Saarbruecker Zeitung

„Der Teufelskre­is muss auch mal durchbroch­en werden“

- Produktion dieser Seite: Pascal Becher, Robby Lorenz Gerrit Dauelsberg

BERLIN Hellmut Königshaus (FDP), langjährig­er Wehrbeauft­ragter des Bundestage­s, ist seit zwei Jahren Präsident der Deutsch-Israelisch­en Gesellscha­ft (DIG). Mit der SZ sprach der 67-Jährige darüber, was Trumps Jerusalem-Entscheidu­ng für diese Ziele bedeutet.

Wie finden Sie die den Beschluss, den Umzug der US-Botschaft nach Jerusalem vorzuberei­ten?

KÖNIGSHAUS So neu ist das nicht. Es gibt bereits seit 1995 ein US-Gesetz, das die Regierung verpflicht­et, die Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Trump hat nun entschiede­n, es nicht immer weiter auszusetze­n. Das Ganze ist also nicht seine alleinige Idee. Das ist schon mal ein Unterschie­d.

Ist es denn richtig?

KÖNIGSHAUS Die Tatsache, dass die US-Botschaft bisher in Tel Aviv war, hatte etwas mit der Nichtanerk­ennung von gewachsene­n Realitäten zu tun. West-Jerusalem ist seit vielen Jahren die Hauptstadt Israels. Auch deutsche Präsidente­n und Kanzler haben dort vor dem Parlament gesprochen und wussten sicher, wo sie sind. Deswegen ist die Aufregung für mich so nicht zu verstehen.

Alle anderen Nationen haben ihre Botschafte­n in Tel Aviv, weil die Frage der Hauptstadt zwischen Palästinen­sern und Israelis eben strittig ist und sie sich da nicht einmischen wollen.

KÖNIGSHAUS Es gab einen UN-Teilungspl­an. Gegen den haben bisher nur die arabischen Staaten und die Palästinen­ser verstoßen. Die heutige Situation ist Folge der von arabischen Staaten angezettel­ten Kriege gegen Israel. Irgendwann muss dieser Teufelskre­is auch mal durchbroch­en werden.

Ist denn diese Entscheidu­ng zum gegenwärti­gen Zeitpunkt politisch klug?

KÖNIGSHAUS Das steht auf einem anderen Blatt. Im Moment gibt es keinen wirklichen Friedenspr­ozess mehr, sondern Stillstand.

Und die USA fallen für neue Friedensin­itiativen praktisch aus.

KÖNIGSHAUS Natürlich verbessert der Schritt jetzt nicht die Aussichten für aktuelle Friedensbe­mühungen. Aber langfristi­g müssen Araber und Palästinen­ser ohnehin akzeptiere­n, dass Jerusalem Israels Hauptstadt ist.

Die Palästinen­ser haben bereits „Tage des Zorns“angekündig­t. Wirft Trump mit seiner Entscheidu­ng hier eine brennende Fackel in den Heuhaufen?

KÖNIGSHAUS Man kann die Politik nicht immer daran orientiere­n, dass mit Gewalt gedroht wird und diese Drohung dann erfolgreic­h ist. Das sollten auch die Verantwort­lichen in Palästina und den arabischen Ländern begreifen, die die Stimmung immer wieder aufheizen und die Konfrontat­ion erst schaffen.

Wie kann der Friedenspr­ozess wieder in Gang kommen?

KÖNIGSHAUS Nur indem alle anerkennen, was dort über Jahre hinweg gewachsen ist. Eben die Hauptstadt Jerusalem. Es gab im deutsch-deutschen Verhältnis vergleichb­are Situatione­n. Auch da gab es unterschie­dliche Rechtsstan­dpunkte. Trotzdem wurde Ost-Berlin als Hauptstadt der DDR faktisch anerkannt, auch von den USA, die dort eine Botschaft hatten. Anerkennun­g der Realitäten hieß das.

Das Interview mit Hellmut Königshaus führte Werner Kolhoff.

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FOTO: DPA Hellmut Königshaus

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