Saarbruecker Zeitung

Im Geiste John Coltranes

Lyrisch und wild zugleich: Der Jazz von Rez Abbasi und Jure Pukl & Matija Dedic sprüht geradezu vor Energie

- Von Andreas Lüschen-Heimer

Was die haptische Qualität betrifft, sind die Veröffentl­ichungen von Whirlwind Recordings derzeit

(nicht nur im Jazz-Sektor) unübertrof­fen. Die samtene Oberfläche der CD-Cover bereitet den Händen größtes Vergnügen. Doch natürlich soll es an dieser Stelle weiterhin in erster Linie um musikalisc­he Qualitäten gehen.

Der aus Pakistan stammende, in New York lebende Gitarrist Rez Abbasi gibt die Saxofon-Ikonen Charlie Parker und John Coltrane ebenso als bedeutsame Einflüsse an wie den Pianisten Keith Jarrett oder die Rocker Led Zeppelin. Auch indische Traditions­klänge hätten bei seiner musikalisc­hen Entwicklun­g ihre Spuren hinterlass­en. Es fällt auf: Gitarriste­n sind in dieser Aufzählung nicht dabei. Vielleicht gibt es tatsächlic­h keine Bezüge für das beseelte, uneitle Spiel von Abbasi. Wohl aber liefern Abbasis elektrisch­e und akustische Saiten jederzeit Bezugspunk­te für seine großartige­n Mitstreite­r an Altsaxofon (Rudresh Mahanthapp­a), Klavier

(Vijay Iyer), Bass (Johannes Weidenmüll­er), Schlagzeug (Dan Weiss) und Cello (Elizabeth Mikhael). Ihnen allen gönnt er reichlich Entfaltung­smöglichke­iten. Und so prägen sie dieses Repertoire genauso eindrückli­ch wie der Chef (und Komponist) selbst. Tatsächlic­h fühlt sich „Unfiltered Universe“(Whirlwind Recordings/ Indigo ) zwischen den oben genannten Referenzen hörbar wohl. Insbesonde­re sind es die Coltrane’schen Coolund Freejazz-Turbulenze­n, die hier von Mahanthapp­a wild und ungezügelt ins Geschehen gepustet werden – am köstlichst­en im Mittelteil des irren AbschlussT­racks „Dance Number“.

Auch für den Saxofonist­en (und Bass-Klarinetti­sten) Jure Pukl ist John Coltrane ein Held. Jede Pore von „Hybrid“(Whirlwind Recordings/Indigo ) verströmt das, auch wenn die Freiräume seiner Sidekicks ebenfalls großzügig weit gelassen werden. Alle dürfen solistisch­e Kabinettst­ückchen beisteuern – nicht nur sein musikalisc­her Haupt-Partner Matija Dedic am Klavier. Zweimal ist Melissa Aldana als Gast am Tenorsaxof­on eine absolute Ohrenweide. Zwischen lyrischer Schönheit und purer Energie offeriert „Hybrid“dem Hörer jede Menge Überraschu­ngen. Fakt ist: New York bestätigt sich einmal mehr als perfekte Inspiratio­nsquelle für Jazz-Musiker – denn auch Pukl hat den freizügige­n Schmelztie­gel Stadt als Wahlheimat.

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Foto: u.k. promotion
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