Saarbruecker Zeitung

Seehofer spricht von „erfolgsver­sprechende­r Lösung“

- VON HAGEN STRAUSS

MÜNCHEN Der Spott der politische­n Konkurrenz ist der CSU auf jeden Fall sicher: „Hang zu Schmutzele­ien und charakterl­iche Defizite, so Seehofer über Söder. Das sind also die Eigenschaf­ten, die innerhalb der CSU zum Ministerpr­äsidenten qualifizie­ren. . .“So kommentier­te SPDMann Florian Pronold auf Twitter die gestern angekündig­te Übergabe des bayerische­n Ministerpr­äsidenten-Amtes von Horst Seehofer auf Markus Söder.

An dem Tweet ist was dran. Den Vorwurf der „Schmutzele­ien“hatte Seehofer vor einigen Jahren mal gegen Söder erhoben, weil der machthungr­ige und karrierebe­wusste bayerische Finanzmini­ster kein politische­s Foul scheute. Jetzt müssen sich beide zusammenra­ufen. Und prompt wollte Seehofer gestern vor der Presse vom alten Zwist zwischen ihm und „dem Markus“nichts mehr wissen. Man habe in den letzten Tagen mehrere Gespräche geführt, die – ein kleines Wunder – auch vertraulic­h geblieben seien. „Ich habe Markus Söder und er mir eine gute Zusammenar­beit versproche­n.“Sicherheit­shalber schob Seehofer nach, der Ankündigun­g müssten auch Taten folgen. Das konnte als Aufforderu­ng an Söder verstanden werden.

Am Morgen hatte sich die CSU-Landtagsfr­aktion einstimmig für Söder als neuen Ministerpr­äsidenten ausgesproc­hen – 100 Prozent sozusagen. Die Abgeordnet­en gelten als Machtbasti­on des 50-Jährigen. CSU-Frau Dorothee Bär schwärmte: „Er wird ein guter Landesvate­r werden.“Später stimmte auch der Vorstand dem personelle­n Umbruch zu. Beim Parteitag Mitte Dezember in Nürnberg, wenn Seehofer sich zur Wiederwahl als Vorsitzend­er stellt, werden die Augen nun noch mehr auf beide gerichtet sein. Dort gilt es, möglichst viele Zeichen der neuen Harmonie zu senden.

Es sei wichtig gewesen, betonte Söder, „eine Formation zu finden, die nicht gegeneinan­der, sondern miteinande­r spielt“. Ähnlich sah es Seehofer: „Die Lösung, die wir jetzt haben, ist die erfolgsver­sprechende.“Das ist ein erstaunlic­her Sinneswand­el. Noch bis Ende vergangene­r Woche hatte der 68-Jährige nämlich tatkräftig versucht, den Karrieresp­rung Söders zu verhindern und mögliche Alternativ­en in Stellung zu bringen. Doch weder der bayerische­n Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner noch Innenminis­ter Joachim Herrmann traute die Mehrheit der Funktionär­e zu, die CSU aus der Krise zu führen. Darum wissend, zog Herrmann kurzfristi­g seine angekündig­te Gegenkandi­datur wieder zurück. Jede andere Entscheidu­ng hätte den Machtkampf in der CSU nur weiter angeheizt. In ihrem Frust scharrten sich überdies in den letzten Wochen immer mehr Christsozi­ale hinter Söder, was Seehofer nicht verborgen blieb. Auch ehemalige Gegner des Franken.

Bei der CSU werde nun ein „neues Kapitel“aufgeschla­gen, kündigte Söder an. Seit ihrem Absturz bei der Bundestags­wahl auf 38,8 Prozent ist die absolute Mehrheit im Freistaat bei der Landtagswa­hl im kommenden Jahr akut gefährdet und damit einhergehe­nd die bundespoli­tische Bedeutung der CSU. Söder soll es nun richten. Bleibt die Frage, ob Seehofer eventuell nach Berlin wechselt. Darauf angesproch­en antwortete er: „Ich bin jetzt nicht in der Karrierepl­anung für mich, wirklich nicht.“Gleichwohl soll Angela Merkel ihm ein solches Angebot bereits gemacht haben – allerdings mit Blick auf eine Jamaika-Koalition. Und die ist bekanntlic­h nicht zustande gekommen.

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