Eine Hammergruppe kann es nicht werden
Bundestrainer Joachim Löw fiebert der heutigen Auslosung der WM-Vorrunde entgegen. Es winkt ein Duell mit Spanien oder England.
(sid) Joachim Löw wäre zufrieden gewesen. Zumindest bei der ersten Generalprobe im eisigen Moskau blieben den deutschen Fußball-Weltmeistern die Giganten Spanien oder England erspart. Dänemark, Uruguay, Nigeria – damit ließe sich hervorragend leben, wenn Diego Maradona, Gordon Banks und andere Legenden heute Nachmittag (16 Uhr/ZDF) im Prunksaal des russischen Machtzentrums Kreml wirklich die Vorrundengruppen für die WM 2018 auslosen.
Der Bundestrainer sieht die folkloristische Ouvertüre am Ufer der Moskwa mit weltmeisterlicher Gelassenheit: Komme doch, wer wolle! Ob es nun Peru und Panama sind oder Mexiko und Saudi-Arabien. Löw wünscht sich zwar „eine sportlich attraktive Gruppe“, er sieht die Vorrunde aber vor allem als Start-Rampe auf dem Weg zu Historischem: „Alles ist unserem Ziel untergeordnet, in Russland erneut Weltmeister zu werden.“
Dafür muss zunächst einmal die goldene Trophäe abgeliefert werden. WM-Rekordtorschütze Miroslav Klose wird sie als Ehrengast ins Auditorium des Kreml-Palastes tragen. Geht es nach dem Deutschen Fußball-Bund (DFB), nur als freundliche Leihgabe bis zum Moskauer Finale am 15. Juli. Die Oberen sind routiniert genug, weit über die Auslosung hinauszublicken. „Sie ist ein Erlebnis. Aber für uns geht es in Russland auch um das Ergebnis“, sagt DFB-Präsident Reinhard Grindel: „Egal, wen wir zugelost bekommen – wir werden mit einer hochtalentierten Mannschaft antreten und dem Ziel, das Turnier zum fünften Mal als Weltmeister zu beenden.“
Und sollte es gleich am Anfang gegen Spanien gehen? „Dann müssen wir da halt durch“, sagt Toni Kroos, Mittelfeldmotor von Real Madrid. Denn: Selbst der „Angstgegner“wäre aufgrund des Auslosungsmodus der einzige von Weltniveau. Es wird keine „Hammergruppe“geben. Spanien und England sind zwar in Topf 2, aber eben auch Peru und die Schweiz. Erhält das als Gruppenkopf gesetzte Deutschland einen der harten europäischen Prüfsteine, kann keine weitere europäische Mannschaft dazukommen. Somit wäre das Schlimmstmögliche in etwa: Spanien, Costa Rica, Japan. Die vermeintlich leichteste Konstellation bestünde aus Peru, Ägypten und Panama. „Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir uns früher oder später mit allen messen“, sagt Kroos.
Das ist die gängige Plattitüde, aber die Wahrheit. Das Aufblähen der WM auf 32 Teams in acht Vierergruppen hat es sehr unwahrscheinlich werden lassen, dass sich große Gegner früh gegenseitig aus dem Weg räumen. Eine leichte Gruppe für ein gutes Turnier: Das stimmt ohnehin nicht mehr. Seit 2006 ist immer jene Mannschaft Weltmeister geworden, die in Addition der Fifa-Weltranglistenposition die schwierigste Gruppe erwischt hatte. Auch Deutschland 2014 mit Portugal, den USA und Ghana. Dennoch wartet „einer dieser Momente, in denen die ganze Fußballwelt den Atem anhält. Die Spannung ist enorm“, sagt Klose.
Wichtiger ist Löw die Gewissheit. Er könne sich dann „nicht nur gezielt auf die ersten Gegner vorbereiten. Man weiß auch, welchen Weg man beim Turnier geht.“Das ist eminent wichtig für die Quartierwahl, die schnellstmöglich erfolgen soll. Alternativen sind Sotschi am Schwarzen Meer mit viel Wärme, Sonne und Leichtigkeit – und die Region um Moskau, die eher einen herben Charme, aber kürzere Wege zu bieten hat.
Russland wähnt sich bestens vorbereitet. Das mag infrastrukturell so sein: Nur das Stadion von Samara
hängt hinter dem Zeitplan, alle anderen sind fertig oder werden es in den kommenden Monaten. Andere Probleme sind gewaltig. Der Dopingskandal, der auch den Fußball streift, ist keinesfalls ausgestanden, oder die Hooligan-Thematik bestimmten zuletzt die Schlagzeilen.