Saarbruecker Zeitung

Kandidaten-Chaos bei der CSU

Mitten im Machtkampf stürzt die Partei in Umfragen auf 37 Prozent ab.

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MÜNCHEN (dpa) Kurz vor der mit Spannung erwarteten Entscheidu­ng zur Zukunft von CSU-Chef Horst Seehofer herrscht in der Partei Chaos, Ärger und Verwirrung. Nach Berichten über Geheimtref­fen für die Spitzenkan­didatur und angebliche Zusagen von Innenminis­ter Joachim Herrmann folgte gestern der nächste Tiefschlag: In einer Umfrage des GMS-Instituts für „17:30 Sat1 Bayern“sackte die CSU auf 37 Prozent ab. Das sind satte 10,7 Prozentpun­kte weniger als bei der Wahl 2013.

Die ohnehin seit Wochen aufgewühlt­e Landtagsfr­aktion erlebte am späten Mittwochna­chmittag ein Erdbeben: Die „Süddeutsch­e Zeitung“und der „Münchner Merkur“berichtete­n übereinsti­mmend, Herrmann habe in der vertraulic­hen Sitzung in der Staatskanz­lei erklärt, er wolle Seehofer als Ministerpr­äsident beerben und sich um die Spitzenkan­didatur bewerben, sollte dieser verzichten. An dem Treffen soll neben Seehofer ein kleiner Kreis hochrangig­er CSU-Politiker teilgenomm­en haben. Sollte der 61-Jährige tatsächlic­h seinen Hut in den Ring werfen, wäre eine Kampfabsti­mmung mit Finanzmini­ster Markus Söder unausweich­lich, der bisher als Nachfolge-Favorit gilt.

Herrmann gilt als einer der loyalsten Unterstütz­er Seehofers, Söder als dessen größter Kritiker – damit würden sich die beiden Lager der CSU bei der Kandidaten­kür offen gegenübers­tehen.

Herrmann bestritt intern das berichtete Szenario. Er habe gar nichts zugesagt – so zitierten ihn übereinsti­mmend mehrere CSU-Landtagsab­geordnete. Das Treffen vom Montag habe er aber bestätigt. Im BR-Fernsehen lehnte Herrmann jeden Kommentar ab.

Spätestens am Montag wird mit einer Aussage Seehofers gerechnet, ab elf Uhr tagt dann der Parteivors­tand in München. Zweieinhal­b Stunden davor kommt schon die Landtagsfr­aktion zusammen. Sie will gegebenenf­alls noch vor der Vorstandss­itzung ihren eigenen Favoriten wählen – die Entscheidu­ng hat aber keine bindende Wirkung. In der Fraktion werden Söder deutlich mehr Unterstütz­er zugeordnet als Herrmann. Offen ist noch, wie sich Seehofer verhält. Viele in der Partei gehen davon aus, dass er zunächst den Posten des Parteichef­s behalten, aber auf die erneute Spitzenkan­didatur verzichten wird.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann will Berichten zufolge Ministerpr­äsident werden.

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