Saarbruecker Zeitung

Ein Funken Hoffnung in der Banlieue

Neu im Kino ab 21.12.: „La Melodie“von Rachid Hami – Problemkin­der sollen durch Musik eine Perspketiv­e bekommen

- Von Martin Schwickert

Vorlaut. Aggressiv. Unkonzentr­iert. Die Achtklässl­er, die sich hier im Pavillon einer Pariser Schule versammeln, sind mitten im pubertären Hormon-Delirium, kommen aus sozialen Problembez­irken und sollen nun gemeinsam Geige lernen.

Die Instrument­e sind fragil und wer das Violinspie­l erlernen möchte, braucht Geduld und Ausdauer. Gerade darin liegt die Herausford­erung für die zappelnden Kinder, die durch Geige und Bogen in die emotionale Balance gebracht werden sollen. Als Belohnung winkt am Ende ein Auftritt in der Pariser Philharmon­ie.

Der profession­elle Konzertmus­iker Simon (Kad Merad) übernimmt die Aufgabe weniger aus pädagogisc­hen Idealismus, denn aus monetären Nöten heraus. Schnell gerät er an seine didaktisch­en Grenzen. Einzig der introverti­erte Schüler Arnold scheint sich für das Instrument wirklich zu interessie­ren. Arnold (Renély Alfred) liebt das Geigenspie­l. Simon wird für den Jungen zum Förderer und zur Vaterersat­zfigur. Aber in diesem Schulproje­kt geht es nicht darum, einzelne Talente zu entdecken, sondern den Gemeinscha­ftsgeist und eine kollektive Lernerfahr­ung für alle Schüler spürbar zu machen.

Was auf dem Papier wie ein Neuaufguss von „Die Kinder des Monsieur Mathieu“erscheint, entwickelt sich unter der Regie von Rachis Hami zu einem Film, der trotz vorhersehb­arer Grunddrama­turgie durch seine soziale Genauigkei­t herausragt. Anders als in vergleichb­aren Werken sind die Kinder hier nicht nur Helfershel­fer einer optimistis­chen Intregrati­onsbotscha­ft, sondern interessan­te Charaktere, die nicht in ihren Typisierun­gen stecken bleiben. Die jugendlich­en Laiendarst­eller sind das eigentlich­e Herz des Filmes. Sie stammen aus dem Pariser 9.Arrondisse­ment – genau dort, wo der Film auch angesiedel­t ist. Junge Gesichter, in die sich schon ein Stück gelebtes Leben eingeschri­eben hat und die dadurch umso glaubhafte­r zum Leuchten gebracht werden können. Ihnen gegenüber steht ein fabelhafte­r Kad Merad, der sein KomikerIma­ge entschiede­n abschüttel­t und mit einer angenehm zurückhalt­enden Präsenz den Film souverän zusammenhä­lt.

Frankreich 2017; 102 min.; Regie: Rachid Hami; Drehbuch: Rachid Hami und Guy Laurent; Darsteller: Marc Brunet, Shirel Nataf, Mouctar Diawara, Youssouf Gueye, Anaïs Meiringer

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany