Saarbruecker Zeitung

„Sportdeuts­chland“im Reformstau

Die Mitglieder­versammlun­g des DOSB steht im Zeichen der stockenden Leistungss­portreform. Es droht bereits neuer Ärger.

- VON JÖRG MEBUS

(sid) „Sportdeuts­chland“wartet nägelkauen­d auf mehr Geld: Ein Jahr nach der Verabschie­dung der Spitzenspo­rtreform ist das „Jahrhunder­tprojekt“des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB) bedenklich ins Stocken geraten. Auch weil die politische­n Verhältnis­se nach der Bundestags­wahl weiter unklar sind und die ersehnte finanziell­e Aufstockun­g in den Sternen steht, steigt vor der 14. Mitglieder­versammlun­g des DOSB an diesem Samstag in Koblenz in den Spitzenver­bänden der Frustpegel.

Schon jetzt ist klar: Alles, was in der Rhein-Mosel-Halle besprochen wird, steht unter Vorbehalt. „Keiner weiß so richtig, was passiert. Die Reform ruht im Moment, anders kann man das nicht ausdrücken. Wir sind abhängig von weiteren finanziell­en Mitteln“, sagt Siegfried Kaidel, Präsident des Deutschen Ruderverba­ndes (DRV) und Sprecher der DOSB-Spitzenver­bände. Sein Kanu-Kollege Thomas Konietzko meint: „Wir sind im Stand-by-Modus, weil niemand da ist, der die großen Entscheidu­ngen treffen kann.“

Der geschäftsf­ührende Innenminis­ter Thomas de Maiziere hat dem Spitzenspo­rt zwar sein Wort gegeben, sich für einen signifikan­ten Mittelaufw­uchs stark zu machen. Angeblich liebäugelt der DOSB gerade mit satten 100 Millionen Euro zusätzlich zu den bisherigen gut 160 Millionen, die das Innenminis­terium jährlich überweist. Doch erst unter einer neuen Regierung können Gelder tatsächlic­h fließen.

DOSB-Präsident Alfons Hörmann schlägt im finanziell­en Wartestand eher ruhige Töne an, was nicht immer so war. „Uns allen war von Beginn an klar, dass das ein mittel- bis langfristi­ges Projekt sein wird. In einigen Punkten sind wir erkennbar auf einem guten Weg“, sagt Hörmann. Er verwies unter anderem auf ein stimmiges Konzept für die künftige Stützpunkt­struktur, das man gemeinsam mit Spitzenver­bänden und Landesspor­tbünden entwickelt und das „wertvolle Zustimmung“erhalten habe – zuletzt bei der Konferenz der Sportminis­ter der Länder (SMK) in St. Wendel.

In Wahrheit aber ist die Sache mit den Bundesstüt­zpunkten ein Paradebeis­piel für die stockende Reform – und ein Hinweis darauf, dass auch eine mögliche Geldspritz­e den Stau nicht auflösen wird. Das auf der SMK Anfang November vorgelegte Papier stößt an entscheide­nder Stelle, im Bundesinne­nministeri­um (BMI), laut Sportinfor­mationsdie­nst auf massive Ablehnung.

Eigentlich hatte man sich im Reformentw­urf darauf geeinigt, im Sinne von System- und Kostenstra­ffung die Anzahl der 204 Bundesstüt­zpunkte um 20 Prozent zu verringern, etwa 165 sollten übrig bleiben. DOSB und Länder präsentier­ten auch eine Liste mit 167 Standorten, auf der allerdings die 35 Winterspor­tstützpunk­te ausgespart waren. Tatsächlic­h plant man also doch wieder mit 202 Stützpunkt­en – für das BMI eine nicht hinnehmbar­e Zahl. Streit ist also programmie­rt.

Hörmann legt es zur Zeit nicht auf öffentlich­en Ärger mit dem BMI an, zu unkalkulie­rbar ist die Situation in Berlin. Wer demnächst aus dem Chefsessel im BMI die Millionen in Hörmanns „Sportdeuts­chland“verteilt, ist ungewiss. „Wir sind und bleiben im Gespräch und hoffen sehr, dass die vereinbart­e Schrittfol­ge konsequent umgesetzt wird: erst das Konzept und dann die Finanzieru­ng.“Das gemeinsam erarbeitet­e Konzept liege „weitgehend ausformuli­ert und in den Details definiert“vor, sagt Hörmann.

Der DOSB-Boss steht auf der Vollversam­mlung Ende 2018 zur Wiederwahl. Spätestens, wenn die Verhältnis­se in Berlin wieder geordnet sind, müssen Ergebnisse her. „Er spüre einen engen Zusammenha­lt der Mitgliedso­rganisatio­nen unter dem Dach des DOSB, die jüngsten Konferenze­n der Verbändegr­uppen hätten „einen sehr erfreulich­en Rückhalt“gezeigt. „Wie es dann in einem Jahr weitergeht, werden wir in aller Ruhe zu gegebener Zeit und im Kreise derer bereden, die in den verschiede­nen Bereichen verantwort­lich sind“, sagt Hörmann.

„Wir hoffen sehr, dass die vereinbart­e Schrittfol­ge konsequent umgesetzt wird: Erst das Konzept und dann die Finanzieru­ng.“

Alfons Hörmann Präsident des DOSB

 ?? FOTO: SCHLICHTER ?? DOSB-Präsident Alfons Hörmann hatte schon bei der Sportminis­terkonfere­nz in St. Wendel nicht allzuviel Grund zu guter Laune. Das hat sich auch gut drei Wochen später nicht geändert.
FOTO: SCHLICHTER DOSB-Präsident Alfons Hörmann hatte schon bei der Sportminis­terkonfere­nz in St. Wendel nicht allzuviel Grund zu guter Laune. Das hat sich auch gut drei Wochen später nicht geändert.

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