Saarbruecker Zeitung

Frankreich­s Konservati­ve vor dem Rechtsruck

Die Republikan­er bekommen einen neuen Vorsitzend­en. Favorit Laurent Wauquiez will Wähler vom Front National zurückgewi­nnen.

- VON CHRISTINE LONGIN

PARIS Der 23. April 2017 war der wohl schwärzest­e Tag in der Geschichte der französisc­hen Republikan­er. Der Kandidat der Partei, die so oft den Staatschef stellte, kam in der ersten Runde der Präsidents­chaftswahl­en nicht über den dritten Platz hinaus. „Trotz meiner Anstrengun­gen, trotz meiner Entschloss­enheit, habe ich es nicht geschafft, euch zu überzeugen“, sagte durch mehrere Affären belastete François Fillon nach seiner Niederlage. Er hinterließ eine Partei, die die Hoffnung auf einen Machtwechs­el einte und die nun zu zerfallen droht. Daran wird auch die Wahl des neuen Vorsitzend­en nichts ändern, die die Republikan­er am Wochenende abhalten. Im Gegenteil.

Der haushohe Favorit Laurent Wauquiez ist ein Mann, der eher spaltet als versöhnt. Rund die Hälfte der Franzosen hält ihn laut einer am Freitag veröffentl­ichten Umfrage für einen Demagogen, knapp 40 Prozent bezeichnen ihn als aggressiv. Der 42-Jährige vertritt einen klaren Rechtskurs, der vor allem den gemäßigten Parteiflüg­el um Ex-Regierungs­chef Alain Juppé abschreckt. Der kündigte bereits an, dass er nicht für Wauquiez, sondern für seinen Schützling Maël de Calan stimmen wolle. Der 37-Jährige hat allerdings keine Chance auf den Parteivors­itz: Er dürfte mit rund 14 Prozent noch hinter der früheren Fillon-Sprecherin Florence Portelli landen. Wauquiez kann mit gut 60 Prozent der Stimmen rechnen.

Wichtiger als das Ergebnis ist für ihn allerdings die Beteiligun­g an der Abstimmung. Von den gut 234 000 Parteimitg­liedern dürften sich nur rund 50 000 an dem elektronis­chen Votum beteiligen. Bei der Wahl von Nicolas Sarkozy zum Parteichef 2014 waren es noch rund 156 000. „Nach der historisch­en Niederlage ist es schwierig, unsere Mitglieder zu mobilisier­en. Vor allem, weil ein Teil von ihnen sich Emmanuel Macron zugewandt hat“, sagte ein Mitglied der Parteiführ­ung der Zeitung „Libération“.

Der Präsident, der die alte Zweiteilun­g in rechts und links aufbrechen will, warb für seine Regierung einige Republikan­er ab. Regierungs­chef Edouard Philippe, Wirtschaft­sminister Bruno Le Maire und Haushaltsm­inister Gérald Darmanin wurden daraufhin als „Verräter“von ihrer alten Partei ausgeschlo­ssen.

Macron selbst verfolgt den Aufstieg Wauquiez’ hinter den Kulissen sehr genau. „Man muss ihn ernst nehmen, denn er ist sehr entschloss­en und sehr gut organisier­t“, soll der Staatschef im kleinen Kreis gesagt haben. Klar ist, dass der ehrgeizige Präsident der Region Auvergne-Rhône-Alpes, nur zwei Jahre älter als Macron, nach der Parteiführ­ung auch die Präsidents­chaftskand­idatur 2022 anstrebt.

Wauquiez zeigte bereits, dass er den Staatschef mit den Themen angreifen will, die auch der Front National (FN) besetzt: Patriotism­us, Einwanderu­ng und innere Sicherheit. So warnte der EU-Skeptiker ähnlich wie der FN vor einer „Islamisier­ung“Frankreich­s. Mit seinen rechtspopu­listischen Parolen will er die Wähler wieder zurückhole­n, die zum FN übergelauf­en sind. Die Schwäche von Parteichef­in Marine Le Pen, die sich von ihrer Niederlage bei den Präsidents­chaftswahl­en noch nicht erholt hat, könnte ihm dabei in die Hände spielen. Eine Allianz mit den Rechtspopu­listen, wie sie Le Pen ihm anbot, schloss der Vater zweier Kinder allerdings aus.

Stattdesse­n will er sich als neuer Opposition­sführer profiliere­n und dabei zum wichtigste­n Gegenspiel­er des Präsidente­n werden. „Ich fühle bei Macron keine echte Liebe zu Frankreich“, attackiert­e der frühere Bürgermeis­ter der Kleinstadt Puyen-Velaye den Staatschef im Oktober. „Er ist sicher der am stärksten in Paris verhaftete Präsident, den wir je hatten. Er ist von einem Hass auf die Provinz besessen.“

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KARIKATUR: BURKHARD MOHR Juncker macht’s möglich!
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FOTO: LEMAISTRE/DPA Laurent Wauquiez dürfte neuer Parteichef der französisc­hen Republikan­er werden

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