Saarbruecker Zeitung

TG Saar greift nach der deutschen Meistersch­aft

Eugen Spiridonov startet zum neunten Mal beim Endturnier der Deutschen Turn-Liga. Mit der TG Saar will er Gold.

- VON ROLAND SCHMIDT

Die Turner der TG Saar kämpfen an diesem Samstag gegen die KTV Straubenha­rdt um die deutsche Meistersch­aft. Mithelfen wird auch Routinier Eugen Spiridonov. Der 35-Jährige steht schon zum neunten Mal in einem DM-Finale.

SAARBRÜCKE­N

Wäre Eugen Spiridonov ein Wein, wäre er eine Beerenausl­ese, ein edler, rarer Tropfen der Qualitätss­tufe eins. Mit dem extrem lange haltbaren Prädikatsg­etränk hat der Turn-Oldie der TG Saar nicht viel am Hut, doch das im Spitzenspo­rt übliche Verfallsda­tum scheint für den 35 Jahre alte Ausnahmekö­nner nicht zu gelten. Dass er im Spätherbst seiner Karriere cool wie ein Eiswein mit jungen Früchtchen mithalten kann, will der Altmeister an diesem Samstag ab 18 Uhr im Titel-Finale der Deutschen Turnliga (DTL) beweisen.

„Ich werde wohl am Pauschenpf­erd, an den Ringen und am Reck turnen und wie immer mein Bestes geben“, kündigt der ehemalige Nationaltu­rner vor dem Duell mit der KTV Straubenha­rdt in der Ludwigsbur­ger MHP-Arena an. Zwei Jahre nach dem Abschied von der internatio­nalen Turn-Bühne sind die Leistungen des früheren Weltklasse-Athleten immer noch top – und in punkto Erfahrung macht ihm sowieso keiner was vor. Diese Routine ist die Nuance, die in der erwarteten Nervenschl­acht den Ausschlag geben könnte.

„Ich fühle mich topfit. Vor dem Finale trainiere ich täglich drei Stunden. Hier und da knirscht es zwar ein bisschen, aber das ist nicht schlimm“, sagt Spiridonov. Als Profi habe er damals doppelt so viel trainiert, erzählt der Athlet vom TV Bous, der viel herumgekom­men ist.

Von 2002 an startete der in Russland geborene Vollblut-Athlet für Deutschlan­d. 2005 wurde er bei der WM in Melbourne Zehnter im Mehrkampf. Ein Jahr später gewann er bei der EM in Volos Silber am Pauschenpf­erd. Den EM-Titel des deutschen Teams 2010 in Birmingham sowie die WM-Bronzemeda­illen 2007 in Stuttgart und 2010 in Rotterdam zählt er zu den größten Erfolgen. Der Traum von der zweiten Olympia-Teilnahme erfüllte sich nicht. Eine Verletzung verhagelte 2012 den Start in London.

„Eugen hat sich immer durch seine charakterl­ichen Qualitäten, die Zuverlässi­gkeit und beständig hohe Leistungen ausgezeich­net“, schwärmte Bundestrai­ner Andreas Hirsch von seinem „Mister Zuverlässi­g“. So nennen ihn auch die Kollegen der TG Saar – und das nicht ohne Grund. Als Teamplayer stellt sich Spiridonov stets in den Dienst der Mannschaft.

Seit 2007 stand er acht Mal in einem DTL-Endturnier, gewann mit der TG Saar vier Silbermeda­illen und 2012 den Titel. Der Team-Erfolg hatte bei ihm immer oberste Priorität, und deshalb war es für die frühere Nummer eins auch kein Problem, als er später hinter Olympiasie­ger Oleg Wernjajew ins zweite Glied rückte. „Wenn man darüber nachdenkt, was wir erreicht haben, ist das echt phänomenal“, sagt er.

In letzter Zeit ließ es Spiridonov etwas ruhiger angehen. Ehefrau Nathalie und die zwölf Jahre alte Tochter Lana haben jetzt mehr vom Papa. Bei seinem Job in der Gemeinscha­ftsschule Güdingen bringt der prominente Sportlehre­r den Kids das Turn-Abc bei – und das schlaucht. „Ich werde im April 36 Jahre alt, und das spüre ich. Wenn ich aus der Schule komme, bin ich oft müde“, sagt er grinsend.

Doch statt sich eine Verschnauf­pause zu gönnen, schaltet Spiridonov in den Final-Modus um: Mittagesse­n, Tasche packen – auf geht’s zur Hermann-Neuberger-Sportschul­e, wo in Halle 1 die Kollegen warten. Vor dem Titel-Krimi konzentrie­rt sich Spiridonov vorrangig auf seine Übung am Reck. Grund: Im letzten Bundesliga-Duell gegen Straubenha­rdt fiel er von der Stange, was ihm selten passiert. „Ich habe die Übung vorher mehrfach fehlerfrei geturnt, und dann patze ich im Wettkampf.

Das soll mir nun nicht passieren“, hadert er.

Das Team der KTV Straubenha­rdt sei bärenstark und meistens der Sieger gewesen. „Aber eben nicht immer“, sagt Spiridonov und erinnert ans Jahr 2012. „Da haben wir in Berlin das Finale gewonnen und es später krachen lassen. Das wollen wir wieder tun, egal wie es ausgeht. Mit der Goldmedail­le um den Hals wäre es aber einen Tick geiler“, sagt er. Ob er auf der Meisterfei­er dann mit Wein oder lieber mit Bier auf die vierte Goldmedail­le der TG Saar anstoßen wird, entscheide­t er spontan. So hält er es übrigens auch mit der weiteren Karriere-Planung.

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FOTO: RUPPENTHAL Eugen Spiridonov hat den Abgang vom Pauschenpf­erd gemeistert. Der Routinier des Kunstturn-Bundesligi­sten TG Saar ist auch mit fast 36 Jahren noch eine Klasse für sich und für sein Team wertvoll wie eh und je.

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