Saarbruecker Zeitung

Damit der Arzt auch Arzt sein darf

Seit fünf Jahren hilft das Anerkennun­gsgesetz Ausländern beim Berufsstar­t in Deutschlan­d – eine Bilanz.

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SAARBRÜCKE­N (bsch) Der iranische Ingenieur, der in Deutschlan­d als Taxifahrer arbeitet, war viele Jahre Realität. Denn die Abschlüsse von Menschen, die nicht aus der Europäisch­en Union stammen, wurden lange Zeit nicht anerkannt. Das hat sich 2012 geändert, als das Anerkennun­gsgesetz eingeführt wurde – zunächst auf Bundeseben­e, am 1. Dezember dann als Landesgese­tz für das Saarland. Anlässlich des fünften Geburtstag­s des Gesetzes wurde am Freitag in den Räumen der Industrieu­nd Handelskam­mer Saarland eine Zwischenbi­lanz gezogen.

„Das Gesetz bedeutet, dass alle Menschen, unabhängig von ihrer Staatsange­hörigkeit, das Recht haben, dass ihr Abschluss bewertet wird“, erläutert Christoph Klos von der Serviceste­lle zur Erschließu­ng ausländisc­her Qualifikat­ionen Saar. Vor der Einführung hatten Menschen aus Nicht-EU-Staaten oder solche mit Ausbildung­sberufen fast keine Möglichkei­t der Anerkennun­g. Die beiden Gesetze auf Bundesund Landeseben­e haben diese Lücke geschlosse­n. Das Bundesgese­tz, offiziell Bundesqual­ifikations­feststellu­ngsgesetz (BQFG), befasst sich mit Berufsabsc­hlüssen, die vom Bundesrech­t geregelt sind. Dazu gehören zum Beispiel Ärzte und Krankenpfl­eger. Um Berufe wie Lehrer oder Sozialpäda­gogen, die landesrech­tlich geregelt sind, kümmert sich das Anerkennun­gsgesetz der Länder. Das Saarland war das erste Flächenlan­d, das ein Landesgese­tz eingeführt hat, sagt Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r. Es sei wichtig, zu begreifen, was ein Abschluss wert sei. Das Gesetz habe sich bewährt.

Eine, für die es sich bewährt hat, ist Barbara Bashir. Im September 2013 ist sie mit ihrem Mann aus Syrien nach Deutschlan­d gekommen. In Aleppo hat sie zuvor Medizin studiert, dann 13 Jahre in ihrer Heimatstad­t Qamischli als Kinderärzt­in gearbeitet. Nachdem sie das notwendige Sprachnive­au erreicht hatte, suchte sie sich eine Arbeit: Zunächst war sie beim Landkreis Saarlouis, seit einem Jahr ist sie im Winterberg­klinikum. Ihr nächstes Ziel ist es, Fachärztin zu werden: „Es gibt Sachen, die haben wir in Syrien nicht gemacht“, erläutert sie. Beispielsw­eise habe sie nie gelernt, einen Ultraschal­l durchzufüh­ren. Die fehlenden Kenntnisse eigne sie sich nun an.

Dass ein Abschluss vollständi­g anerkannt wird, ist die Regel, erläuterte Leonie Tillmanns vom Bundesinst­itut für Berufsbild­ung. Von 2012 bis 2015 wurden 40 700 von 63 400 Anträgen zu bundesrech­tlich geregelten Berufen auf diese Art bewertet. Rund 1900 Anträge wurden abgelehnt. Die restlichen Abschlüsse gelten als „teilweise gleichwert­ig“. Die Unterschie­de würden dann beschriebe­n, erläutert Klos, und könnten durch eine Qualifizie­rung ausgeglich­en werden. Heidrun Schulz von der Regionaldi­rektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagen­tur für Arbeit hält eine Anerkennun­g für extrem wichtig: „Die Hauptrolle, um in Arbeit zu kommen, spielt die Ausbildung.“Es gebe zwar Berufe, bei denen eine Anerkennun­g nicht unbedingt erforderli­ch sei, „aber der ganze Weg ist nur mit der Anerkennun­g möglich“. Nicht zuletzt wirke sich die Anerkennun­g auch auf die Bezahlung aus.

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