Saarbruecker Zeitung

Streit um Extra-Prämie für freiwillig­e Ausreise

Seit 34 Jahren ist der Franke Parteimitg­lied. Nach vielen internen Machtkämpf­en steht ihm nun die Tür zur bayerische­n Staatskanz­lei offen. Er beerbt Seehofer.

- VON RALF ISERMANN, MARCO HADEM UND CHRISTOPH TROST

Das Innenminis­terium zahlt Asylsuchen­den bis Februar eine Extra-Prämie, wenn sie freiwillig ausreisen. Bis zu 3000 Euro mehr gibt es dafür. Ein Skandal, finden Menschenre­chtler.

MÜNCHEN (afp/dpa) Gandalf, Marilyn Monroe, Homer Simpson, Shrek, Edmund Stoiber, Mahatma Gandhi – Markus Söder hat schon viele Gesichter gezeigt. Nicht nur im Karneval. Nun steht der ehrgeizige Franke vor seiner bislang größten Rolle. Spätestens im Frühjahr wird der 50-Jährige seinen Posten als Finanzmini­ster in Bayern an den Nagel hängen und als Ministerpr­äsident in die Münchner Staatskanz­lei umziehen, in das Büro, von dem er schon lange geträumt hat.

Damit wird nach der CSU-Pleite bei der Bundestags­wahl der Mann zum großen Gewinner in der CSU, auf den lange Zeit kaum noch jemand einen Cent gesetzt hätte. Sogar Söder selbst verglich sich zwischenze­itlich mit dem englischen Dauerthron­folger Prinz Charles. Doch die Krise brachte Söder zurück auf die Siegerstra­ße. Für ihn zahlte sich dabei auch aus, dass er fleißig Netzwerke gepflegt, Kontakte geknüpft und Fördergeld verteilt hat.

Mit dem Netzwerken fing er früh an: Wer Söder als jungen CSU-Generalsek­retär unter Edmund Stoiber erlebte, wusste, wo er hin wollte: „Der will mal Ministerpr­äsident werden“, raunten sie in der CSU schon früh über den ehrgeizige­n Nürnberger. Nun steht Söder vor dem Ziel. Mit einem knappen „Ich bin bereit“erklärte er in der CSU-Landtagsfr­aktion seine Bewerbung für die Spitzenkan­didatur zur Landtagswa­hl – die zuvor zerstritte­n wirkende Fraktion bestätigte ihn einstimmig. Kann also ausgerechn­et der streitbare Söder die CSU befrieden?

Der 1967 geborene Franke soll im ersten Quartal 2018 vom Landtag zum neuen Ministerpr­äsidenten und Nachfolger von Horst Seehofer gewählt werden. Er wird dann seinen politische­n Ziehvater Stoiber als jüngsten Ministerpr­äsidenten ablösen. Mit „Mut und Demut“wolle er seine Aufgabe angehen, kündigte Söder an. Der 50-Jährige sitzt nahezu sein halbes Leben im bayerische­n Landtag und hat zehn Jahre Regierungs­erfahrung als Minister. Er war Europamini­ster, Umwelt- und Gesundheit­sminister. Seit 2011 leitet er das bayerische Finanzmini­sterium, das 2013 mit einer neuen Zuständigk­eit für Heimat zum Superminis­terium ausgebaut wurde.

Eine eindrucksv­olle Vita hat Söder als Politiker also zu bieten, inklusive glänzender Haushaltsb­erichte in seinem Finanzress­ort. Und dennoch wirkte es in dem nach der CSU-Pleite bei der Bundestags­wahl entstanden­en Machtkampf so, als wolle Seehofer seinen stärksten Minister als Nachfolger unbedingt verhindern. Was sich politisch nur schwer begründen lässt, erklärt sich auf der menschlich­en Ebene. Als „vom Ehrgeiz zerfressen“und für „zu viele Schmutzele­ien“geißelte Seehofer seinen Minister 2012 öffentlich auf einer CSU-Weihnachts­feier.

Dabei punktete Söder als Franke auch in Oberbayern. Mal zeigte er sich im Stil eines Landesvate­rs im Lodenmante­l bei der Leonhardiw­allfahrt im oberbayeri­schen Bad Tölz, dann hielt er ausgerechn­et im Wahlbezirk seiner zwischenze­itlichen Konkurrent­in Ilse Aigner eine umjubelte Bierzeltre­de. In der Landtagsfr­aktion sammelte Söder eine stetig wachsende Unterstütz­erzahl. Sein Vorteil ist, dass er den CSU-Betrieb in Bayern ebenso wie die Staatsregi­erung aus dem Effeff kennt. Der Jurist und ehemalige Redakteur des Bayerische­n Fernsehens trat als Fan von Franz Josef Strauß schon mit 16 Jahren 1983 in die CSU ein. Er war acht Jahre lang bis 2003 Chef der Jungen Union, im Landtag sitzt er seit 1994. Von 2003 an war Söder CSU-Generalsek­retär.

Aus dieser Zeit stammt allerdings auch der Ruf, manchmal schneller zu sprechen als zu denken. So wurde Söder für Vorstöße zur Rettung des Sandmännch­ens auch CSU-intern belächelt. Gerade viele ältere CSU-Politiker verdrehen beim Namen Söder die Augen. Dass von seinen vier Kindern eines unehelich ist, spielt dagegen keine Rolle mehr in der konservati­ven CSU – auch Seehofer hat drei eheliche Kinder und ein uneheliche­s.

Karin Söder scheint ihren umtriebige­n Mann jedenfalls mit Humor zu begleiten – auch zum Karneval. Als Söder als Homer Simpson zur „Fastnacht in Franken“ging, war seine Frau als Marge verkleidet.

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FOTO: DAVID EBENER/DPA Im Karneval macht Bayerns künftiger Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) immer wieder mit spektakulä­ren Kostümen auf sich aufmerksam. Hier ist er als Friedensik­one Mahatma Gandhi verkleidet.
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FOTO: KARMANN/DPA Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer (re.) und sein designiert­er Nachfolger Markus Söder galten bisher als Erzrivalen.

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