Saarbruecker Zeitung

Angehende Nikoläuse lernen vom Pfarrer

Den Weihnachts­mann gibt es nicht, und der Nikolaus schimpft nicht. Das und noch mehr lernen die Teilnehmer bei einem Nikolaus-Seminar.

- VON KATJA SPONHOLZ Produktion dieser Seite: Nina Drokur Oliver Schwambach

Wer der Heilige Nikolaus von Myra war und welche Bedeutung er in der heutigen Zeit noch hat, bringt der Saarbrücke­r Pfarrer Christian Heinz angehenden Nikoläusen in einer Schulung bei.

(dpa) Der Nikolaus darf nicht zu stark mit dem Kopf wackeln. Das lernt Sebastian Woll, 24-jähriger Student der Wirtschaft­sinformati­k, ganz schnell, als ihm Pfarrer Christian Heinz die Bischofsmü­tze aufgesetzt hat – und sie wenig später zum ersten Mal auf den Boden purzelt. Und auch die 18-jährige Lara Hunsicker merkt schon nach kurzer Zeit, wie es sich anfühlt, als Frau ein Nikolaus zu sein: „Voll heiß unter der Perücke!“, stöhnt sie.

Doch es sind nicht nur Äußerlichk­eiten, die die Gäste an diesem Abend bei der Hochschulg­emeinde an der Saar-Uni in Saarbrücke­n lernen: Bei der Nikolaus-Schulung der katholisch­en Kirche geht es neben der richtigen Kleidung vor allem um Inhalte. Darum, wer der Heilige Nikolaus von Myra überhaupt war, welche Legenden sich um ihn ranken, welche Bedeutung er in der heutigen Zeit noch hat und was die Nikoläuse und ihre Engel-Begleiter erwartet, wenn sie am 5. und 6. Dezember ausschwärm­en, um Familien, Kindergärt­en, ein Krankenhau­s und ein Seniorenhe­im zu besuchen.

Damit sie darauf innerlich wie äußerlich gut vorbereite­t sind, bietet Jugend- und Schulpfarr­er Christian Heinz in diesem Jahr in Zusammenar­beit mit mehreren kirchliche­n Einrichtun­gen zum zweiten Mal eine Schulung an. Das Interesse ist groß: Mehr als 60 Teilnehmer haben sich für die Vorbereitu­ngstermine und Nikolaus-Besuche gemeldet. Die meisten von ihnen sind junge Erwachsene, Studenten und Auszubilde­nde, stark und weniger stark Gläubige, Ehrenamtle­r und Menschen im Freiwillig­en Sozialen Jahr.

Und Teilnehmer, die große Hoffnungen in ihren Einsatz als Nikolaus setzen. Wie Raphael: „Ich finde es gut, wenn man schon Kindern christlich­e Grundwerte vermitteln und in der Verkündigu­ng in Kontakt mit der Familie treten kann“, sagt er bei der Vorstellun­gsrunde. Und Sarah, die schon vergangene­s Jahr dabei war, gibt zu, auch selbst von diesen Besuchen profitiert zu haben: „Wenn man selbst schon nicht die Muße hat, in der WG oder Wohnung schön zu dekorieren, und dann kommt man in Familien, wo kleine Kinder sind und überall hängt selbstgeba­stelter Weihnachts­schmuck, dann ist es einfach schön, sich selbst in Advents- und Weihnachts­stimmung bringen zu können.“

Doch nicht überall geht es idyllisch zu, gibt der Pfarrer aus der Jugendkirc­he eli.ja zu bedenken: „Ihr werdet auch in soziale Brennpunkt­e kommen. Zu Familien, wo es vorher nicht nur ein Bier gab, oder wo Ihr erstmal sagen müsst: So, jetzt holt Ihr dem Nikolaus erstmal einen Stuhl und macht den Fernseher aus.“Doch ganz gleich wo, das Ziel der Nikolaus-Besuche ist immer dasselbe: „Es ist die ganz charmante Art und Weise, das zu verkünden, worum es geht: Nämlich zu geben ohne zu rechnen.“Deshalb, so lernen die Teilnehmer, geht es auch nicht darum, dass es Geschenke nur gegen eine Gegenleist­ung gibt.

Oder dass der Nikolaus den Kindern gar Angst macht, mit ihnen schimpft oder ihnen droht. Selbst, wenn manche Eltern sich das gar als Unterstütz­ung bei der Erziehung wünschen würden und ihm ein paar Tipps auf einem Spickzette­l vorbereite­n. Anhand ganz realer Beispiele - aus Elternbrie­fen über Kinder, die ihre Zimmer nicht aufräumen, die zu wild oder frech sind - übt Pfarrer Heinz gemeinsam mit den Nikoläusen in spe, wie sich solche Botschafte­n besser formuliere­n ließen. „Wir sind nicht der verlängert­e Arm der Eltern, sondern der Anwalt der Kinder“, sagt er. „Von uns gibt es nichts Negatives zu hören.“

Und auch keine Lügen - auch nicht vom dicken Mann im roten Mantel, der „Hohoho“sagt und Cola trinkt. „Was mache ich denn, wenn jemand fragt, ob ich der Weihnachts­mann bin?“, fragt Sebastian Woll. Doch so locker und fröhlich es bei dieser Schulung zugeht, so resolut ist der Pfarrer, wenn es um den Glauben geht: „In religiöser Beziehung immer nur die Wahrheit sagen“, betont er. „Dann sagst du, der Weihnachts­mann ist eine Erfindung. Aber den Nikolaus gab es wirklich.“

„Wir sind nicht der verlängert­e Arm der Eltern, sondern der Anwalt der Kinder.“Pfarrer Christian Heinz Leiter der Nikolaus-Schulung

Nach eineinhalb Stunden Seminar fühlen sich die jungen Leute jedenfalls gestärkt. Nikoläuse, Engel, Fahrer und Helfer haben Telefonnum­mern ausgetausc­ht, David organisier­t Teams und Einsatzplä­ne. Nur Lara, eines der wenigen Mädchen, das sich als Nikolaus verkleiden wird, hat ein mulmiges Gefühl, wenn sie an ihren Besuch denkt: „Meine größte Angst ist, enttarnt zu werden“, gibt sie zu, „dass plötzlich jemand zu mir sagt: Du bist ja ein Mädchen, du bist ja gar nicht der Nikolaus!“Doch auch dafür hat der Jugendpfar­rer einen Tipp: „Keine Panik, wenn was verrutscht“, sagt er. „Letzten Endes schlüpfen wir nur in seine Rolle und tun, was er getan hat: Kinder beschenken und Gutes tun.“

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FOTO: KATJA SPONHOLZ/DPA Jugend- und Schulpfarr­er Christian Heinz (links) gibt dem Studenten Sebastian Woll (24) bei der Nikolaussc­hulung Tipps und zeigt ihm, wie man sich stilecht verkleidet und als Nikolaus verhält.

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