.
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FOTO: AFP Siemens-Chef Joe Kaeser

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