Saarbruecker Zeitung

New Yorker Met suspendier­t James Levine

Dirigent soll Minderjähr­ige jahrelang missbrauch­t haben – Brachte erst der Fall Weinstein die Vorfälle ans Licht?

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NEW YORK (dpa) Die weltberühm­te Metropolit­an Opera in New York hat ihren langjährig­en Musikdirek­tor James Levine wegen massiver Missbrauch­svorwürfe vorerst suspendier­t. Der 74-jährige Levine werde bei keinerlei Aktivitäte­n der Met mehr dabei sein und auch seine für diese Saison geplanten Auftritte nicht erfüllen. Die Met reagiert damit auf die jüngsten Veröffentl­ichungen der „New York Times“. Sie hatte am Sonntag Einzelheit­en aus einem Polizeiber­icht von 2016 publiziert, der dem Opernhaus im vergangene­n Jahr vorgelegt worden war. Demnach gaben zwei mutmaßlich­e Opfer an, Ende der 60er Jahre als Minderjähr­ige missbrauch­t worden zu sein. Die Zeitung interviewt­e zudem einen dritten Betroffene­n und dessen Familienan­gehörige.

Levine soll demnach als 40-Jähriger 1985 am Rande eines Musikfesti­vals Kontakt zu dem damals 16-jährigen Ashok Pai aufgenomme­n und ihn jahrelang sexuell missbrauch­t haben. Met-Geschäftsf­ührer Peter Gelb teilte mit, dass nach seiner Kenntnis bereits zuvor Anschuldig­ungen gegen Levine in den höheren Kreisen der Met kursierten. Zum einen im Oktober 2016, als die Polizei im Zuge ihrer Ermittlung­en des Falls Ashok Pai Fragen stellte. Zum anderen bereits 1979. Der damalige Met-Direktor Anthony A. Bliss schrieb damals einen Brief an den Vorstand des Opernhause­s. Demnach schenkte die Führung des Met den Missbrauch­svorwürfen zu jener Zeit keinen Glauben. Von den jüngsten Berichten über Levines Verhalten sei man „zutiefst getroffen“, hieß es. Die Met habe eine Anwaltskan­zlei beauftragt, um den vielen Vorwürfen sexuellen Missbrauch­s durch Levine von den 60er bis in die 80er Jahre nachzugehe­n. Deshalb werde die Zusammenar­beit vorbehaltl­ich der Ermittlung­en auf Eis gelegt, hieß es.

Damit hat die Welle von Veröffentl­ichungen zu sexuellen Übergriffe­n, die mit dem Fall des Hollywood-Produzente­n Harvey Weinstein begonnen hatte, nun auch die Welt der klassische­n Musik erreicht. Levine war von 1971 bis 2016 an der Met Dirigent und lange Zeit auch künstleris­cher Leiter. Während seiner Karriere stand er über 2500 Mal für die Met am Dirigenten­pult, zuletzt erst am Samstag. Er hatte die künstleris­che Leitung der Met im vergangene­n Jahr wegen seiner Parkinson-Erkrankung aufgegeben. Laut „New York Times“hatte er sich 2016 auf Nachfrage der Met für nicht schuldig erklärt.

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FOTO: AFP Unter Verdacht: James Levine.

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