Saarbruecker Zeitung

US-Außenminis­ter Tillerson soll offenbar abgelöst werden

Viele sehen den amerikanis­chen Chefdiplom­aten als Stimme der Vernunft. Offenbar will ihn Trump jetzt ablösen lassen.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON (afp/dpa) US-Außenminis­ter Rex Tillerson steht einem Bericht zufolge kurz vor seiner Ablösung. Wie die „New York Times“gestern unter Berufung auf ranghohe Behördenve­rtreter meldete, soll er durch CIA-Chef Mike Pompeo ersetzt werden. Der Wechsel an der Spitze des Außenminis­teriums sei vom Stabschef des Weißen Hauses, John Kelly, eingefädel­t worden und solle „in den kommenden Wochen“vollzogen werden. Andere US-Medien sprachen von einem Zeitrahmen von „Monaten“. Das Weiße Haus dementiert­e die Berichte nur halbherzig. „Es gibt derzeit keine Personalie­n zu verkünden“, sagte Sprecherin Sarah Sanders gestern.

Es ist ein fast schon kurioser Zufall der Diplomatie-Geschichte. Kaum hatte Rex Tillerson seine Amtsräume in der siebten Etage des State Department bezogen, war Sigmar Gabriel Anfang Februar der erste Außenminis­ter, der ihn besuchte. Inmitten von Aktenberge­n und Umzugskist­en, wie der Gast aus Berlin seinerzeit, selber gezeichnet von einer kaum überstande­nen Grippe, erzählte. Zehn Monate später ist er vielleicht einer der letzten Politiker von Rang gewesen, die dem scheidende­n Chefdiplom­aten der USA ihre Aufwartung machen.

„Wir beschäftig­en uns nicht mit Eilmeldung­en“, sagt Gabriel, als er nach dem Gespräch auf die Meldung des Tages angesproch­en wird. Die war ausgerechn­et zu der Zeit über die Ticker gelaufen, am Donnerstag gegen zehn Uhr Ortszeit, als er mit Tillerson Themen wie Nordkorea, Iran und die Ukraine durchging. Der einstige Ölmanager aus Texas, berichten amerikanis­che Medien, soll entweder am Ende des alten oder gleich zu Beginn des neuen Jahres abgelöst werden, unter Umständen sogar noch früher. John Kelly, der Stabschef im Weißen Haus, habe eine Personalro­chade geplant, um drei Schlüsselp­osten der Außenund Sicherheit­spolitik neu zu besetzen. Donald Trump, hieß es, müsse dem Plan seines resoluten Cheforgani­sators noch grünes Licht geben, das Verhältnis zu seinem Außenminis­ter sei allerdings derart angespannt, dass er Tillerson tatsächlic­h loswerden wolle.

Folgt man den Eilmeldung­en, dann soll Mike Pompeo an die Spitze des Außenminis­teriums aufrücken, der bisherige Direktor der CIA. Die Leitung des Auslandsge­heimdienst­s soll wiederum Tom Cotton übernehmen, ein Senator aus Arkansas, der für Wirbel sorgte, als er das Atomabkomm­en mit Iran durch einen offenen – und zugleich offen provokante­n – Brief an die Ajatollahs in Teheran zu verhindern suchte. Beide, Pompeo wie Cotton, sind politisch auf dem rechten Flügel der Republikan­ischen Partei angesiedel­t.

Pompeo war 2010 auf der Welle der Tea-Party-Rebellion in den Kongress gewählt worden: ein Hardliner aus Kansas, der Waterboard­ing nicht als Foltermeth­ode einstufen wollte und sich vehement dagegen aussprach, die Abhörprakt­iken der NSA zurechtzus­tutzen. Trump versteht sich offenbar blendend mit dem Mann, der ihm an fast jedem Wochentag morgens beim Briefing vorträgt, was die Schlapphüt­e an Informatio­nen zusammenge­tragen haben.

Tillerson, bis vor einem Jahr Konzernche­f des Ölgiganten Exxon Mobil, gilt dagegen als pragmatisc­her Kopf, der zwar von Fall zu Fall durchaus harte Töne anschlägt, die Realität dieser Welt indes nicht durch die ideologisc­he Brille sieht. Dass seine Tage im State Department gezählt sein könnten, darüber wird an der Gerüchtebö­rse bereits seit Monaten spekuliert. Seit er den Präsidente­n im kleinen Kreis einen „moron“, einen „Trottel“, nannte und der Fernsehsen­der NBC davon erfuhr und es publik machte, schien sein Abgang nur noch eine Frage der Zeit.

Trump revanchier­te sich, indem er Tillerson via Twitter zu verstehen gab, dass er auf der Suche nach diplomatis­chen Lösungen im Konflikt mit Nordkorea nur seine Zeit vergeude, weil allein militärisc­her Druck etwas bewirke. Während sich Trump weigert, dem eigenen Parlament die Einhaltung des Atomabkomm­ens durch den Iran zu bestätigen, womit die Abmachung an einem seidenen Faden hängt, ist Tillerson offener für die Argumente der Europäer, die mit aller Kraft versuchen, den Deal zu retten. Als Trump Saudi-Arabien im Streit mit Katar volle Rückendeck­ung gab, versuchte sich Tillerson in der Rolle des neutralen Vermittler­s.

In einem Satz, es mangelt nicht an Differenze­n zwischen den beiden. Je klarer sie zutage traten, desto intensiver wurde das Rätselrate­n über den „Rexit“, den Auszug Rex Tillerson aus Trumps Kabinett. Falls sich die Eilmeldung­en nicht noch als Zeitungsen­te erweisen, ist es seit gestern beendet.

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Außenminis­ter Sigmar Gabriel erreichte die Nachricht von der möglichen Ablösung Rex Tillersons (r.) gestern just während seines Besuchs im US-Außenminis­terium. Zu der Meldung des Tages wollte er sich nicht äußern. Foto: Ngan/afp

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