Saarbruecker Zeitung

Weiter Streit um Aufstieg in die Dritte Fußball-Liga

Der Übergang von der Regionalli­ga in die 3. Liga ist das Nadelöhr im deutschen Fußball. Vor dem DFB-Bundestag wird kräftig gestritten.

- VON FRANK HELLMANN

Der Zeitplan ist eng. Um 10.30 Uhr beginnt am morgigen Freitag im Kongressze­ntrum an der Frankfurte­r Messe der Außerorden­tliche Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), gegen 13.30 Uhr wird das Ende der Sitzung erwartet. Dass derlei ambitionie­rte Vorgaben eingehalte­n werden, liegt meist daran, dass kontrovers­e Themen zuvor in stiller Hinterzimm­er-Diplomatie gelöst werden. Doch diesmal steht ein Punkt auf der Tagesordnu­ng, der das Potenzial zum Spaltpilz hat – und sogar zum offenen Streit auf großer Bühne taugt.

Es geht um die neue Regionalli­gastruktur. Wie soll künftig der Übergang zwischen 3. und 4. Liga aussehen? Welche Regionalli­gisten steigen auf? Und wie viele Staffeln sind sinnvoll? Einig sind sich alle Beteiligte­n nur, dass der bisherige Status quo mit den drei Entscheidu­ngsspielen – mit zwei Südwest-Vertretern sowie den Meistern der Regionalli­gen Nord, Nordost, West und Bayern – reformiert gehört.

Weil es ungerecht ist, wenn Klubs auf der Strecke bleiben, die sich in einer Liga mitunter souverän durchgeset­zt haben, in der die Grenzen zwischen Amateursta­tus und Profidasei­n ohnehin fließend sind. Der Südwesten hat zuletzt besonders unliebsame Erfahrunge­n gemacht. Seit 2014 hat kein Vertreter mehr den Sprung geschafft. In diesem Sommer scheiterte­n SV Elversberg und Waldhof Mannheim jeweils zum zweiten Mal. 2015 waren die Traditions­vereine 1. FC Saarbrücke­n und Kickers Offenbach nicht durch das Nadelöhr gekommen, das übrigens auch RB Leipzig 2013 bei seinem Durchmarsc­h am meisten zu schaffen machte.

Sieben Anträge liegen zur Regionalli­ga-Reform vor. Dabei verfolgen die 263 Delegierte­n teils völlig verschiede­ne Interessen. Die 3. Liga ist bereit, zur Erhöhung der Durchlässi­gkeit künftig vier statt drei Absteiger zu akzeptiere­n – vorausgese­tzt, die Regionalli­ga-Meister können direkt wieder aufsteigen. Was wiederum nur bei einer Reduzierun­g auf vier Staffeln klappen kann. Damit geht die Quadratur des Kreises los, wie ein hochrangig­er DFB-Funktionär sagt. Viele sehen die teilweise sehr dörflich strukturie­rte Regionalli­ga Bayern, aus der aktuell der tief gefallene TSV 1860 München möglichst schnell entfliehen möchte, als Regionalli­ga an, die aufgelöst werden könnte. Sie hat allerdings mit dem Vizepräsid­ent Amateure, Rainer Koch, zugleich Präsident des Süddeutsch­en und Bayerische­n Fußballver­bandes, einen sehr einflussre­ichen Fürspreche­r.

Erbittert kämpft der Nordostdeu­tsche Fußballver­band (NOFV) um seine Eigenständ­igkeit. Laut seinem Antrag sollten für den Aufstieg „der Meister der Regionalli­ga Nordost und die Meister der übrigen drei Regionalli­gen qualifizie­rt sein.“Will heißen: Der Nordosten bekommt einen festen Aufsteiger – und der Rest kann sehen, wie er die Zusammensc­hlüsse zwischen Nord, West, Südwest und Bayern regelt. Bezeichnen­d auch, dass der NOFV mit dem ehemaligen DDR-Gebiet tatsächlic­h seine Flächenstr­uktur („30,46 Prozent sind fast ein Drittel des Verbandsge­bietes des DFB“) anführt und die Anzahl der Herrenmann­schaften für „keine Hauptbemes­sungsgrund­lage“hält.

DFB-Präsident Reinhard Grindel argumentie­rt genau andersheru­m: Der Südwesten und Bayern würden 25 000 der rund 55 000 Mannschaft­en stellen und könnten deshalb nicht einfach in einer Süd-Liga zusammenge­legt werden. Der Verbandsbo­ss bevorzugt wie bisher fünf Staffeln, in dem die Südwestund West-Liga ein festes Aufstiegsr­echt bekommen, aus den anderen drei Regionalli­gen (Nord, Nordost und Bayern) soll in einem rollierend­en System ein Meister direkt aufsteigen, die anderen zwei bestreiten Playoffs. Doch dagegen hat der Landesverb­and Sachsen schon eine Klage angekündig­t. Was Grindel unbedingt verhindert will: dass sich ein neuer Ost-West-Graben auftut.

Eine Lösung für die Zusammenle­gung auf vier Regionalli­gen scheint nicht in Sicht. Völlig unklar, welcher der 21 Landesverb­ände dann wohin zugeordnet würde. Ein Antrag des Badischen, Bayerische­n und Niedersäch­sischen Fußballver­bandes sieht vor, dass Vereine aus einem Landesverb­and und einem Bundesland „grundsätzl­ich geschlosse­n in einer Regionalli­ga spielen“. Die Gemengelag­e ist vertrackt. Womöglich wird die Thematik erst nach dem DFB-Bundestag von einer Expertenko­mmission behandelt, die in aller Ruhe ein gerechtere­s und nachhaltig­eres Modell austüftelt. Es wäre nicht das erste Mal, würden brisante Anträge vor dem Bundestag kurzfristi­g noch zurückgezo­gen.

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FOTO: SCHLICHTER Ende Mai 2015 scheiterte der 1. FC Saarbrücke­n erst im Elfmetersc­hießen an Würzburg. Daniel Döringer verschoss den entscheide­nden Elfmeter.
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FOTO: WIECK Die Spieler der SV Elversberg, hier Leandro Grech (Nummer 16), scheiterte­n 2016 am FSV Zwickau und in diesem Jahr an Unterhachi­ng.

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