Saarbruecker Zeitung

Die im Dunkeln versteht man besser

Wie der Prolog des Saarbrücke­r Festivals Primeurs im Forbacher Le Carreau zum Theaterere­ignis wurde.

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nachtschwa­rzem Dunkeln. Zu Anfang erhält man lediglich eine eingesproc­hene Beschreibu­ng des Orts des Geschehens. Dazu zeichnet eine unsichtbar­e Hand – eine Filmprojek­tion – auf einen Gazevorhan­g das Bild einer Küche, die man sich im folgenden „Theater im Dunkeln“ebenso wie das Spiel und Aussehen der Akteure vor dem inneren Auge (wieder) imaginiere­n muss. Marini hat die Geschichte, wie sie nach der Vorstellun­g erklärt, unter der Leitfrage ausgestalt­et, wie ein kleines Kind das Zusammenle­ben mit einer Toten seelisch, aber auch praktisch meistert.

Es wird psychologi­sch plausibel, doch recht konvention­ell erzählt. Das Kind, mit der Mutter ein Herz und eine Seele, hält diese für tief schlafend wie ein Dornrösche­n und will sie aus Rücksicht nicht wecken. Geschickt baut Marini das Verdrängen als Leitmotiv in ihr Stück ein: So wie die Mutter bis kurz vor ihrem Tod die Vergewalti­gung durch den Stiefvater verdrängt, verdrängt der Sohn nun ihren Tod und rettet sich in Märchen.

Eine Wucht aber ist, wie die drei Schauspiel­er nur mit ihren Stimmen und Geräuschen, Emotionen und räumliches Spiel vermitteln können. Natürlich müssen sie dabei etwas übertreibe­n, um das Fehlen visueller Informatio­nen auszugleic­hen. Auch aus pragmatisc­hen Gründe habe er diese Inszenieru­ng gewählt, erklärt der aus Belgien stammende Regisseur Armand Eloi später. Denn man könne einem Kind einen so langen Auftritt nicht zumuten. Auch hätte man das Zusammenle­ben mit einer verwesende­n Leiche wohl nie so glaubwürdi­g spielen können, wie es nun in der Vorstellun­gskraft des Zuschauers möglich ist, möchte man hinzufügen.

Ein durchaus gelungener Auftakt also für das Festival der frankophon­en Gegenwarts­dramatik, das bis Samstag in Saarbrücke­ns Alten Feuerwache in Werkstatti­nszenierun­gen den Fokus mehr auf innovative Texte legen wird.

Heute: 19 Uhr (Alte Feuerwache): „Im Herzen tickt eine Bombe“von Wajdi Mouawad; 20.30 Uhr: „Frühlingsg­efühle“von Aiat Fayez.

Samstag: 18 Uhr: „Inside Georges“von Emmanuelle Demestream­au; 19.30

Uhr: „Auf einer Insel“von Camille de Toledo; 21 Uhr: „Die 24 Stunden der Tina Pools auf der Suche nach ihrem Glück“von Marie Henry. Anschließe­nd Verleihung der beiden Primeurs-Preise für Autoren und Übersetzer. Ab 23 Uhr: Abschlussp­arty in der Sparte vier. Karten unter (0681) 30 92 486.

Infos, auch zum Begleitpro­gramm: www.festivalpr­imeurs.eu

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