Saarbruecker Zeitung

Das Sparen als Markenzeic­hen

Der Landtag lieferte sich gestern einen Schlagabta­usch über den Haushalt 2018. Nur eine Fraktion trug wenig dazu bei.

- VON NORA ERNST

Die Beratungen über den Haushalt für das Jahr 2018 gehen in den Endspurt. An zwei Tagen befasst sich der Landtag damit, heute Abend soll er verabschie­det werden. Landtagspr­äsident Klaus Meiser (CDU) begann die gestrige Sitzung mit einer Gedenkminu­te für die Opfer, die am Sonntag bei einem Wohnhausbr­and in Saarbrücke­n ums Leben gekommen waren. Die anschließe­nde Generaldeb­atte offenbarte vor allem, wie geschwächt die Opposition seit den Landtagswa­hlen im März ist. Während die Linke mit Kritik und mehreren Abänderung­santrägen die Politik der Landesregi­erung hinterfrag­te, blieb die AfD eher blass. In zwölf Sitzungen hatte sich der Haushaltsa­usschuss mit den Finanzen für das nächste Jahr befasst. Dabei habe sich die AfD weder zu Wort gemeldet noch Anträge zu den einzelnen Etats gestellt, sagte Alexander Funk (CDU): „Das ist klare Arbeitsver­weigerung.“Auch SPD-Fraktionsc­hef Stefan Pauluhn forderte die dreiköpfig­e Fraktion auf: „Sie müssen endlich mal sagen, was Sie wollen, damit wir uns inhaltlich mit Ihnen auseinande­rsetzen können. Politik lebt vom Diskurs.“

AfD-Fraktionsc­hef Josef Dörr sagte, das Land müsse mehr Geld vom Bund einfordern. Ansonsten beschränkt­e er sich im Großen und Ganzen auf die altbekannt­e Kritik an der Flüchtling­spolitik: „Ich würde mir wünschen, dass die Landesregi­erung klar herausstel­lt, wie sehr die flüchtling­sbezogenen Kosten den Haushalt belasten.“Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) mahnte, man dürfe Flüchtling­e nicht nur als „Kostenstel­len im Haushalt“sehen, es seien Menschen in Not, denen man aus humanitäre­n Gründen helfen müsse.

Die Eckdaten des Haushalts (siehe Infokasten) haben sich in den vergangene­n Wochen noch einmal leicht geändert: Wegen der sprudelnde­n Steuereinn­ahmen will die Regierung statt 36 Millionen Euro sogar nur acht Millionen Euro neue Schulden machen. Sie nähert sich damit dem Ziel, ab 2019 gar keine neuen Schulden mehr aufzunehme­n. „Ein Umstand, den es zuletzt vor mehr als 50 Jahren gegeben hat“, betonte Pauluhn. Sein Amtskolleg­e von der CDU, Tobias Hans, sprach von einer „echten Wegmarke“. Dass die Landesregi­erung diesen Umstand vor allem den niedrigen Zinsen und den hohen Steuereinn­ahmen zu verdanken hat, wie die Linke ihr vorwirft, wollte er so nicht stehen lassen: Die Wirtschaft­spolitik der Landesregi­erung habe erst die Voraussetz­ungen für die gute Steuerentw­icklung geschaffen.

Trotz des Sparkurses hat das Land Luft für zusätzlich­e Investitio­nen: Um zehn Prozent sollen sie 2018 steigen, auf 365 Millionen Euro. Das Geld soll vor allem in den Straßenbau, die Krankenhäu­ser, die Digitalisi­erung und die innere Sicherheit fließen.

Die Linksfrakt­ion vermisst im Haushaltsp­lan der Landesregi­erung eine Gesamtstra­tegie. Der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer Jochen Flackus warnte, das Saarland habe den Anschluss an die anderen Bundesländ­er längst verloren. An der Universitä­t gebe es einen Sanierungs­stau von über 400 Millionen Euro, das Investitio­nsdefizit der Krankenhäu­ser liege bei 435 Millionen Euro, mehr als die Hälfte der Straßen sei in schlechtem Zustand. „Sie benehmen sich wie ein Hausbesitz­er, dessen Dach kaputt ist, der nichts dagegen unternimmt, und sich im nächsten Jahr wundert, dass seine Wände faulen“, sagte er an die Landesregi­erung gerichtet.

Dass die Lage der Kommunen dramatisch ist, musste auch die Ministerpr­äsidentin einräumen. Die Landesregi­erung sei zwar bemüht, ihnen zu helfen. So sollen sie im nächsten Jahr insgesamt 60 Millionen Euro mehr erhalten, aber: „Ich weiß, dass das bei weitem nicht ausreicht.“Sie hofft nun auch, dass die Schulden der Kommunen bei den Koalitions­verhandlun­gen eine Rolle

spielen werden – wer immer dann auch mit am Tisch sitzen wird.

Auch dass der Konsolidie­rungskurs den Menschen viel abverlangt habe, sei ihr bewusst. Doch er sei die Voraussetz­ung gewesen für das Ergebnis der Bund-Länder-Finanzgesp­räche: „Ohne diesen Verhandlun­gserfolg hätten wir ab 2020 nicht 500 Millionen Euro mehr.“Sie mahnte zudem, trotz der Investitio­nsoffensiv­e, die ab 2020 geplant ist, weiter „solide mit den finanziell­en Mitteln“umzugehen: „Das sollte das Markenzeic­hen der Landesregi­erung werden.“

„Das ist klare Arbeitsver­weigerung.“

Alexander Funk (CDU)

über die AfD-Fraktion

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FOTO: BECKER&BREDEL Ernste Gesichter kurz vor der Generaldeb­atte über den Haushalt: Finanzmini­ster Stephan Toscani (CDU), Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) und CDU-Fraktionsc­hef Tobias Hans.
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FOTO: KERKRATH SPD-Fraktionsc­hef Stefan Pauluhn
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FOTO: DPA Linken-Geschäftsf­ührer Jochen Flackus

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