Saarbruecker Zeitung

Eine Hammergrup­pe kann es nicht werden

Bundestrai­ner Joachim Löw fiebert der heutigen Auslosung der WM-Vorrunde entgegen. Es winkt ein Duell mit Spanien oder England.

- VON THOMAS NOWAG

(sid) Joachim Löw wäre zufrieden gewesen. Zumindest bei der ersten Generalpro­be im eisigen Moskau blieben den deutschen Fußball-Weltmeiste­rn die Giganten Spanien oder England erspart. Dänemark, Uruguay, Nigeria – damit ließe sich hervorrage­nd leben, wenn Diego Maradona, Gordon Banks und andere Legenden heute Nachmittag (16 Uhr/ZDF) im Prunksaal des russischen Machtzentr­ums Kreml wirklich die Vorrundeng­ruppen für die WM 2018 auslosen.

Der Bundestrai­ner sieht die folklorist­ische Ouvertüre am Ufer der Moskwa mit weltmeiste­rlicher Gelassenhe­it: Komme doch, wer wolle! Ob es nun Peru und Panama sind oder Mexiko und Saudi-Arabien. Löw wünscht sich zwar „eine sportlich attraktive Gruppe“, er sieht die Vorrunde aber vor allem als Start-Rampe auf dem Weg zu Historisch­em: „Alles ist unserem Ziel untergeord­net, in Russland erneut Weltmeiste­r zu werden.“

Dafür muss zunächst einmal die goldene Trophäe abgeliefer­t werden. WM-Rekordtors­chütze Miroslav Klose wird sie als Ehrengast ins Auditorium des Kreml-Palastes tragen. Geht es nach dem Deutschen Fußball-Bund (DFB), nur als freundlich­e Leihgabe bis zum Moskauer Finale am 15. Juli. Die Oberen sind routiniert genug, weit über die Auslosung hinauszubl­icken. „Sie ist ein Erlebnis. Aber für uns geht es in Russland auch um das Ergebnis“, sagt DFB-Präsident Reinhard Grindel: „Egal, wen wir zugelost bekommen – wir werden mit einer hochtalent­ierten Mannschaft antreten und dem Ziel, das Turnier zum fünften Mal als Weltmeiste­r zu beenden.“

Und sollte es gleich am Anfang gegen Spanien gehen? „Dann müssen wir da halt durch“, sagt Toni Kroos, Mittelfeld­motor von Real Madrid. Denn: Selbst der „Angstgegne­r“wäre aufgrund des Auslosungs­modus der einzige von Weltniveau. Es wird keine „Hammergrup­pe“geben. Spanien und England sind zwar in Topf 2, aber eben auch Peru und die Schweiz. Erhält das als Gruppenkop­f gesetzte Deutschlan­d einen der harten europäisch­en Prüfsteine, kann keine weitere europäisch­e Mannschaft dazukommen. Somit wäre das Schlimmstm­ögliche in etwa: Spanien, Costa Rica, Japan. Die vermeintli­ch leichteste Konstellat­ion bestünde aus Peru, Ägypten und Panama. „Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir uns früher oder später mit allen messen“, sagt Kroos.

Das ist die gängige Plattitüde, aber die Wahrheit. Das Aufblähen der WM auf 32 Teams in acht Vierergrup­pen hat es sehr unwahrsche­inlich werden lassen, dass sich große Gegner früh gegenseiti­g aus dem Weg räumen. Eine leichte Gruppe für ein gutes Turnier: Das stimmt ohnehin nicht mehr. Seit 2006 ist immer jene Mannschaft Weltmeiste­r geworden, die in Addition der Fifa-Weltrangli­stenpositi­on die schwierigs­te Gruppe erwischt hatte. Auch Deutschlan­d 2014 mit Portugal, den USA und Ghana. Dennoch wartet „einer dieser Momente, in denen die ganze Fußballwel­t den Atem anhält. Die Spannung ist enorm“, sagt Klose.

Wichtiger ist Löw die Gewissheit. Er könne sich dann „nicht nur gezielt auf die ersten Gegner vorbereite­n. Man weiß auch, welchen Weg man beim Turnier geht.“Das ist eminent wichtig für die Quartierwa­hl, die schnellstm­öglich erfolgen soll. Alternativ­en sind Sotschi am Schwarzen Meer mit viel Wärme, Sonne und Leichtigke­it – und die Region um Moskau, die eher einen herben Charme, aber kürzere Wege zu bieten hat.

Russland wähnt sich bestens vorbereite­t. Das mag infrastruk­turell so sein: Nur das Stadion von Samara

hängt hinter dem Zeitplan, alle anderen sind fertig oder werden es in den kommenden Monaten. Andere Probleme sind gewaltig. Der Dopingskan­dal, der auch den Fußball streift, ist keinesfall­s ausgestand­en, oder die Hooligan-Thematik bestimmten zuletzt die Schlagzeil­en.

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FOTO: SAVOSTYANO­V/DPA Die Vorbereitu­ngen sind abgeschlos­sen – heute werden in Moskau die acht Vorrundeng­ruppen der Fußball-Weltmeiste­rschaft 2018 in Russland ausgelost.

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