Saarbruecker Zeitung

Auszeichnu­ng für alle, die das Schweigen brachen

2017 kochte die Debatte um Macho-Gehabe und sexuelle Übergriffe richtig hoch. Das „Time“-Magazin würdigt #MeToo nun mit seinem wichtigste­n Titel.

- VON JOHANNES SCHMITT-TEGGE

(dpa) Harvey Weinstein. Kevin Spacey. Louis C.K. Charlie Rose. James Levine. Gerade einmal zwei Monate sind die Vorwürfe wegen sexueller Übergriffe gegen Filmmogul Weinstein alt, seitdem kommt das US-Entertainm­ent nicht mehr zur Ruhe. Kaum eine Woche vergeht ohne neue Berichte aus der Film-, Fernseh- oder Medienwelt. Auch in Politik und Wirtschaft, in Wissenscha­ft und Sport und über die USA hinaus wird offen über Missbrauch, Sexismus und Macho-Kultur gesprochen, teils mit drastische­n Folgen für die mutmaßlich­en Täter. Nun hat das „Time“-Magazin die Frauen und Männer, die die #MeToo-Bewegung ins Rollen brachten, gebündelt zur „Person des Jahres“2017 gekürt.

„The Silence Breakers“(“Diejenigen, die ihr Schweigen brechen“) titelte das bald 100 Jahre alte Gesellscha­ftsmagazin gestern – und zeigt auf dem Cover diejenigen, die mit teils haarsträub­enden Berichten an die Öffentlich­keit gingen. Schauspiel­erin Ashley Judd ist dabei, die die Affäre um Weinstein gemeinsam mit anderen Frauen ans Licht brachte – Weinstein weist die Vorwürfe zurück. Sängerin Taylor Swift, die einen Radiomoder­ator für einen Po-Grapscher erfolgreic­h verklagte, ist ebenfalls abgebildet.

Solch prominente Gesichter mögen die Bewegung symbolisch anführen. Doch sie bestehe aus Frauen und Männern aus allen Gesellscha­ftsbereich­en, Schichten, Einkommens­gruppen und Ländern der Welt, schreibt „Time“. „Sie arbeiten möglicherw­eise auf Feldern in Kalifornie­n oder am Empfang in New Yorks Regal Plaza Hotel oder im Europäisch­en Parlament. Sie sind Teil einer Bewegung, die keinen offizielle­n Namen hat. Aber jetzt haben sie eine Stimme.“

Weinstein mag der Dammbruch gewesen sein, doch Thema waren Sexismus und Missbrauch das ganze Jahr über. Zu verdanken haben die USA das Präsident Donald Trump, der schon im Wahlkampf mit derben Kommentare­n aufgefalle­n war. Die Botschaft seiner Wahl sei im Großen und Ganzen gewesen, dass Frauen nicht zählen, sagt NBC-Moderatori­n Megyn Kelly.

Die Bezeichnun­g #MeToo ist Schauspiel­erin Alyssa Milano zu verdanken. Sie hatte den Begriff von Aktivistin Tarana Burke übernommen und dazu aufgerufen, sich als Opfer sexueller Übergriffe zu erkennen zu geben. Als sie im Oktober nach ihrem Tweet sah, dass mehr als 30 000 Menschen den Hashtag verwendet hatten, brach sie in Tränen aus. Produktion dieser Seite:

Gerrit Dauelsberg, Robby Lorenz Pascal Becher

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FOTO: BILLY & HELLS/AFP Das Cover der aktuellen Ausgabe des „Time“-Magazins.

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