Historischer Urnengang in Katalonien
Ganz Europa schaut auf den Urnengang im Nordosten Spanien. Experten erwarten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Separatisten und Verfassungstreuen.
Diese Wahl hat es in sich: In Katalonien geht es heute um nichts Geringeres als um die Zukunft eines ganzen Landes. Auch Europa schaut genau hin, wenn die Katalanen ihre Stimme abgeben.
BARCELONA (dpa) Die vorgezogene Parlamentswahl am heutigen Donnerstag in der Konfliktregion Katalonien hält Spanien in Atem. Der Urnengang werde „für ganz Spanien und auch für Europa von entscheidender Bedeutung“sein, sagte der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy zum Wahlkampfabschluss am späten Dienstagabend in Barcelona. Nach einer monatelangen Krise und der Absetzung der separatistischen Regionalregierung Ende Oktober gehe es jetzt nämlich darum, „die demokratische Normalität wiederherzustellen“und „eine neue Seite aufzuschlagen“.
Alle Umfragen sagen ein Kopfan-Kopf-Rennen der Parteien des separatistischen mit denen des sogenannten verfassungstreuen Lagers voraus. Mit Spannung wurde erwartet, ob die Parteien, die für die Unabhängigkeit eintreten, erneut die Mehrheit der Sitze erringen und eine Regierungskoalition bilden können. Allerdings wird keine Partei den Umfragen zufolge auch nur 30 Prozent der Stimmen erreichen. Auch aufgrund von Streitigkeiten in beiden Lagern zeichnen sich äußerst komplizierte Koalitionsgespräche ab.
Die Neuwahl war von Madrid Ende Oktober ausgerufen worden, nachdem die Regionalregierung von Carles Puigdemont am 1. Oktober zunächst ein von der Justiz verbotenes Unabhängigkeitsreferendum abgehalten und anschließend den Abspaltungsprozess eingeleitet hatte. Rajoy setzte deshalb die Regierung in Barcelona ab und stellte die Autonome Gemeinschaft im Nordosten unter Zwangsverwaltung. Die reguläre Legislaturperiode wäre in Katalonien bis 2019 gelaufen.
Zwei Mitglieder der abgesetzten Regierung, darunter Vizepräsident Oriol Junqueras, sitzen weiterhin in Untersuchungshaft. Junqueras ist Spitzenkandidat der linksnationalistischen Esquerra Republicana de Catalunya (ERC). Ex-Regionalchef Carles Puigdemont war nach Brüssel ausgereist, um einer Festnahme zu entgehen. Er tritt mit der Liste JxCat (Gemeinsam für Katalonien) an. Er hat versprochen, im Falle eines Sieges nach Spanien zurückzukehren und damit eine Verhaftung zu riskieren.
Gut 5,5 Millionen Katalanen sind zu den Urnen gerufen. Beobachter erwarten eine ungewöhnlich hohe Wahlbeteiligung von über 80 Prozent. Die Wahllokale schließen um 20 Uhr. Der Urnengang findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Das Innenministerium werde rund 15 000 Polizeibeamte auf Patrouille schicken, berichtete Medien gestern unter Berufung auf Madrid.
Heute wolle Madrid alle 2702 Wahllokale durch Beamte beobachten lassen, schrieb die Nachrichtenagentur Europa Press. Es gebe auch Vorkehrungen, um Sabotageaktionen und Cyberangriffe zu verhindern. Den Berichten zufolge sollen rund 10 000 Angehörige der katalanischen Polizei Mossos d‘Esquadra sowie rund 5000 Beamte der staatlichen Polizeieinheiten Policía Nacional und Guardia Civil mobilisiert werden. Zur Katalonienwahl im Herbst 2015 hatte Madrid nur rund 600 Staatspolizisten entsandt.
Gewinnzahlen vom 20. 12. 2017
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