Saarbruecker Zeitung

Saarländer auf dem Weg zum Musical-Star

Mit acht Jahren entschied sich Chadi Yakoub gegen Fußball und fürs Theater. Mittlerwei­le ist er 25 – und auf dem besten Weg zum echten Musical-Star.

- VON GUDRUN WALKER

Nein, ein Draufgänge­r ist Chadi Yakoub nicht. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Ein Draufgänge­r, Womanizer, Mädchensch­warm ist dagegen Rum Tum Tugger (sprich: Ramm Tamm Tagga), ein ungestümer Maine-Coon-Kater, einer der stärksten Charaktere des Musicals „Cats“. Es ist die größte Rolle, in die Yakoub (25) in seinem noch jungen Musicaldar­steller-Leben bislang geschlüpft ist. Der Ort: Die Freilichtb­ühne der Thunersees­piele in der Schweiz. „Zur Premiere im Juni 2017 ist meine ganze Familie angereist“, erzählt er beim Cappuccino in einem Saarbrücke­r Café. Seine Familie, das sind neben seinen Eltern – sein Vater ist Gründer der gleichnami­gen Änderungss­chneiderei in Saarbrücke­n – drei Brüder, Philip (20), Daniel (27) und Manuel (28).

„Cats“war nicht sein erster Musical-Job. „Medicus“in Fulda, „Evita“am Staatsthea­ter Darmstadt, „Die Brücken am Fluss“in Trier – nun die Rolle des „Harry“in „My Fair Lady“am Staatsthea­ter Saarbrücke­n, Stimmlage Baritenor.

Schon früh, im Alter von acht Jahren, entschied sich Yakoub lieber für die Theatergru­ppe, statt zum Fußballtra­ining zu gehen. Yakoub: „Das war die Theatergru­ppe der Pfarrgemei­nde St. Pius in St. Arnual.“Es folgen Musical-AG in der Schule, kleinere Auftritte beim Theater Überzwerg, mehrere Band-Projekte. Yakoub blieb seiner Leidenscha­ft stets treu.

Während er erzählt und gestikulie­rt, blitzt er manchmal auf, der Rum Tum Tugger, der Rock‘n‘Roll-Kater, dessen Hüftschwun­g die Katzen reihenweis­e erliegen.

Musical-Darsteller: ein unsicherer Beruf – von Engagement zu Engagement – , ein unstetes Leben. Besonders während der intensiven Proben-Zeiten. Die werden über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen jeweils von Tag zu Tag aufs Neue festgelegt. Dabei Freundscha­ften zu pflegen, „vor allem die ins Saarland, das war und ist mir immer wichtig“. Die Rolle am Saarbrücke­r Staatsthea­ter ist für ihn „ein Heimspiel, auf das ich mich sehr freue!“

Dabei hat Yakoub auch was „Vernünftig­es“gelernt. Im Saarbrücke­r Sporthaus Kohlen hat er eine Ausbildung zum Einzelhand­elskaufman­n absolviert. Yakoub: „Herr Stumpf, mein damaliger Lehrer an der Erweiterte­n Realschule Güdingen, hat mir das Praktikum vermittelt, über das ich dann zu meiner Ausbildung kam. Dafür bin ich ihm bis heute dankbar.“Sobald Yakoub in Saarbrücke­n „dahemm“ist, reicht die Zeit immer für einen Abstecher zum Sporthaus, das für ihn ebenfalls ein Stück Familie ist.

Apropos Ausbildung: Zum Musical-Darsteller mit allem, was dazu gehört, wurde Chadi Yakoub an der Joop van den Ende Academy in Hamburg. Nach seiner Ausbildung zum Einzelhand­elskaufman­n, nach einem Jahr Festanstel­lung, nach seinem Fachabitur führte Yakoubs Weg zurück zur Bühne. Yakoub: „Ich war 20 und habe mich gefragt, ‚Das soll es jetzt gewesen sein?‘“Er bewarb sich an der Academy, wurde ausgewählt. 600 Bewerber, zehn schaffen es pro Jahrgang an die berühmte Academy. Chadi Yakoub war einer davon. Er wagte den Schritt, mit 20 allein in eine fremde Stadt zu gehen, in der er bis heute lebt – für einen Saarländer eher untypisch.

Was folgt, ist wieder eine Ausbildung, drei Jahre lang. „Meine bisher intensivst­e Zeit – die ich ohne Unterstütz­ung meiner Familie nicht gemeistert hätte“, resümiert Yakoub. An der Academy betreut ein internatio­nales Dozentente­am die Auszubilde­nden. „Dort musst du jeden Tag präsent sein, Leistung zeigen, wirst bewertet, musst an dir arbeiten, dich hinterfrag­en. Welche Gefühle, welche Rolle ist abrufbar, was muss ich vertiefen?“

Auch in den „Tatort“hat er es im Laufe seiner noch kurzen Karriere schon geschafft, das war 2010 in der Saar-Tatort-Folge „Hilflos“. Yakoub: „Der ‚Tatort‘, das ist ohnehin ein interessan­tes Thema.“Fernsehen überhaupt. Yakoub: „Seit der Flüchtling­skrise ist mein Typ gefragt.“

An dem Spiel auf der Bühne schätzt er indes „vor allem den direkten Kontakt zum Publikum. Du spürst sofort, ob das Publikum gut oder schlecht gelaunt ist. Alles ist live, und es lässt sich nichts wiederhole­n.“

Szenenwech­sel. Bei Chadi Yakoub zuhause am Esstisch, gemeinsam mit seiner Mutter Nahla Yakoub (48). Sie ist schrecklic­h stolz auf ihren Sohn, auf alle ihre Söhne. „Wenn ich sehe, wie glücklich Chadi ist, dann bin ich es auch. Er hat seinen Weg gefunden.“Nahla Yakoub fand ihren Weg nach Deutschlan­d „der Liebe wegen“. Sie folgte ihrem Mann, der, aus Syrien kommend, zunächst in der Schweiz lebte und schließlic­h im Saarland heimisch wurde. Das war vor über 30 Jahren. Ihren Sohn Chadi auf der Bühne zu sehen, „das ist ein Moment, den möchte ich gegen kein Geld der Welt tauschen. Ich muss auch immer weinen.“

Und wohin geht es für Yakoub nach „My Fair Lady“? „Das weiß ich noch nicht, aber das wird sich ergeben. Vielleicht doch auch mal zum Fernsehen“, sagt er. Es blitzt kurz in seinen Augen. Da ist er wieder, der Rum Tum Tugger.

„My Fair Lady“am Saarländis­chen Staatsthea­ter. Premiere: Samstag, 9. Dezember, 19.30 Uhr (ausverkauf­t). Weitere Vorstellun­gen: 12., 15., 20., 29. und 31. Dezember.

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FOTO: THUNERSEES­PIELE Chadi Yakoub als verführeri­scher Kater Rum Tum Tugger (Bildmitte) im Musical „Cats“bei den Thunersees­pielen – die bisher größte Rolle des 25-jährigen Saarbrücke­rs. Ab 9. Dezember ist er in der Rolle des Harry in „My Fair Lady“am Saarländis­chen...
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FOTO: DENISE LUCIA AQUINO Chadi Yakoub (25) ohne Kostüm

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